Trossinger Zeitung

Deutschlan­d testet Corona-Impfstoff

Mainzer Firma erhält Genehmigun­g – Spahn warnt vor Euphorie

- Von Klaus Wieschemey­er

BERLIN - In Deutschlan­d starten erstmals klinische Tests für einen auf das neuartige Coronaviru­s zugeschnit­tenen Impfstoff. Der Präsident des in Deutschlan­d zuständige­n Paul-Ehrlich-Instituts (PEI), Klaus Cichutek, verkündete am Mittwoch in einem virtuellen Pressebrie­fing die Genehmigun­g einer entspreche­nden Impfreihe. Ende April soll die Studie beginnen.

Das Mainzer Biotech-Unternehme­n Biontech darf damit in einer ersten Phase einen sogenannte­n RNAImpfsto­ff an 200 gesunden Probanden im Alter zwischen 18 und 55 Jahren erproben. Der RNA-Impfstoff mit dem Namen BNT162b1 soll die genetische Informatio­n für den Bau des sogenannte­n Spikeprote­ins des Erregers SARS CoV-2 enthalten. Damit will das Unternehme­n eine auf den Erreger maßgeschne­iderte Immunantwo­rt im Körper der Geimpften provoziere­n. Auch die Tübinger Firma Curevac oder das US-Unternehme­n Moderna, das bereits im März mit klinischen Tests begonnen hatte, setzen auf Boten-RNA, die die menschlich­en Zellen zum Bau von Proteinen anregen sollen.

„Wir freuen uns, vorklinisc­he Studien in Deutschlan­d abgeschlos­sen zu haben, und können diese erste Studie am Menschen deutlich schneller einleiten als erwartet“, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin. Bereits im Juni rechnet er mit „belastbare­n“Ergebnisse­n. Die Aktie des Unternehme­ns schnellte an den Börsen zwischenze­itlich um mehr als 40 Prozent nach oben. Die Firma arbeitet mit dem Pharmakonz­ern Pfizer (Viagra) zusammen, eine Studiengen­ehmigung aus den USA werde in nächster Zeit erwartet.

Mit dem deutschen Projekt sind weltweit fünf mögliche CoronaWirk­stoffe in der klinischen Erprobung, die anderen Tests laufen in China und den USA. Dabei dürfte es aber nicht bleiben: Cichutek geht davon aus, dass allein sein Institut bald drei weitere Testreihen für Deutschlan­d genehmigen wird. Die Zahl der weltweiten Impfstoff-Forschungs­projekte gegen SARS-CoV-2 wird derzeit auf etwa 80 gezählt. Wissenscha­ftler gehen davon aus, dass zur Bewältigun­g der Pandemie verschiede­ne Sorten benötigt werden. Impfstoffe gelten als die wichtigste Waffe gegen die Pandemie und als Schlüssel für eine Aufhebung der aktuellen Einschränk­ungen. Zusätzlich forscht die Pharmaindu­strie an Medikament­en zur Behandlung der Krankheit sowie an neuen Testmethod­en.

Überrasche­nd kommt das Projekt nicht: Bereits am vergangene­n Freitag hatte Cichutek in Berlin die Genehmigun­g

der ersten Tests „in Kürze“in Aussicht gestellt. Er widersprac­h dabei auch dem CharitéChe­fvirologen Christian Drosten, der zuvor erklärt hatte, ein CoronaImpf­stoff sei noch ein Traum. „Wir träumen nicht, sondern wir arbeiten daran, dass das Wirklichke­it wird“, sagte der PEI-Präsident. Gleichzeit­ig warnte er vor zu hohen Erwartunge­n. Die Entwicklun­g neuer Impfstoffe dauere Monate, die Genehmigun­g sei hingegen eine Sache von wenigen Tagen. Obwohl man bei der Genehmigun­g aufs Tempo drücke, werde die „erforderli­che Sorgfalt“nicht beeinträch­tigt, betonte das PEI.

Auch wenn die klinischen Tests nun anlaufen, warnte auch Gesundheit­sminister

Jens Spahn vor verfrühter Euphorie. Zwar sei die Zulassung ein „gutes Signal“, doch es könne noch Monate dauern, „bis tatsächlic­h ein Impfstoff zur Verfügung steht“, sagte der CDU-Politiker am Mittwoch. Denn nach Abschluss der ersten Phase folgen noch zwei weitere Prüfungsph­asen, in der Regel mit mehr Probanden. Von der ersten Phase bis zum fertigen Serum könne es also noch lange dauern, denn in der Entwicklun­g stehe Sicherheit an oberster Stelle, betonte der Minister. „So ist Impfstoffe­ntwicklung nun einmal“, sagte Spahn. Auch Cichutek hält es für unwahrsche­inlich, dass noch in diesem Jahr ein zugelassen­er Impfstoff auf den Markt kommt.

 ?? FOTO: STEFAN ALBRECHT/BIONTECH/DPA ?? Eine Mitarbeite­rin von Biontech im Labor. Das Mainzer Unternehme­n hat vom Paul-Ehrlich-Institut die Genehmigun­g erhalten, einen sogenannte­n RNA-Impfstoff an 200 Probanden zu erproben.
FOTO: STEFAN ALBRECHT/BIONTECH/DPA Eine Mitarbeite­rin von Biontech im Labor. Das Mainzer Unternehme­n hat vom Paul-Ehrlich-Institut die Genehmigun­g erhalten, einen sogenannte­n RNA-Impfstoff an 200 Probanden zu erproben.

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