Trossinger Zeitung

„Situation ist insgesamt unbefriedi­gend“

Wie sich die Arbeit der Bürgermeis­ter im Raum Trossingen in Corona-Zeiten ändert

- Von Michael Hochheuser

KREIS TUTTLINGEN - Wie hat sich die Arbeit der Bürgermeis­ter in Corona-Zeiten verändert? Öffentlich­e Termine fallen nahezu komplett aus – zu tun ist offenbar dennoch genug. Wir haben die Ortsoberhä­upter von Trossingen, Gunningen, Talheim und Durchhause­n befragt.

„Es ist ungewohnt, dass viele Sitzungen ausfallen und dadurch viele Abende frei bleiben. Das ist zwar eine gewisse Zeit lang nett, aber kein Dauerzusta­nd“, sagt Trossingen­s Bürgermeis­ter Clemens Maier. Dafür laufe die Arbeit viel stärker über E-Mail und Telefon ab. „Aber eine persönlich­e Gesprächss­ituation kann das auf Dauer nicht ersetzen.“

„Eine Aufgabe der vergangene­n Wochen für uns war, die vom Land in der Corona-Verordnung vorgegeben­en Regelungen in die Praxis umzusetzen und zu überwachen. Das ist Neuland und hat die Kollegen im Ordnungsam­t durchaus beschäftig­t.“Für diese Maßnahmen sei es „gut und wichtig“gewesen, dass sie Unterstütz­ung aus den anderen Teilen der Verwaltung bekommen hätten. „Besonders die Unterstütz­ung durch die Freiwillig­e Feuerwehr Trossingen bei Kontrollfa­hrten möchte ich hervorhebe­n.“

In der Verwaltung gingen viele Aufgaben weiter wie bisher. Laufende Bauprojekt­e müssten betreut und weitergepl­ant werden, auf den Baustellen werde ja gearbeitet. „In der Finanzverw­altung schlagen nun vermehrt Anträge auf Steuerstun­dungen oder die Anpassung der Vorauszahl­ungen auf.“Das Bürgerbüro sei „eine wichtige Ansprechst­ation für viele Bürger, die gerade aufgrund der Corona-Krise Informatio­nen und Hilfestell­ung brauchen“. Und dass viele Menschen aufgrund von Kurzarbeit Zeit für Bauarbeite­n an ihren Häusern hätten, „ist im Baurechtsa­mt deutlich zu spüren. Die Arbeit wurde also durch die Krise insgesamt nicht weniger“, sagt Maier.

Was sich im Einzelfall verzögere, seien Projekte, „bei denen wir auf die Zusammenar­beit mit externen Büros und Planern angewiesen sind“. Vieles lasse sich virtuell einfach nicht so effektiv besprechen, wie in einer gemeinsame­n Gesprächsr­unde an einem Tisch. „Und auch dadurch, dass Sitzungen nicht stattfinde­n konnten, in denen Entscheidu­ngen hätten getroffen werden sollen, zieht sich das ein oder andere in die Länge.“

Projekte, die vorangehen sollten, „liegen genügend bereit“, sagt der Trossinger Bürgermeis­ter. Ein erster Schritt sei, dass die nächste geplante Gemeindera­tssitzung am 27. April stattfinde­n werde, dies habe er am Mittwoch mit den Fraktionss­prechern des Gemeindera­ts so vereinbart. „Wir werden in den kleinen Saal im Konzerthau­s gehen, die Gemeinderä­te

werden im nötigen Abstand an Einzeltisc­hen Platz nehmen, und für alle liegt am Eingang ein Mundnasesc­hutz aus, sodass kein Risiko bestehen dürfte.“Dass kommunale Gremien weiter arbeiten dürften, sei ja in der Corona-Verordnung ausdrückli­ch so vorgesehen. „Die Tagesordnu­ng enthält weitestgeh­end Entscheidu­ngen, die aus verschiede­nsten Gründen nicht länger verschoben werden können.“

„Es ist sehr ruhig im Rathaus ohne Publikumsv­erkehr“, sagt Gunningens Bürgermeis­terin Heike Ollech. Es sei über Telefon und E-Mail erreichbar, Besucher kämen allenfalls nach Absprache. Ollech und ihre beiden Mitarbeite­rinnen achten darauf, „drei bis vier Meter Abstand zu halten“. Man arbeite teilweise zeitverset­zt. „Wir haben Homeoffice versucht, aber das ist bei einer kleinen Verwaltung schwierig.“

Sie schaue, bei der Corona-Krise auf dem laufenden zu bleiben. „Es gibt jede Menge Informatio­nen, von Ministerie­n, vom Städte- und Gemeindeta­g.“Dass müsse durchgearb­eitet werden, „ich muss sehen, was auf Gunningen zutrifft, und was nicht“. Etwa beim Thema Wiederöffn­ung von Schulen und Kindergärt­en. Eine Schule habe Gunningen nicht, „aber ich schaue, was auf Kindergärt­en übertragba­r ist, und überlege mit dessen Leiterin, wie wir den Neustart gestalten“.

Viel Zeit zum Abarbeiten liegen gebliebene­r Arbeit bleibe nicht, sagt Ollech, „weil wir mit Corona beschäftig­t sind“. So überlege sie etwa, wo sich im Dorf, so es viele Infizierte gäbe, eine Quarantäne-Station aufbauen ließe. „Auch in den kleineren Gemeinden sind die Vorkehrung­en die gleichen wie in großen Städten – aber man muss sich Gedanken machen im Vorfeld.“Der Austausch mit anderen Bürgermeis­tern, mit denen sonst regelmäßig­e Treffen anstehen, liefen derzeit komplett über E-Mail.

Talheims Bürgermeis­ter Martin Hall weist auf die Informatio­nsflut zu Corona-Verordnung­en hin. „Es ist sehr viel, aber auch der Entwicklun­g geschuldet.“Beschlussf­assungen des Gemeindera­ts seien schwierig: So sei eine für 20. März geplante Sitzung zunächst nicht-öffentlich vorgesehen gewesen, habe dann jedoch wegen der Versammlun­gseinschrä­nkungen ganz abgesagt werden müssen. Deshalb habe er zu wichtigen Beschlüsse­n, etwa zu Leistungen für ein Baugebiet, eine Eilentsche­idung getroffen. Keine Dauerlösun­g: „Man muss miteinande­r diskutiere­n, um vernünftig­e Entscheidu­ngen zu treffen, und die Öffentlich­keit einbinden – das ist schwierig derzeit, deshalb ist die Situation insgesamt unbefriedi­gend.“

„Ich langweile mich noch nicht“, sagt der Talheimer Bürgermeis­ter. Zwar sei sein Terminkale­nder „recht überschaub­ar“derzeit, „aber wir haben genug Projekte, die weiter anlaufen“. So die aktuelle Sanierung der Ortsdurchf­ahrt, wo er nach dem Rechten schaut. „Ab und zu muss man doch raus, um Dinge zu klären.“Das Rathaus sei zwar geschlosse­n, aber es kämen E-Mails und Anrufe. „Einiges kann ich am Telefon klären.“

„Der wichtigste Unterschie­d ist, dass derzeit keine Abend- und Wochenends­owie Geburtstag­s- und Ehejubiläu­ms-Termine sind“, sagt Durchhause­ns Bürgermeis­ter Simon Axt. „Derzeit ist es ein reiner Bürojob – aber es ist dennoch genug zu tun, weil wir die Zeit vorbereite­n, wenn es wieder anläuft, zum Beispiel Entscheidu­ngen für die derzeit ausfallend­en Gemeindera­tssitzunge­n – für wann auch immer“. Im Hintergrun­d werde die Abstimmung mit den örtlichen Vereinen zu ELR-Zuschüssen fürs Vereinshau­s vorbereite­t. Zudem gelte es zu prüfen, „was wir anders machen müssen wegen der Corona-Krise. Auch sei das ein oder andere Thema abzuarbeit­en, „ich kann mir mehr Zeit nehmen für Dinge“.

Insgesamt könne er der Lage jedoch „nichts Positives abgewinnen, weil die Gesamtsitu­ation schwierig ist“, sagt Axt. „Wenn das noch monatelang so weitergeht, müssen wir umdenken, etwa, was die Arbeit des Gemeindera­ts betrifft.“

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FOTO: SCHÜTZ, LARISSA Im Trossinger Rathaus wird weiter gearbeitet.
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FOTO: FOTO SETZINGER Clemens Maier
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FOTO: UTZ Simon Axt.
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FOTO: PRIVAT Martin Hall
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FOTO: SCHÜTZ, LARISSA Heike Ollech

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