Sie sind nicht allein
Altenzentrum Im Brühl in Aldingen erlebt eine Welle der Anteilnahme, liebevoller Gesten und praktischer Hilfe
ALDINGEN - Ein Zaun schafft einige Quadratmeter mehr Freiheit. Und Blümchen machen den Zaun nun auch zur freundlichen Barriere. Das ist nur eine praktische Geste, mit der Angehörige, ehemalige Angehörige, Freunde und Mitglieder des Freundeskreises, Fürsorge und Kontakt auch zu Coronazeiten zu den Bewohnern und Mitarbeitern des Altenzentrums Im Brühl fließen lassen.
Die Mitarbeiter der Altenheime der Region lassen sich zur Zeit eine Menge einfallen, um den derzeit besonders verletzbaren alten Menschen und ihren Angehörigen die zum Schutz verhängte Isolation zu erleichtern. Dabei taucht eine kreative Idee nach der anderen auf: Telefonkontakte durch die Fensterscheibe, Skype-Telefonate mit den Angehörigen und vieles mehr.
Die Spaziergänge am Arm eines vertrauten Menschen oder einer Mitarbeiterin, der tägliche Besuch beim Ehegatten auf dem Friedhof, all das geht momentan nicht. Aber der Bewegungsradius, der kann über den Balkon und den Innenhof hinaus erweitert werden, dachte sich das Team des Altenzentrums in Aldingen. Ein Anruf bei Bürgermeister Ralf Fahrländer, der dann folgende Besuch des Bauhofs – und schon erweitert ein Bauzaun vor der Tür den Freiheitsraum der alten Menschen. Weil ein Zaun aber doch komische Gefühle weckt, sind die Ehrenamtlichen spontan auf die Idee gekommen: Blumen!
„Das hat uns echt gefreut“, sagt die für den Sozialdienst zuständige Karin Korb. Jetzt sieht der Bauzaun viel freundlicher aus. Korb rechnet nicht damit, dass die Maßnahmen schnell gelockert werden können. Noch sagen Experten, man befinde sich immer noch am Beginn der Pandemie. Deshalb hofft sie, dass auch übers Jahr Blumenspenden bunte Tupfer am Zaun ermöglichen. Klaus Zeittler, der sich immer um den Garten und die Pflanztröge kümmert, übernimmt auch die Pflege des „blühenden Zauns“.
Aber das ist nicht die einzige Geste, die den Mitarbeitern Freude, Wertschätzung, aber auch Unterstützung für ihre Arbeit mit den alten Leuten gibt. Zu Ostern brachten Angehörige und ehemalige Angehörige süße Leckereien, Stoffblumen, Saft (Vitamine fürs Immunsystem!) für die Bewohner, aber auch die Mitarbeiter – immer auch mit einem Brief voller Anerkennung und Dankbarkeit.
Am Ostersamstag schaute Erich Vosseler vorbei. Er kann wie Wolfgang Schwarz nicht wie gewohnt direkt für die musikalische Freude sorgen. Was haben die „Brühler“gemacht? Einfach den hauseigenen Flügel nach draußen bugsiert und da wurde aufgespielt.
Die evangelische Kirchengemeinde Aldingen war eine der ersten, die auf digitale Übertragungen gesetzt haben. Und so nahm Pfarrer Ulrich Dewitz einen Abendmahlsgottesdienst samt Segen auf, der am Gründonnerstag dann in sechs, sieben Durchgängen in kleinen Gruppen gefeiert wurde. Dassselbe geschah bei jenen die nicht mehr aufstehen können.
So etwas gibt Halt.
Trotz der Bedrohung, spürbar in weiteren Maßnahmen wie eine Notstation für alle Fälle, neue Bewohner werden derzeit nicht aufgenommen, 14 Tage Quarantäne für Menschen, die aus dem Krankenhaus zurück kommen, sind Mitarbeiterinnnen und Bewohner/innen optimistisch, sagt Korb. Die Kontakte zu den Liebsten fehlen zwar, der tägliche Gang zum Friedhof. Sie wünsche sich, dass einzelne Gänge unter Wahrung des Sicherheitsabstands möglich sein könnten. Noch sei es für die Bewohner ok, „wenn es nicht mehr ok ist, dann müssen wir uns etwas überlegen.“