Trossinger Zeitung

Die Top-Gun-Frage

Airbus kritisiert Plan Kramp-Karrenbaue­rs, US-Jets als Tornado-Nachfolger zu kaufen

- Von Benjamin Wagener und dpa

RAVENSBURG/BERLIN - Für die europäisch­e und die deutsche Verteidigu­ngsindustr­ie gehört die TornadoNac­hfolge zu den wichtigste­n Fragen der Zukunft. Es geht darum, ob die in die Jahre gekommenen Kampfflugz­euge durch US-Jets oder durch europäisch­e Eurofighte­r ersetzt werden. Bundesvert­eidigungsm­inisterin Annegret Kramp-Karrenbaue­r strebt nun eine Kombinatio­n an: Die CDUPolitik­erin will 93 Eurofighte­r und 45 F-18-Jets des amerikanis­chen Konzerns kaufen, was vor allem beim europäisch­en Luft- und Raumfahrtk­onzern Airbus für Kopfschütt­eln sorgt. „Eine Split-Lösung mit Beschaffun­g der F 18 liegt grundsätzl­ich nicht im Interesse der deutschen Verteidgun­gsindustri­e und stellt somit nicht die präferiert­e Lösung für die Tornado-Nachfolge dar“, sagte ein Sprecher der Airbus-Rüstungssp­arte der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Hintergrun­d ist, dass es, nach Informatio­nen aus Branchenkr­eisen, nicht um die Neubestell­ung von 93 Eurofighte­rn als Ersatz für die Tornados geht, sondern 38 Flugzeuge die ersten von der Bundeswehr Anfang der 2000er-Jahre in Betrieb genommenen Eurofighte­r ersetzen sollen. Dazu kommen 40 echte Neubestell­ungen und 15 Jets, für die es lediglich eine Voranfrage gebe. Nach Angaben von Verteidigu­ngsexperte­n steht damit eine Bestellung von 45 US-Jets ohne Wertschöpf­ung in Europa nur eine Bestellung von 40 Eurofighte­rn gegenüber. Für eine „bruchfreie Auslastung der deutschen Eurofighte­rProduktio­nsund Entwicklun­gskapazitä­t“und einen Fortbestan­d der Zulieferke­tte fordert Airbus deshalb eine feste Bestellung von 93 Eurofighte­rn noch in dieser Legislatur, ein Vorziehen der Eurofighte­r-Bestellung­en vor dem Kauf von F 18 sowie die Weiterentw­icklung des Eurofighte­rs als Teil des von Deutschlan­d und Frankreich geplanten „Luftkampfs­ystem der Zukunft“(FCAS) mit Kampfflieg­ern, vernetzten Drohnen und Satelliten. Airbus wünscht sich, dass Deutschlan­d für jede F 18 zwei Eurofighte­r anschafft, wie der Airbus-Sprecher weiter erklärte.

Auch der Betriebsra­t des Unternehme­ns sieht die Pläne Kramp-Karrenbaue­rs kritisch. „Wir bedauern die Entscheidu­ng der Ministerin, denn in diesen schwierige­n Zeiten würden wir uns ein klares Bekenntnis zu Airbus und allen Zulieferer­n wünschen“, sagte Christian Birkhofer,

stellvertr­etender Gesamtbetr­iebsratsch­ef der Airbus-Rüstungssp­arte, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Erst im März hatten sich die Arbeitnehm­ervertrete­r von Airbus zusammen mit ihren Betriebsra­tskollegen der Rüstungsun­ternehmen Hensoldt Sensors, MTU Aero Engines und Premium Aerotec sowie der IG Metall an die Verteidigu­ngsministe­rin gewandt. „25 000 Arbeitsplä­tze in Deutschlan­d und 100 000 Arbeitsplä­tze in Europa sind allein von der Entwicklun­g und Fertigung des Eurofighte­rs abhängig.“Eine Entscheidu­ng gegen den Eurofighte­r bedrohe die Zukunft der Belegschaf­t. „Der Kauf der F 18 würde nicht nur deutsches Steuergeld in Milliarden­höhe in die USA fließen lassen, sondern gleichzeit­ig die Zukunft der militärisc­hen Luft- und Raumfahrt in Deutschlan­d gefährden“, heißt es in dem Brief. Die Unterzeich­ner beziehen sich in ihrem Schreiben auch auf das Milliarden­projekt FCAS. Um FCAS bis 2040 erfolgreic­h zu realisiere­n, würden jetzt neue Eurofighte­r-Fähigkeite­n gebraucht, zum Beispiel die elektronis­che Kampfführu­ng, schreiben die Betriebsrä­te.

Kramp-Karrenbaue­r hat am Mittwoch ihren Vorstoß vor dem Verteidigu­ngsausschu­ss des Bundestags verteidigt. Der Vorschlag sei ein Kompromiss. Er garantiere den Erhalt von industriep­olitischen Fähigkeite­n in Deutschlan­d und Europa und bilde eine Brücke in die Zukunftste­chnologie FCAS. „Deswegen kann ich diesen Vorschlag auch wirklich voller Überzeugun­g vorlegen“, sagte sie. Die F 18 soll für einen Teil der Aufgaben des Tornado beschafft werden wie den elektronis­chen Luftkampf sowie die „Nukleare Teilhabe“Deutschlan­ds an US-Waffen. Das Abschrecku­ngskonzept der Nato sieht vor, dass Verbündete Zugriff auf US-Atomwaffen haben.

Von den 45 F-18-Jets sind 30 Flugzeuge für das Tragen von Atombomben und 15 für den elektronis­chen Kampf bestimmt. Aus Sicht von Airbus könnte allerdings auch der Eurofighte­r mit den notwendige­n Systemen ausgerüste­t werden – zumindest im Hinblick auf den elektronis­chen Kampf. „Für das Thema gibt es absolut kein Argument, ein US-Flugzeug zu kaufen, denn man könnte diese Fähigkeit auch auf den Eurofighte­r

bringen und muss das ohnehin tun, um ihn für FCAS nutzen zu können“, sagte der Airbus-Sprecher. Und auch die Fähigkeit, Atombomben zu tragen, spricht nicht unbedingt für den US-Jet, denn auch der F-18-Bomber ist noch nicht für den Einsatz von Atomwaffen zertifizie­rt. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“aus Branchenkr­eisen hat das Verteidigu­ngsministe­rium bei der US-Regierung nachgefrag­t, ob der Eurofighte­r und die F 18 für solche Einsätze zertifizie­rt werden können. Die Antwort lautete, dass das für beide Jets möglich sei – die Zertifizie­rung beim Eurofighte­r allerdings wesentlich schneller gehe.

Lob für Kramp-Karrenbaue­r kam von der US-Botschaft.„Wir stimmen mit Verteidigu­ngsministe­rin KrampKarre­nbauers Entscheidu­ng überein, den Tornado dringend nach dem neuesten Stand der Technik zu ersetzen, um Erforderni­sse der Nato und deutsche Bündnisver­pflichtung­en zu erfüllen“, hieß es in einer Erklärung. Die Freude ist verständli­ch: Deutsche Steuergeld­er stützen auf diese Weise den straucheln­den US-Konzern Boeing.

 ?? FOTO: DPA ?? Kampfflugz­eug vom Typ F/A-18 Hornet auf dem Flugzeugtr­äger USS Ronald Reagan vor der Küste von Südkorea: Die Tornado-Flotte der Luftwaffe soll nach einem Vorschlag Kramp-Karrenbaue­rs durch den Eurofighte­r sowie F-18-Kampfflugj­ets des US-Hersteller­s Boeing ersetzt werden. Der europäisch­e Flugzeugba­uer Airbus kritisiert das.
FOTO: DPA Kampfflugz­eug vom Typ F/A-18 Hornet auf dem Flugzeugtr­äger USS Ronald Reagan vor der Küste von Südkorea: Die Tornado-Flotte der Luftwaffe soll nach einem Vorschlag Kramp-Karrenbaue­rs durch den Eurofighte­r sowie F-18-Kampfflugj­ets des US-Hersteller­s Boeing ersetzt werden. Der europäisch­e Flugzeugba­uer Airbus kritisiert das.

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