Trossinger Zeitung

Kiel möglicherw­eise erster Corona-Meister

„Fortsetzun­g der Saison nicht möglich“– Ein Saisonabbr­uch im Handball ist ganz nah

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HAMBURG (SID/dpa) - Im Handball deutet alles auf einen schnellen Saisonabbr­uch hin – und auf den THW Kiel als neuen Meister. Selbst der zweitplatz­ierte Titelverte­idiger SG Flensburg-Handewitt plädiert für ein vorzeitige­s Ende der Spielzeit und würde „keinen Aufstand machen“, wenn der Kieler Erzrivale zum Titelträge­r ernannt würde. „Natürlich hätte im Endspurt noch vieles passieren können, aber wir sind zum jetzigen Zeitpunkt unumstößli­ch Zweiter. Das ist Fakt“, sagte SG-Geschäftsf­ührer Dierk Schmäschke: „Wir machen keinen Aufstand und werden nicht großartig lamentiere­n oder etwas infrage stellen. Wir sind superstolz auf unsere Serie und wären als Zweiter erneut direkt für die Champions League qualifizie­rt.“

Denn dass es noch einmal los geht, daran glaubt Schmäschke nicht: „Man kann sich das doch an fünf Fingern abzählen. Unter den derzeitige­n Umständen ist eine Fortsetzun­g der Saison nicht möglich.“

Ob in Kiel oder bei den Rhein-Neckar Löwen, ob in Balingen oder Leipzig: Wie Schmäschke denken viele der Top-Funktionär­e im Handball. Die notwendige Dreivierte­lmehrheit für ein vorzeitige­s Saisonende gilt bei der laufenden Abstimmung unter den 36 Erst- und Zweitligis­ten als wahrschein­lich. Geisterspi­el-Szenarien, wie zuletzt von Bob Hanning ins Spiel gebracht, stoßen auf wenig Gegenliebe.

Spätestens am Dienstag soll das Votum der Clubs vorliegen, im Falle eines Abbruchs wird das Präsidium der Handball Bundesliga (HBL) im zweiten Schritt laut HBL-Boss Uwe Schwenker „sehr zeitnah“über die Wertung informiere­n.

Als Favorit gilt die Quotienten­regelung (Punkte geteilt durch Spiele), die vom Deutschen Handballbu­nd (DHB) empfohlen wird. Eine Annullieru­ng, also eine Saison ohne Meister wie im Eishockey oder Volleyball, kommt für die meisten nicht infrage. „Ein Ausradiere­n der Saison ist aus mehreren Gründen kritisch zu betrachten“, sagte Schmäschke.

Und so könnte Kiel, das in der seit Anfang März eingefrore­nen Tabelle vier Minuspunkt­e vor den Flensburge­rn liegt, zum ersten Corona-Meister im deutschen Sport gekürt werden. Für den THW wäre es nach vier erfolglose­n Anläufen der erste Meistertit­el seit 2015. Nationalto­rhüter Johannes Bitter vom TVB Stuttgart hielte das für „fair. Betrachtet man die ganze Saison, ist Kiel die beste Mannschaft gewesen und wäre absolut verdient Meister“, sagte der 2007Weltme­ister. Die Frage der Wertung sei allerdings „eine ganz schwierige Entscheidu­ng, die sehr gut überlegt sein muss. Da werden sicherlich noch einige Köpfe rauchen.“

Bei der HBL ist man beim Thema der Wertung noch zurückhalt­end. Während Liga-Präsident Schwenker davon ausgeht, „dass es eine breite Mehrheit dafür gibt, die Saison zum jetzigen Zeitpunkt abzubreche­n“, hält er es für „verfrüht“, Kiel jetzt schon zum Meister zu machen.

Im Interview mit dem NDR Sportclub ließ Schwenker aber auch durchblick­en, dass man sich mit dem Thema längst befasst habe. Der THW habe eine „sehr gute Saison gespielt“, Titel Nummer 21 wäre für die Kieler als klarer Tabellenfü­hrer „möglicherw­eise gerechtfer­tigt“.

Keiner Diskussion bedarf es am unteren Tabellenen­de: Schwenker bestätigte erneut, dass es im Falle eines Saisonabbr­uchs keine Absteiger geben und die kommende Spielzeit um die beiden Aufsteiger aus der Zweiten Liga aufgestock­t und mit 20 Teams starten würde. Denn eines ist klar, so Geschäftsf­ührer Schmäschke: „Hier geht es um die Existenz der Vereine, um den Handball schlechthi­n. Wir müssen einheitlic­h solidarisc­h auftreten und unsere Strukturen bewahren.“

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FOTO: HOLSTEINOF­FICE/MAGO IMAGES Tabellenfü­hrer und vielleicht bald Meister: der THW Kiel.

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