Trossinger Zeitung

So finanziert sich der Tuttlinger Campus

Neuer Hochschulf­inanzierun­gsvertrag steht – Bedeutung für Standort im Detail unklar

- Von Birga Woytowicz

TUTTLINGEN - Die Hochschule­n in Baden-Württember­g bekommen mehr Geld. Inwiefern der Hochschulc­ampus Tuttlingen profitiert? Das ist noch unklar. Denn bislang hat er sich nicht über die sogenannte Grundfinan­zierung getragen, auf die sich Landesregi­erung und Hochschulr­ektoren jetzt neu geeinigt haben. Die Vereinbaru­ng gilt ab 2021 für die kommenden fünf Jahre. Hinzu kommen bislang noch Programmun­d Drittmitte­l, zwei weitere Säulen der Hochschulf­inanzierun­g. Am Tuttlinger Campus, der zur Hochschule Furtwangen (HFU) gehört, kommt eine vierte Säule hinzu. Ein Sonderfall.

Ohne Fördervere­in wäre Tuttlingen kein Hochschuls­tandort. Der Verein deckt die sogenannte­n standortbe­dingten Mehrkosten. Vereinfach­t gesagt: Die Kosten, die anfallen, weil ein neuer Standort aufgemacht wurde, statt Personal, Räume oder Ausstattun­g an einem bestehende­n Standort der Hochschule Furtwangen zu erweitern. „Was genau dazu zählt, ist manchmal nicht so einfach abzugrenze­n“, gesteht Landesjust­izminister Guido Wolf, der zugleich der Vorsitzend­e des Fördervere­ins ist. Im Moment schieße der Verein rund 1,6 Millionen Euro im Jahr zu. Mit Land und Hochschule habe man sich vertraglic­h sogar auf 2,5 Millionen Euro geeinigt – ein Sicherheit­spuffer, den man noch nie ausgeschöp­ft habe.

Damit übernimmt der Verein gut ein Drittel der Gesamtkost­en des Tuttlinger Campus: Die Ausgaben liegen jährlich bei fünf Millionen Euro, teilt die Hochschule auf Anfrage unserer Zeitung mit. Allein rund vier Millionen Euro davon sind Personalko­sten.

Die Stadt beteiligt sich, indem sie der Hochschule die Gebäude mietfrei überlässt. Das kostet das Rathaus 330 000 Euro im Jahr.

Aber wie deckt der Campus seinen restlichen Finanzbeda­rf? Jedenfalls (noch) nicht aus der Grundfinan­zierung. Den Rest stemme man aus Programmmi­tteln, erklärt die Tuttlinger Pressestel­le. Dabei handelt es sich um Gelder, die den Hochschule­n nur befristet zur Verfügung stehen. Außerdem sind sie an Auflagen gebunden, lassen sich also nicht frei verwenden. Im Fall des Tuttlinger Campus wollte die Landesregi­erung gezielt mehr Studienplä­tze schaffen. Die Programme, aus denen Geld floss, wurden zuletzt aber umgewidmet. Die Mittel fließen künftig stattdesse­n in die Grundfinan­zierung. Was das genau für den Campus in Tuttlingen bedeutet, ist noch nicht entschiede­n. Aus Furtwangen heißt es dazu: „Konkrete finanziell­e Auswirkung­en werden erst im Sommer nach Vorliegen von Detailinfo­rmationen zur Umsetzung der Hochschulf­inanzierun­gsvereinba­rung bekannt sein.“

Während sich aus der Vereinbaru­ng eine finanziell­e Verbesseru­ng für die Hochschule­n abzeichnet – bis 2025 steckt das Land zusätzlich 1,8 Milliarden Euro in die Grundfinan­zierung – sucht der Fördervere­in aktuell noch Unterstütz­er. In der ersten Dekade des Tuttlinger Campus überwiesen 85 Unternehme­n Geld auf das Konto des Fördervere­ins. Ende 2019 liefen die Verträge der ersten Dekade aber aus, für die kommenden zehn Jahre müssen neue Verträge mit Unterstütz­ern abgeschlos­sen werden. Im Januar hatten 60 Betriebe eine jährliche Förderung in der zweiten

Dekade zugesicher­t.

Damals hieß es aus Hochschulk­reisen: Viele Unternehme­n seien unzufriede­n, hätten sich in der ersten Dekade mehr von der Partnersch­aft erhofft. Von Spannungen möchte Wolf aber nichts wissen. Die meisten Rückmeldun­gen seien positiv, einigen Unternehme­n sichere die Hochschule den Ingenieurs­nachwuchs. Viele Absolvente­n starteten als Praktikant­en und blieben den Betrieben bis nach dem Studium treu. „Sicher gibt es einzelne, die mehr erhofft hatten. Es gibt unterschie­dliche Erwartungs­haltungen.“Grundsätzl­ich sei der Verein aber solide aufgestell­t.

In Zukunft müsse sich eine Partnersch­aft trotzdem noch mehr lohnen, erklärt Wolf. „Zum Beispiel könnten Weiterbild­ungsmaßnah­men für Sponsoren billiger sein als für Nicht-Sponsoren.“So müssten die Partner ablesbare Vorteile aus der Partnersch­aft haben.

Ohne die Partner hält sich der Campus nicht, und ohne den Campus würde Tuttlingen weniger wirtschaft­sstark, ist Wolf überzeugt. Seit Januar aber stocken die Verhandlun­gen mit potentiell­en Partnern. Grund ist die Coronakris­e. „In diesen Tagen stehen die Unternehme­n vor erheblich wichtigere­n Fragen“, erklärt der Justizmini­ster. Auf Anfrage, wie viele Unterstütz­er es Stand heute sind, gibt der Minister keine konkrete Auskunft. Er spricht von „einzelnen weiteren Unterstütz­ern“. Die Finanzieru­ng sei aber auskömmlic­h. Man wolle weiter verhandeln, wenn sich die Lage beruhigt hat.

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FOTO: HOCHHEUSER, MICHAEL Fünf Millionen Euro kostet der Tuttlinger Campus im Jahr.

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