„Wir vermissen den Schulalltag“
Gymnasiast Robin Möss erzählt, wie er während der Schulschließungen lernt und wie er die derzeitige Situation empfindet
TROSSINGEN – Wie im ganzen Land sind die Trossinge Schulen derzeit wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Wie kommen die Schüler mit der ungewöhnlichen Situation zurecht? Unser Mitarbeiter und Gymnasiast Robin Möss erzählt aus seinem Alltag ohne Schule, aber mit Schulaufgaben.
„Zugegeben: Am Anfang war da schon ein bisschen Freude auf diese bevorstehende Ferienzeit – mehr Freizeit, Schularbeiten einteilen wie es einem gefällt, ausschlafen und spät ins Bett gehen. Die Schulen sind geschlossen. Aber nicht nur die Schule, sondern auch soziale Kontakte, gemeinsames Lernen, die Scherze im Unterricht – alles fehlt anscheinend. Was dagegen unternehmen und wie damit umgehen?
Klar ist, Ferien sind das derzeit keine, wie meine Mitschüler und ich es erfahren mussten. Montags bis freitags wird täglich das E-MailPostfach, die Dropbox oder der schulinterne Bereich der Schulhomepage mit Arbeitsaufträgen gefüllt, die natürlich bis zu einer gewissen Frist bearbeitet werden sollen. Einige, mit denen ich im Austausch bin, und ich selbst schätzen die Schule nun insgesamt als Mehrarbeit gegenüber dem normalen Schulalltag ein.
Eigentlich ja kein Wunder, haben wir doch viel mehr Zeit zu Hause und dürfen draußen sowieso nichts Großes unternehmen. Diese viele Zeit – mir geht es manchmal so, dass ich mich lieber zu Tode langweile, als meine Arbeit anzurühren. Und hat man mal zwei Wochen für einen Auftrag Zeit, lege ich das gerne mal zur Seite – „vielleicht mal am Wochenende." Das ist aber nicht immer so gut: Einmal fiel mir spontan ein, dass da noch der Italienisch-Auftrag in meinem Fach liegt. „Mist, warum habe ich den nicht gleich gemacht“, denke ich. Jetzt hatte ich Zeitdruck, am nächsten Tag musste er abgegeben
ANZEIGE werden, jetzt musste es gemacht werden. Längeres Aufschieben bringt nichts, das wissen wir alle. Doch bisher war die Verführung kaum so groß und die Chance kaum so gut, wie eben jetzt. Überlege ich aber ein bisschen, können wir dadurch eine andere, bessere Chance nutzen: Wir Schüler können lernen, Eigenverantwortung zu übernehmen, Fleiß an den Tag zu legen und mit uns selbst diszipliniert zu sein. Sicher etwas, was man auch fürs Leben lernen würde und sollte.
Alles negativ zu sehen bringt uns sowieso nicht weiter. Was wir durch diese Notsituation beispielsweise sehen ist, wie ein digitalisiertes Schulleben aussehen könnte und dass es vor allem funktionieren kann. Sämtliche Aufträge gibt’s digital, Arbeitsblätter im PDF-Format, Materialien wie Videos oder Audiodateien inklusive. Und wenn man mal nicht weiterkommt, stehen einem die Lehrer gerne zur Verfügung. Und mitunter so bleiben die Kontakte auch erhalten und in Austausch, auch unter den Freunden: Video- oder Sprachanrufe werden da gerne mal unternommen, um entweder Aufgaben zu machen oder um zu quatschen – zugegeben: oft nur zum Quatschen.
Wenn ich mal bei einer Aufgabe nicht weiterkomme und schnelle Hilfe brauche, kann ich immer den besten Freund aus dem Kurs anrufen und nachfragen – und merke: ab und zu leidet er mit mir und weiß auch nicht weiter, was uns bestärkt, gemeinsam ans Ziel zu kommen. Gemeinsam schaffen wir dann die Aufgaben und können sie dann endlich abgeben. In meinem Deutschkurs gibt es da noch eine Besonderheit: Jeden Donnerstag, wenn wir normalerweise verschlafen in der Doppelstunde Deutsch sitzen würden, sitzen wir nun zur selben Zeit zu Hause und machen regulären und – abgesehen vom Sprachchat – ganz normalen Unterricht. Es funktioniert sehr gut, laut unserer
Deutschlehrerin seien wir sogar produktiver als in der Schule und irgendwie freut sich auch jeder auf diesen digitalen Unterricht. Denn wir stehen im sozialen Austausch, lernen gemeinsam und machen unsere Scherze im Unterricht – wunderbar, alles dabei.
Wer hätte schon gedacht, dass wir Schüler einmal hoffen würden, endlich wieder in die Schule gehen zu dürfen. Ich glaube, aus voller Überzeugung hoffen die meisten von uns dies erst jetzt. Von meinen Freunden und mir weiß ich: Wir vermissen den Schulalltag – auch wenn er strukturierter ist als unsere „freien“Tage jetzt. Aber noch mehr
Lernstoff selbst zu erarbeiten, selbst zu bearbeiten und noch mehr Klausuren nachschreiben zu müssen – das will keiner.“