„Die Gesetze gelten nicht für mich“
Psychisch auffälliger Mann muss sich wegen Psycho-Terror gegen seine Familie vor Gericht verantworten
ROTTWEIL/TUTTLINGEN - Der Corona-Krise zum Trotz: Die 1. Große Strafkammer des Landgerichts Rottweil verhandelt – mit gebührenden Sicherheitsabständen – fleißig weiter. Jetzt muss sich ein 42-jähriger Mann wegen zalhreicher Vergehen gegen das Gewaltschutzgesetz verantworten. Das Gericht muss prüfen, ob der Mann wegen psychischer Probleme schuldfähig ist.
Der Angeklagte hat seine Frau, von der er mittlerweile geschieden ist, und seine beiden Kinder, so Oberstattsanwalt Michael Gross, jahrelang terrorisiert. Die Probleme begannen bereits am ursprünglichen Wohnort in Stuttgart, wo es offenbar auch zu körperlichen Übergriffen kam. Das nahm solche Ausmaße an, dass Frau und Kinder in einem Frauenhaus untergebracht werden mussten. Es sollte möglichst weit weg von Stuttgart sein, sodass die Wahl auf Tuttlingen fiel.
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen fand der Vater den Aufenthaltsort heraus und setzte seinen Psycho-Terror fort. Immer wieder tauchte er vor der Wohnung seiner Ex-Frau und seiner Kinder auf, rüttelte an Türen, klopfte an Fenster, schimpfte wütend, ließ sich auch von Platzververweisen oder Betretungsverboten nicht aufhalten. Einmal schlug er auf seinen etwa 15-jährigen Sohn ein, der sich ihm entegegenstellte, um seine Mutter und seine jüngere Schwester zu schützen.
Oft rief er mehrmals täglich an und versetzte auch seine Nachbarn in Angst und Schrecken. Unter anderem drohte er, sie mit einer Bombe zu töten.
Immer wieder musste die Polizei anrücken, und immer wieder leistete der Mann nicht nur Widerstand, drohte mit Worten wie „Ich erschieße Euch.“Auf die Aufforderung, er müsse sich an die deutschen Gesetze halten, entgegenete er regelmäßig: „Diese Gesetze gelten nicht für mich.“Seit 2017 mussten die Opfer den Psycho-Terror über sich ergehen lassen. Es gab Prozesse vor dem Amtsgericht Tuttlingen und vor der Kleinen Strafkammer des Landgerichts Rottweil, wobei der Angeklagte
eingewiesen. Oberstaatsanwalt Michael Gross leitete dann ein Sicherungsverfahren ein, mit dem Ziel, den Angeklagten dauerhaft in der Psychiatrie unterzubringen. Die 1. Große Strafkammer muss jetzt überprüfen, ob das angemessen wäre. Die bisherigen Urteile in dieser Sache werden aufgehoben und in erster Instanz verhandelt.
Zur Anhörung des Angeklagten, von Zeugen und des psychiatrischen Sachverständigen wurde die Öffentlichkeit nach Verlesung der Anklage bis zum Urteil ausgeschlossen, weil es um sehr persönliche und damit schutzwürdige Interessen des Angeklagten geht. Wann das Urteil verkündet wird, ist offen.