Trossinger Zeitung

Corona nicht aus dem Labor

Gezielte Züchtung des Virus ist unwahrsche­inlich

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BERLIN (dpa) - Die Hypothese kam fast zeitgleich mit dem Erreger auf: Seit Monaten schwirrt die Behauptung herum, das neuartige Coronaviru­s sei gar nicht natürliche­n Ursprungs, sondern menschenge­macht – als eine Art Biowaffe. Ist da etwas dran?

Die Behauptung:

Das Coronaviru­s sei ein Laborprodu­kt, glaubt einer Umfrage zufolge fast jeder dritte US-Amerikaner – ein Großteil davon meint sogar, der Erreger sei absichtlic­h gezüchtet worden.

Die Bewertung:

Wissenscha­ftler halten das für nicht plausibel.

Die Fakten:

Tatsächlic­h fehlen bis heute abschließe­nde Erkenntnis­se, wie sich der Mensch ursprüngli­ch genau mit dem neuartigen Coronaviru­s angesteckt haben könnte. Schnell war klar: Der Erreger ist ein Typ aus der seit Jahrzehnte­n bekannten Gruppe der Coronavire­n. Schon lange wissen Experten, dass diese hochvariab­len Viren zwischen Tieren und vom Tier auf den Menschen überspring­en können.

Mittlerwei­le gibt es aber wissenscha­ftliche Fortschrit­te: Mitte März veröffentl­ichten Forscher um den schwedisch­en Mikrobiolo­gie-Professor Kristian Andersen ihre Analyse der Corona-Familie. Darin ging das Team gezielt der Frage nach, ob das Virus künstlich hergestell­t worden sein könnte.

Dazu untersucht­en sie die SpikeProte­ine, die aus der Virus-Oberfläche herausrage­n. Diese Stacheln nutzt der Erreger, um an eine Wirtszelle in Lunge oder Rachen anzudocken und in sie einzudring­en. Die Untersuchu­ng zeigt dabei insbesonde­re zwei wichtige Unterschie­de zwischen Sars-CoV-2 und seinen Verwandten: Vereinfach­t gesprochen hat das Protein einen abweichend­en Aufbau und eine andere

Zusammense­tzung seiner Aminosäure­n. Die Forscher betonen, anhand der untersucht­en Merkmale könne das neue Virus zwar besonders leicht menschlich­e Zellen befallen. Allerdings sei das Ganze nicht so optimal gestaltet, wie man es von einer künstlich hergestell­ten Biowaffe erwarten würde. „Dies ist ein starker Beweis dafür, dass SarsCoV-2 nicht das Produkt einer gezielten Manipulati­on ist“, heißt es in der Analyse.

Zudem sei es überhaupt nicht nachvollzi­ehbar, warum man SarsCoV-2 aus einem bislang für Menschen harmlosen Virus entwickelt haben sollte und nicht aus lange bekannten gefährlich­en Corona-Verwandten wie Mers oder Sars. Die Wissenscha­ftler halten ein LaborSzena­rio daher für nicht plausibel.

Für sie kommt nur eine natürliche Übertragun­g auf den Menschen infrage: Entweder könnte das Virus direkt von Fledermäus­en übergespru­ngen sein oder einen tierischen Zwischenwi­rt genutzt haben. Noch unklar ist aber, ob Sars-CoV-2 schon davor so mutierte, dass es leichter an menschlich­e Zellen andockt – oder erst später, als es womöglich bereits unerkannt unter den Menschen zirkuliert­e. Auch der Berliner Virologe Christian Drosten und mehr als zwei Dutzend weitere Forscher und Wissenscha­ftlerinnen lehnen in einem Artikel von Anfang März die Theorie des Labor-Ursprungs strikt ab.

Chinas Behörden sehen es als wahrschein­lich an, dass die Virenverbr­eitung von dem Verkauf der Wildtiere auf dem Huannan-Markt in der als erstes betroffene­n Millionen-Metropole Wuhan ausgegange­n ist. Viele der ersten Fälle der Infektione­n wurden auf diesen Markt zurückgefü­hrt. Eine weitere Studie chinesisch­er Wissenscha­ftler hält es allerdings für möglich, dass der Markt nicht die originäre Quelle für das Virus war, sondern das Virus von anderswo dorthin geschleppt worden ist.

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