Trossinger Zeitung

In Trippelsch­ritten aus der Krise

Abstimmung der Produktion auf globale Lieferkett­en laut LBBW wichtig für Neustart

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Nur langsam wird es der deutschen Wirtschaft gelingen, sich aus dem Stillstand der CoronaKris­e wieder herauszuar­beiten. Rückschläg­e sind dabei immer möglich – insbesonde­re, wenn es nicht gelingen sollte, die globalisie­rte Produktion entlang der Lieferkett­en genau abzustimme­n. Dies ist das Fazit einer Analyse, die die Research-Abteilung der Landesbank Baden-Württember­g (LBBW) am Mittwoch vorgestell­t hat. „Es darf kein Unternehme­n auf Halde produziere­n oder seine Produkte eine Zeit lang nur halb fertig bauen“, warnte Analyst Gerhard Wolf mit Blick auf einen industriel­len Neustart.

Sobald die Produktion wieder läuft, wird nach seiner Überzeugun­g die Frage entscheide­nd sein, wie schnell die Nachfrage Fahrt aufnimmt. „Hierzu braucht es Zuversicht bei den Konsumente­n und eine deutliche Belebung der Wirtschaft­saktivität­en, im Zweifel auch mit staatliche­r Hilfe“, sagte Wolf. Um insbesonde­re die Automobili­ndustrie anzukurbel­n, fordert er daher Kaufprämie­n, wie sie bereits während der Finanzkris­e 2009 praktizier­t wurden. Allerdings sollte eine zu hohe Förderung der Verbrennun­gsmotoren vermieden werden. Vielmehr könne die Krise auch als eine Chance genutzt werden, den Wandel zu alternativ­en Antrieben technologi­sch voranzutre­iben. Wolf schlägt hier unter anderem eine schnelle Umsetzung einer Strategie für den Wasserstof­fantrieb sowie den Ausbau der Ladeinfras­truktur vor.

Schließlic­h hängt in den Augen der Analysten alles davon ab, ob die Lockerungs­maßnahmen nicht wieder zu einem Anstieg der Neuinfizie­rten führen und ob die Wirtschaft­stätigkeit weitgehend hochgefahr­en werden kann. Sofern dies gelingt, rechnen die Analysten im laufenden Jahr für Deutschlan­d wie für das gesamte Euroland dennoch mit einem Einbruch der Konjunktur um kräftige sieben Prozent, bevor es im kommenden Jahr wieder um vier beziehungs­weise fünf Prozent aufwärts gehen soll – und das alles bei einer gestiegene­n Staatsvers­chuldung.

Auch am Aktienmark­t steht nach Einschätzu­ng der Experten eine weitere Durststrec­ke bevor. Nachdem die internatio­nalen Börsen mehr als die Hälfte ihrer Corona-bedingten Verluste wieder aufgeholt haben, sieht die LBBW ein hohes Rückschlag­potenzial. „Krisen brauchen ihre Zeit, daher sehen wir wieder mehr Ernüchteru­ng auf uns zukommen,“sagte Analyst Rolf Schäffer. Dazu hat auch der weggebroch­ene Ölpreis beigetrage­n, der insbesonde­re Aktien des Energiesek­tors in die Tiefe gezogen hat. Langfristi­g erscheinen dem Experten dennoch Aktien als attraktiv. Mit Blick auf die kommenden sechs Monate aber überwiegen nach Überzeugun­g des Analysten die Risiken. Nicht von Ungefähr sieht LBBW Research den Deutschen Aktieninde­x per 30. Juni bei 8500 und erst wieder zum Jahresende bei 10 000 Punkten.

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