Rechtsmittel gegen Urteile im Mafia-Prozess eingelegt
Staatsanwaltschaft hält Urteil für „zu milde“
SCHWARZWALD-BAAR-KREIS (sbo) - Wird es beim Mafia-Prozess doch noch weiter gehen? Nach der Verurteilung gegen die beiden verbliebenen Angeklagten am 99. Verhandlungstag vor dem Landgericht Konstanz haben sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Verteidigung Revision eingelegt.
Damit sind die Urteile gegen die Führungsfigur der italienischen Drogenbande Nicolo M. (51) und seinen Sohn Giacomo (27) noch nicht rechtskräftig. Dies berichtet das Landgericht auf Anfrage.
Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann erklärte im Gespräch mit unserer Zeitung, dass ihm beide Urteile viel zu milde erscheinen. Speiermann: „Bei Nicolo M. überraschte insbesondere die Kehrtwendung beim Tötungsvorsatz, nachdem die Kammer zuvor sogar zweimal die Einschätzung der Staatsanwaltschaft teilte und sich insbesondere nach dem Augenschein nichts Neues ergab.“Der 51-Jährige hatte einen Anschlag auf eine Gaststätte in Hüfingen verübt, indem er fünf Mal durch die Scheibe in das Lokal feuerte. Ein Gast sowie der Wirt, die trotz der frühen Morgenstunden noch in der Gaststätte waren, kamen mit dem Schrecken davon.
Bis zuletzt blieb nicht gänzlich geklärt, ob M., der zum Tatzeitpunkt alkoholisiert war und sich zum Tatort hatte chauffieren lassen, ahnen konnte, dass in dem Lokal noch Leute sitzen. Nur dies, so der Vorsitzende
Richter Arno Hornstein bei der Urteilsverkündung, würde eine Verurteilung wegen versuchten Mordes rechtfertigen. Da die Kammer nicht von der Tötungsabsicht überzeugt war, blieb es in diesem Fall bei einer Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz.
Dem Geschäftsmann M., der in Donaueschingen wohnte, wurde außerdem vorgeworfen, beim schwunghaften Handel der Drogenbande als Organisator im Hintergrund mitbeteiligt gewesen zu sein. In diesem Zusammenhang kritisiert die Staatsanwaltschaft insbesondere den Freispruch in zwei Fällen, bei dem es um die Einfuhr von 20 Kilogramm Haschisch und 50 Kilogramm Marihuana ging. „Hier werden wir die schriftlichen Gründe genau prüfen“, so Speiermann.
„Aber auch ohne diese beiden Taten hätte die Kammer für die verbliebenen Betäubungsmittel-Taten durchaus eine zweistellige Strafe verhängen können, insbesondere bei einem bis zuletzt vehement bestreitenden Angeklagten“, bekräftigt der Oberstaatsanwalt. Das Einlegen der Rechtsmittel war allerdings seine letzte Diensthandlung – Speiermann ist mittlerweile in Pension.
Rechtskräftig verurteilt ist derweil der Gastronom Placido Anello (acht Jahre und zehn Monate). In seinem Fall wurden keine Rechtsmittel eingelegt. Das Bandenmitglied Giovambattista S. hat derweil nach Angaben des Landgerichts ebenfalls Revision gegen sein Urteil eingelegt (acht Jahre und drei Monate).