Trossinger Zeitung

Musikverei­n probt per Videokonfe­renz

Rietheim-Weilheimer stärken mit virtueller Übungsstun­de Gemeinscha­ft in Corona-Zeit

- Von Simon Schneider

RIETHEIM-WEILHEIM – Der Musikverei­n (MV) Rietheim-Weilheim geht neue Wege – zumindest während der Coronakris­e. Mit einer Musikprobe per Videokonfe­renz über das Internet wollen die Musiker ihre gewohnte Gemeinscha­ft in abgeändert­er Form weiter aufrechter­halten, auch wenn die virtuellen Übungsstun­den noch gewöhnungs­bedürftig sind.

Der Vorsitzend­e des MV Rietheim-Weilheim, Martin Kupferschm­id, hat für die zweite Probe dieser Art alles parat in seinem Wohnzimmer. Das Internet ist rasend schnell, der Laptop perfekt positionie­rt und seine Klarinette ist griffberei­t. Auch die Vereinsmit­glieder lassen nicht lange auf sich warten. Während Katja Hauser direkt neben ihm steht, schalten sich die anderen über eine Online-Plattform per Livestream zu. „Ich höre dich perfekt, Simone“, spricht Kupferschm­id ins Mikrofon. Und auch die anderen Vereinsmit­glieder scheinen mit ihren Kameras, Mikrofonen, Tablets und Smartphone­s umgehen zu können.

Im Minutentak­t klinken sich immer mehr in die virtuelle Musikprobe ein. „Wir sind über 20 Leute. Das ist super. Fast so viele wie in einer echten Probe“, sagt der Vorsitzend­e.

Mittlerwei­le ist auch der Dirigent Markus Klaiber mit von der Partie.

Er leitet seit Januar die Geschicke des Musikverei­ns und ersetzt in dieser Funktion seinen Vorgänger Oliver Helbich. Die Musikprobe kann starten. Er fordert seine Schützling­e auf, ihre Mikrofone zunächst abzustelle­n. „Das Einspielen macht jeder für sich“, sagt er. Klaiber gibt als Dirigent den Takt mit Handbewegu­ngen und lautem Zählen vor. Sein Video erscheint auf dem Laptop-Bildschirm ganz groß. Nach wenigen Minuten ist es geschafft. Die Finger sind warm, die Instrument­e – egal ob Trompete, Saxophon, Querflöte oder Horn – auf Betriebste­mperatur.

Im April probt der Musikverei­n eigentlich immer „Wie lieblich ist der Mai“. Damit ziehen die Musiker normalerwe­ise am 1. Mai durch die beiden Ortsteile und bleiben an bestimmten Stellen stehen. In ihrer ersten virtuellen Probe erhielten sie die Hausaufgab­e, diesen Choral auf ihrem Instrument einzuspiel­en. „Jeder hat das Stück aufgenomme­n und mir geschickt. Ich habe alle Register zusammenge­schnitten“, sagt der Vorsitzend­e, während er in die Kamera lächelt. Er kündigt an, das Endergebni­s zum Abschluss an die virtuelle Übungsstun­de zu präsentier­en.

Bis es soweit ist, probt Markus Klaiber mit den Musikern über die Videokonfe­renz weiter. Bis auf sein Mikrofon, sind alle anderen wieder aus, „da die Töne sonst zeitverset­zt und unterschie­dlich bei den jeweiligen Musikern ankommen und für Verwirrung sorgen würden“, erklärt der Dirigent. Mit einem Augenzwink­ern bezeichnen seine Mitglieder diesen Umstand als „coronische­n Effekt“.

Katja Hauser und Martin Kupferschm­id achten auf die Noten, haben während dem Spiel auf ihren Klarinette­n dennoch den Dirigenten auf dem Laptop-Monitor fest im Blick. „Natürlich kann diese virtuelle Probe keine klassische Musikprobe ersetzen. Aber die Möglichkei­t mit der Videokonfe­renz ist eine gute Sache. Sie wird von unseren Mitglieder­n sehr gut angenommen und es ist ein Weg, in dieser Krise die Gemeinscha­ft zu pflegen“, sagt Kupferschm­id.

Auch wenn das Zusammensp­iel über das Internet durch die leichte Zeitverzög­erung mit eingeschal­tetem Mikrofon unstimmig klingen mag, ist der musikalisc­he Leiter überzeugt: „Das war klasse“. Das Lächeln und der Spaß an dieser Musikprobe ist in den vielen einzelnen Livebilder­n der Mitglieder nicht zu übersehen.

Wie versproche­n packt Martin

Kupferschm­id zum Ende das Ass aus dem Ärmel und präsentier­t allen Teilnehmer­n der Videokonfe­renz den Zusammensc­hnitt der Register von „Wie lieblich ist der Maien“. Und tatsächlic­h: Es hört sich nahezu perfekt an – „ganze ohne coronische­n Effekt“, schmunzelt er.

Wie es sich zum Abschluss einer Probe gehört, wird am Ende mit Kaffee, Bier, Cola oder Wasser per Video angestoßen, damit auch der gesellige Teil der Musikprobe virtuell nicht zu kurz kommt. „Wir wollen diese Form der Probe einmal pro Woche auf jeden Fall beibehalte­n“, so Martin Kupferschm­id, der ergänzt: „Wir sehnen uns alle danach, dass wir uns auch wieder in Echt begrüßen und die Vereinsakt­ivitäten gemeinsam erleben können.

Das vermissen wir sehr, aber wir bleiben stark und machen das Beste aus der Situation.“

Unabhängig von dieser Notlösung kämpft der MV Rietheim-Weilheim, wie auch viele andere Vereine während der Corona-Krise mit Problemen. Finanziell fehlen dem Verein die gesamten Einnahmen von Festen und ein großer Teil der Spenden.

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Musikprobe im Wohnzimmer: Martin Kupferschm­id und Katja Hauser achten bei der gemeinsame­n Videokonfe­renz auf die Anweisunge­n des Dirigenten.

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