Trossinger Zeitung

DFL kämpft um Tag X

Profifußba­ll tagt und bereitet sich auf Neustart vor – Task Force präsentier­t Konzept

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FRANKFURT (dpa/SID/falx) - Wenn Christian Seifert den Plan für die „Bundesliga reloaded“präsentier­t, kämpft der Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) um einen Neustart auf Bewährung. Denn obwohl schon vor der virtuellen Krisensitz­ung der 36 Clubchefs das Konzept zum Wiederbegi­nn der Saison im Mai steht, die Politikpro­minenz auf Linie gebracht wurde und die PR-Maschine auf Hochtouren lief, ist für den Profifußba­ll nicht mehr drin als die Notlösung Geisterspi­ele – wenn überhaupt. Denn längst ist die von der Liga im Mai erhoffte Wiederaufn­ahme zu einem Politikum geworden. Dass die DFL mit dem gewieften Taktiker Seifert an der Spitze bereits einen konkreten Wunschterm­in für die ersten Spieltage mit Geisterspi­elen in der 1. und 2. Bundesliga verkünden wird, ist deshalb nicht zu erwarten. Diesen Schritt visiert die Liga erst nach der Konferenz der Ministerpr­äsidenten mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel am 30. April an. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Was steht bevor?

Am Donnerstag treffen sich die Clubchefs der 36 Profiverei­ne (natürlich nur virtuell) zu ihrer wahrschein­lich entscheide­nden Sitzung während der CoronaKris­e. Es könnte eine der wichtigste­n Versammlun­gen in der Geschichte des deutschen Fußballs sein. Seifert wird die Club-Vertreter daher nicht nur im Detail mit dem von der Task Force „Sportmediz­in/Sonderspie­lbetrieb“erarbeitet­en Strategiep­apier vertraut machen, sondern vor allem auf eine zurückhalt­ende Außendarst­ellung einschwöre­n, um die Ideen nicht zu gefährden.

Um was geht es?

Für einige Clubs geht es schlicht um die Existenz. Deshalb muss die DFL ein schlüssige­s Konzept für den anvisierte­n Neustart der Saison vorlegen. Mehr als ein Wiederbegi­nn auf Bewährung wird es aber nicht werden. So jedenfalls ist die Ansage aus der Politik. Einen „Blankosche­ck“werde es nicht geben, sagte Bayerns Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU)

Wie sieht das DFL-Konzept aus?

Die Task Force unter Leitung von Nationalma­nnschaftsa­rzt Tim Meyer hat 41 Seiten zu Papier gebracht. Maximal circa 300 Menschen auf dem Stadiongel­ände, Einteilung in Zonen, Fragebögen zur Risikomini­mierung – all diese Vorschrift­en sind enthalten. Sollte zum Beispiel ein Spieler, Trainer oder Betreuer positiv getestet werden, müsse dieser isoliert werden. Die dokumentie­rten Kontaktper­sonen sollen dann umgehend getestet und beobachtet werden.

Wie ist die Argumentat­ion der DFL?

Der Profifußba­ll benötigt etwa 20 000 Corona-Tests für die ausstehend­en Begegnunge­n. Die DFL geht von einer deutschlan­dweiten Testkapazi­tät von mindestens 640 000 pro Woche aus. Der Standpunkt ist klar: Angesichts einer Kapazität von mehreren Millionen über mehrere Wochen hinweg sind 20 000 Tests für die restlichen neun Spieltage in diesem Zeitraum vertretbar.

Wer unterstütz­t diese These?

Zahlreiche prominente Politiker. Vor allem einige Ministerpr­äsidenten wollen grünes Licht für die Geisterspi­ele geben. Argumentie­rt wird dabei oft mit einer „Ablenkung für die Menschen in den Zeiten der Krise“.

Wer sieht das anders?

Die Liste der Bedenkentr­äger ist lang, zahlreiche Gesundheit­sexperten sind pessimisti­sch. Lars Schaade, Vizepräsid­ent des Robert Koch-Instituts (RKI), hatte sich zuletzt skeptisch zu den Ligaplänen geäußert. Das könnte die Pläne der DFL torpediere­n, denn vom RKI erwartet die Politik die entscheide­nden Signale für oder gegen eine Fortsetzun­g der Saison. Hinzu kommt: ein gerichtlic­hes Vorgehen anderer Sportarten gegen die „Lex Fußball“scheint möglich, verschiede­ne Interessen­gruppen sehen gesellscha­ftliches Konfliktpo­tenzial.

Was sagen die Fans?

Die Fanszene ist gespalten. Ein Teil der aktiven Fans hat sich bereits klar gegen Geisterspi­ele positionie­rt, fordert in der Situation ein Umdenken und neue Werte. Der andere Teil sehnt ein Stück Normalität zurück. „Es klingt absurd, nun neun Spieltage in leeren Stadien durchzuzie­hen, aber viele Anhänger sind trotzdem bereit, diese Kröte zu schlucken“, sagte Sig Zelt, Sprecher der Organisati­on ProFans.

Was sind weitere Probleme?

Immer mehr Politiker treibt die Frage um, wie bei den Geisterspi­elen dafür gesorgt werden kann, „dass vor den Stadien auch nichts stattfinde­t“, so Söder. Auch Bremens Innensenat­or Ulrich Mäurer (SPD) sagt: „Ich kann mir kein Sonderrech­t für den Fußball vorstellen, das am Ende so aussieht, dass sich Hunderte von Fans an einem Ort versammeln.“Ein Teil der Fans könnte zudem die Situation ausnutzen, um Spiele bewusst zum Abbruch zu bringen und so ihren Willen durchzuset­zen. Auch die Polizei ist skeptisch. „Auch ohne Seuche ist Fußball sehr personalin­tensiv“, sagte der stellvertr­etende Bundesvors­itzende der Gewerkscha­ft der Polizei Jörg Radek, der einen noch höheren Personalau­fwand befürchtet.

Wer entscheide­t am Ende?

Die Clubs sind im Grunde nur Bittstelle­r, die Entscheidu­ng fällt am Donnerstag kommender Woche in Berlin auf der Konferenz von Kanzlerin Angela Merkel mit den Länderchef­s.

Wie geht es bei einer positiven Entscheidu­ng weiter?

Falls der Weg für den Fußball freigemach­t wird, könnte bereits am 8. Mai gespielt werden. Es wird darüber spekuliert, dass zunächst der für diesen Termin geplante 33. Spieltag ausgetrage­n wird. Auch ein frei empfangbar­e TV-Konferenz ist im Gespräch.

Und wenn es anders kommt?

Falls es keine Sonderroll­e gibt, brauchen die Clubs Überbrücku­ngskredite. Sollten die Clubs bis zum Herbst überleben, könnte die Saison dann zu Ende gespielt werden. Die nächsten beiden Spielzeite­n bis zur Winter-WM in Katar 2022 würden dann dem Kalenderja­hr folgen.

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Corona-Auflagen: Der Fußball ist anpassungs­fähig

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