Es droht ein Milliardenverlust
DOSB-Präsident Alfons Hörmann prophezeit dem deutschen Sport schwere Zeiten
BERLIN (SID/dpa) - Düstere Aussichten für den deutschen Sport: DOSB-Präsident Alfons Hörmann schlägt Alarm und spricht wegen der Corona-Krise erstmals von Verlusten in Milliardenhöhe. Das gesamte Ausmaß werde aber erst ab dem kommenden Jahr sichtbar, sagte Hörmann: „Wenn man nur die Verbände nimmt, wird es sich am Ende wohl um eine dreistellige Millionensumme handeln. Betrachtet man aber den gesamten Sport mit seinen Events und Liga-Betrieben sowie Weltcups und Weltmeisterschaften, dann geht der Schaden wohl schnell in den Milliardenbereich“, erklärte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).
Der DOSB arbeitet derzeit an einer Erhebung der Finanznöte in den Verbänden, die in den nächsten zehn Tagen abgeschlossen sein soll. „Es kursieren ja die abenteuerlichsten Zahlen. Für uns ist es schwierig, mit dem Bund und den Ländern über Hilfsmodelle zu reden, wenn man nicht zumindest ungefähr weiß, um welche Schadenshöhe es sich handelt“, sagte der 59-Jährige.
Die deutschen Spitzensportverbände sind durch die Pandemie allesamt schwer getroffen. Die Deutsche Reiterliche Vereinigung FN, immerhin einer der reichen Olympia-Verbände, hatte ihre Mindereinnahmen für 2020 zuletzt auf fünf Millionen Euro beziffert. „Wir müssen um die Vielfalt des Sports kämpfen“, forderte Ingo Weiss, Sprecher der Spitzensportverbände.
In einem Fragebogen sollen die Verbände ihre Verluste genau auflisten. Doch auch Hörmann weiß, dass sich die Lage rasch ändern kann. „Geisterspiele zum Beispiel könnten die Lage neben dem Fußball auch im Basketball oder Volleyball schnell verändern“, meinte der DOSB-Chef. Allerdings sagten Virologen auch voraus, dass 2020 vielleicht keine Sportevents mehr stattfinden.
Bei den Gesprächen mit der Politik will Hörmann auf das ganz große Problem hinweisen: Was passiert ab 2021? Erst ab dann nämlich könne man bewerten, wie sich die Krise auf die Mitgliedsverbände, Sponsorenverträge und sonstigen Einnahmen der Verbände und Verein niedergeschlagen hat.
Hörmann glaubt, dass das dicke
Ende erst noch kommt. „Bei allen Sorgen, die wir derzeit in der Corona-Krise berechtigt um die Gesundheit unserer Bevölkerung haben, sind die Herausforderungen, die wirtschaftlich, strukturell und organisatorisch nach Corona auf uns zukommen, meines Erachtens um ein Vielfaches größer einzuschätzen“, sagte der 59-Jährige.
DOSB-Präsident Alfons Hörmann
Derweil denkt das Bundesinnenministerium momentan nicht daran, ein spezielles Hilfsprogramm für den Sport aufzulegen. „Das BMI hat auf die vielfältigen Teile der Rettungsschirme verwiesen, die schon jetzt von Verbänden und auch Vereinen in Anspruch genommen werden können“, berichtete die Sportausschussvorsitzende des Bundestages, Dagmar Freitag, nach einer Sitzung ihres Gremiums in Berlin.
Der DOSB hatte zuvor das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Deloitte beauftragt zu ermitteln, „wo es darüber hinaus Unterstützungsbedarf bei Verbänden und Vereinen“gebe. „Die ermittelten Daten könnten eine Basis für weitere Gespräche mit der Politik sein“, meinte Freitag. „Ich halte dieses Vorgehen jedenfalls für besser und auch seriöser als nur pauschal „mehr Geld” zu fordern, wie es der DOSB gleich zu Beginn der Krise in einem Schreiben an Regierung und Fraktionen getan hatte.“
Unterdessen habe das Bundesinnenministerium noch einmal eindeutig klargestellt, „dass man von Seiten des Ministeriums den Spitzenverbänden eine hohe Flexibilität beim Einsatz der für 2020 bewilligten Mittel ermöglicht hat“, sagte die SPD-Politikerin.
Und haben die akuten Probleme beim DOSB derzeit absolute Priorität. Am Wochenende wollte sich das Präsidium des Dachverbandes eigentlich mit der deutschen Bewerbung für Olympia 2032 befassen, doch nun geht es in den Videokonferenzen um die aktuelle Lage.
Hörmann will trotz der düsteren Aussichten nicht in Panik verfallen. Die Lage sei derzeit für alle Personen, die an irgendeiner Stelle in Verantwortung stehen, schwierig. Dennoch seien „für uns alle im Land gute Nerven und eine gewisse Form von innerer Ruhe, Demut und Besonnenheit jetzt besonders wichtig“, meinte der frühere Ski-Präsident.
„Es kursieren ja die abenteuerlichsten Zahlen.“