Live aus dem Homeoffice: Stones und Kollegen
Virtuelles Konzert als Dankeschön an die Helfer in der Corona-Pandemie – 128 Millionen Dollar an Spendenzusagen
LOS ANGELES (dpa) - Taylor Swift sitzt mit leicht zerfransten Haaren vor einer Blumentapete am Klavier und singt „Soon You’ll Get Better“. Elton John greift im Garten in die Tasten und trällert seinen Hit „I’m Still Standing“, und der Zuschauer bekommt Einblick in gleich vier private RollingStones-Zimmer. Legende Paul McCartney singt alleine zu Hause „Lady Madonna“. Es sei eine Ehre, die wahren Helden der Corona-Krise, das Gesundheitspersonal in aller Welt, zu feiern, sagt der Ex-Beatle mit bewegter Stimme. Die drei Megastars zählten zu den Dutzenden Künstlern, die sich in der Nacht zum Sonntag mit einem virtuellen Konzert bei den vielen Helfern in der Corona-Pandemie bedanken wollten.
Lady Gaga, Mitorganisatorin der zweistündigen Highlight-Show „One World: Together at Home“machte mit dem Liedklassiker „Smile“von Nat King Cole den Auftakt. Zumindest an diesem Abend, für einen Moment, würde sie alle gerne zum Lächeln bringen, sagte die Sängerin.
Zusammen mit der Hilfsbewegung Global Citizen hatte Lady Gaga in kürzester Zeit eine beispiellose Starbesetzung zusammengetrommelt – mit dabei Stevie Wonder, die Rolling Stones, Jennifer Lopez, John Legend, Sam Smith, Billie Eilish, Shawn Mendes und Camila Cabello. Keine Lichtershows und Kostüme, kein perfekter Sound oder Make-up, dafür gab es seltene Einblicke in die Wohnzimmer, Gärten und die Hausgarderobe der Showgrößen.
Die Rolling Stones waren erst am Freitag als letztes Line-up-Highlight angekündigt worden. Die legendären Rocker um Mick Jagger waren auf einem viergeteilten Bildschirm zu sehen, jeder zu Hause für sich. „You Can’t Always Get What You Want“stimmte Jagger enthusiastisch an, Keith Richards und Ron Wood jammten auf ihren Instrumenten mit. Nur Schlagzeuger Charlie Watts trommelte mit verschmitztem Lächeln ins Leere, ein Trommel-Set gab es bei seinem Wohnzimmer-Einsatz nicht.
Zuvor hatten sich bei einem sechsstündigen Livestream-Marathon, der sogenannten Pre-Show, Dutzende Musiker, Sportler und andere Künstler, unter ihnen die Sänger Adam Lambert, Annie Lennox, Jennifer Hudson und Rita Ora, von daheim mit Auftritten zugeschaltet. Das war auch die große Bühne für die hessische Erfolgsband Milky Chance und ihren Hit-Song „Stolen Dance“. Die gebürtigen Kasseler Philipp Dausch und Clemens Rehbein standen als einzige deutsche Musiker auf dem Programm. Aus dem Heimstudio in Kassel schaltete sich das Popduo knapp vier Minuten zu dem Reigen der internationalen Stars. Sänger und Gitarrist Rehbein mahnte zum Schluss, dass in der Krise jeder Verantwortung trage, zu Hause zu bleiben, um die Ausbreitung des Virus aufzuhalten. Nervös mache sie der Auftritt nicht, hatte Rehbein vorab gesagt. „Es ist cool für uns, dabei zu sein.“Auch das deutsche Model Heidi Klum zählte im Vorprogramm zu den vielen Stars, die Ärzten und Krankenschwestern für deren Einsatz Dank aussprachen.
Die US-Starmoderatoren Jimmy Fallon, Jimmy Kimmel und Stephen Colbert führten durch die HighlightShow, die von mehreren US-Sendern und über Kanäle wie YouTube und Twitter ausgestrahlt wurde. Zu dem zweistündigen Event schalteten sich neben den Stars auch Ärzte, Wissenschaftler und Politiker dazu. Die früheren First Ladys Laura Bush und Michelle Obama dankten den Helfern in Krankenhäusern und Geschäften. „Die globale Familie ist stark, und wir werden diese Krise gemeinsam meistern“, sagte Michelle Obama. UN-Generalsekretär António Guterres bekräftigte in einer Videobotschaft seinen früheren Aufruf zu einer weltweiten Waffenruhe. Alles Augenmerk müsse auf einen gemeinsamen Feind – das Virus – gerichtet werden.
Den bewegenden Konzertausklang lieferten Lady Gaga, Céline Dion und der italienische Tenor Andrea Bocelli, begleitet von dem chinesischen Starpianisten Lang Lang, mit ihrer Interpretation des Duetts „The Prayer“.
Global Citizen hatte nach eigenen Angaben Sponsoren für Millionenspenden gewinnen können, die dem Solidaritätsfonds der Weltgesundheitsorganisation WHO zukommen sollen. Nach Ende des Konzerts gaben Lady Gaga und Global Citizen bekannt, dass knapp 128 Millionen Dollar an Spenden für Gesundheitspersonal in aller Welt zugesagt worden seien. Per Video aus Paris zugeschaltet wurde die Krankenhausmitarbeiterin Aisha al Muntheri. Sie sei stolz darauf, sagte sie, mit ihren Kollegen „an der Front“im Kampf gegen die Pandemie zu stehen. „Es ist Teil unseres Ethos in der Medizin, der Menschheit zu dienen. Die Menschlichkeit ist unsere gemeinsame Sprache.“