Fest in Etappen mit Enkeln und Urenkeln
Willi und Franziska Rösler feiern Diamantene Hochzeit
BÖTTINGEN - Geschneit hat es an jenem Samstag, ein wahrer Schneesturm fegte morgens übers Land, als Willi und Franziska Rösler am 30. April 1960 heirateten. Bereits um 8 Uhr fand die standesamtliche Trauung in Böttingen statt, anschließend die kirchliche Trauung in Beuron.
Gefeiert wurde die Hochzeit im Jahr 1960 im kleinen Kreis im Gasthaus Schwanen in Rietheim. „Willis Mutter war eine überzeugte Protestantin und gar nicht begeistert, dass ihr Sohn eine Katholikin heiraten wollte, sie blieb der Hochzeit darum fern“, erinnert sich Franziska Rösler. Die anfängliche Skepsis wich aber einer guten Beziehung lebenslang.
Willi Rösler wurde 1934 im polnischen Lodz geboren und wuchs zusammen mit Schwester und Bruder auf einem Bauernhof auf. Nach schwierigen Zeiten in Polen, in denen seine Mutter sogar kurzzeitig ins Gefängnis musste, kam Willi mit Mutter und Schwester mit Hilfe des Roten Kreuzes 1951 über Lager in Ostdeutschland, über Stationen wie Friesland, Biberach an der Riß und Tuttlingen letztendlich nach Böttingen, wo die Familie im Gasthaus Sternen eine Bleibe fand.
Franziska Flad wuchs in ärmlichen Verhältnissen, zusammen mit ihrem Bruder, in Böttingen auf. Ihr Vater starb, als sie erst neun Jahre alt war. „Mein Traum war eine Ausbildung als Näherin. Leider war dies nicht möglich, da ich schnell Geld für den Lebensunterhalt verdienen musste“, erzählt Franziska. Stattdessen verdiente sie unter anderem bei der Firma Gruhner in Wehingen und der Uhrenfabrik in Gosheim als Arbeiterin ihr Geld.
Doch ließen es sich die jungen Leute nicht nehmen, ihrer Freude am Tanzen nachzugehen. „Jede öffentliche Hochzeit, die es zu jener Zeit fast ausschließlich gab, war für uns die einzige Möglichkeit auszugehen und zu tanzen.“Und genau bei einer dieser Hochzeiten – im Schlüssel-Saal – in Böttingen hat es zwischen den beiden gefunkt. Das war 1954, sechs Jahre später wurde die Hochzeit gefeiert.
Anfangs wohnte das Paar in einer kleinen Mietwohnung, bevor es mit dem Bau des Eigenheims begann. „Ich habe fast alles in Eigenleistung geschafft“, erzählt Willi Rösler stolz. 1965 konnte die größer gewordene Familie das Eigenheim beziehen. Im Laufe der Jahre bekam das Paar zwei Töchter und vier Söhne. Während Willi Rössler viele Jahre als gelernter Flaschner bei der Firma Bühler in Spaichingen arbeitete, ging Franziska
Rösler nach nur fünf Jahren „Erziehungsurlaub“wieder zum Arbeiten. „Mein ältester Sohn meinte damals, dass ich ruhig arbeiten gehen kann, er und die Oma passen auf alle auf“, erinnert sich die 84-Jährige schmunzelnd.
Das Paar erfreut sich guter Gesundheit und reist für sein Leben gern, bis zu vier Reisen im Jahr waren es schon, – auch Willis alte Heimat Polen haben sie schon öfters bereist. „ Früher sind wir zum Zelten gefahren, später hatten wir einen Wohnwagen und heute machen wir Busreisen“so der 86-Jährige. Die jüngste Reise ging im August in die sächsische Schweiz, „und an Ostern wären wir fünf Tage in die Slowakei gefahren, doch Corona hat uns leider einen Strich durch die Rechnung gemacht“sagt Willi Rösler. Während Franziska Rösler 30 Jahre im Kirchenchor sang und der Narrenzunft seit ihrer Gründung 1981 die Treue hält, ist ihr Mann eher daheim anzutreffen. Liebevoll pflegen sie ihren schönen großen Garten. Vor allem der Gemüseanbau ist ihr großes Hobby, während er sich um alles Handwerkliche kümmert.
Geplant war für das große Fest ein zweitägiger Familienausflug ins Taubertal, auch dieser musste wegen Corona abgesagt werden. Ein kleines Fest soll es an diesem besonderen Datum aber trotzdem geben: Die Familien der sechs Kinder mit zehn Enkel und vier Urenkeln wollen ein Etappenfest machen: Jeweils zum Frühstück, Mittagessen, Kaffee und Abendessen kommt immer ein anderer Teil der Familie und feiert bei ausreichendem Abstand mit dem Jubelpaar.
Gefragt nach einem Rezept für 60 glückliche Ehejahre lächeln sich beide lange an, dann fällt Franziska Rösler ein: „Der Humor ist wichtig, man muss zusammen lachen können. Und man muss auch mal nachgeben können.“Willi Rösler nickt zustimmend und strahlt seine Frau an.