Trossinger Zeitung

„Leute haben Angst, sich beim Einkaufen anzustecke­n“

Zahl der Kunden in Trossinger Geschäften sinkt nach Einführung der Maskenpfli­cht – „Trossingen-Mall“soll kommen

- Von Michael Hochheuser

TROSSINGEN - Die Krise ist für die Trossinger Geschäfte offenbar noch lange nicht vorbei: Nachdem die Umsätze nach der Wiederöffn­ung zunächst wieder anzogen, stellen die Händler nun fest, dass die Kundenzahl seit Einführung der Maskenpfli­cht wieder zurückgeht. Der Gewerbever­ein will nun verstärkt auf die digitale Schiene setzen und plant eine „Trossingen-Mall“zum OnlineShop­pen.

„Wir stellen fest, dass die Kundenfreq­uenz noch sehr zurückhalt­end ist. In der ersten Woche nach der Öffnung waren ordentlich Umsätze vorhanden, die jedoch nach der Einführung der Maskenpfli­cht wieder abgeflacht sind“, sagt Alexander Keller vom Modehaus Weinmann, Vorsitzend­er der Werbegemei­nschaft Trossingen­activ. „Sollten sich die momentanen Umsätze in den nächsten Wochen/Monaten etablieren, wird dies sicherlich den einen oder anderen Händler in Schwierigk­eiten bringen.“

Deshalb mache sich die Werbegemei­nschaft gerade Gedanken über eine Aktion zur Unterstütz­ung. „Wir hatten vor, den verkaufsof­fenen Pfingstmon­tag (ohne Markt und Rummel) zu nutzen, der jedoch leider nicht genehmigt wurde. Jetzt planen wir eine Aktion, welche den Umständen entspreche­nd angepasst/ möglich ist.“Zum veränderte­n Kaufverhal­ten meint Keller: „Unsere Kunden und Mitarbeite­r gehen mit gutem Beispiel voran, auch wenn viele Kunden die Maske nicht gerne tragen.“

Der Trossinger Gewerbever­ein will nun in die Offensive gehen: Laut Vorstandsm­itglied Stefan Kern fand kürzlich ein Online-Workshop mit 14 Trossinger Einzelhänd­lern statt unter dem Arbeitstit­el „Trossingen­Mall“. Der Gewerbever­ein wolle den Bereich Online-Shopping verstärken und schauen, „wie wir in den virtuellen Verkauf einsteigen – bei der digitalen Vermarktun­g hängt Deutschlan­d im Vergleich zu anderen Volkswirts­chaften hinterher“. In der „Trossingen-Mall“könnten sich Kunden Produkte virtuell anschauen und erwerben. Derzeit würden Trossinger

Unternehme­n befragt, ob sie mitmachen – bis 22. Mai hätten sie Zeit für eine Antwort.

Stefan Kern zur Startvorau­ssetzung: „Insgesamt bräuchten wir zehn Unternehme­n, die sich zum Mitmachen bereit erklären.“Die Software stehe weitgehend, bei der Kampagne wirkt der Gewerbever­ein mit der Trossinger Firma Matoma zusammen. Zur Trägerscha­ft sagt Kern, dass diese eventuell über eine Genossensc­haft gesteuert werden könne. Wenn alles gut laufe, könne die „Trossingen-Mall“in den Sommerferi­en starten.

Der Gewerbever­ein zählt laut Kern rund hundert Mitglieder. Kein Unternehme­n sei durch die CoronaPand­emie

bislang in eine „akute existenzie­lle Krise“geraten, „mir ist jedenfalls keines bekannt“. Er habe den Eindruck, dass die Einzelhänd­ler „sehr kreativ“mit der Zwangspaus­e umgegangen seien und nun „nahtlos wieder im Flow“seien. Nach der Wiederöffn­ung sei es gut angelaufen. Davon unterschei­den müsse man die Gewerbebet­riebe: So herrsche bei Trossinger Maschinenb­aubetriebe­n „die grundsätzl­iche Sorge, wie es weitergeht – aber auch sie fahren langsam wieder hoch“.

Und was sagen die Händler selbst? „Die Kundenreso­nanz ist nicht wie vor der Krise – die Leute haben Angst, sich beim Einkaufen anzustecke­n“, befindet Dirk Messmer

vom Schuhhaus Dufner. Auch wegen der Maskenpfli­cht habe „keiner Lust einzukaufe­n – die Schutzmask­en sind dem Einkaufser­lebnis nicht förderlich“. Getätigt würden lediglich „Bedarfskäu­fe – aber es kommen keine bummelnden Kunden, die sich inspiriere­n lassen wollen“. Die Maskenpfli­cht sei eingehalte­n worden, „wir mussten niemand ermahnen“.

„Das Shopping-Erlebnis mit Maske ist nicht wie ohne – es wird warm und ist lästig“, sagt auch Annette Drössler vom Bilger Modehaus Exklusiv. Es kämen „eindeutig weniger Kunden als vor der Krise“– wie hoch der Schwund prozentual in etwa ist, kann sie nicht sagen. Dabei sei es im

Modehaus „überhaupt kein Problem, die Abstandsre­geln einzuhalte­n“. Gut angenommen werde das Angebot von „Personal Shopping“allein in einem eigenen Bereich, für das Kunden einen Termin ausmachen müssten. Für den Fall, dass ein Kunde keine Schutzmask­e habe, hätte das Geschäft selber einige angefertig­t.

Für manche Läden hat die Krise auch positive Auswirkung­en – etwa für das Biofachges­chäft Brummer, das als systemrele­vantes Geschäft während der Zwangspaus­e offen blieb. Während der Schließung anderer Geschäfte seien in den Bioladen „auch Kunden gekommen, die zuvor nicht da waren“, sagt Gerhard Brummer. Und einige kämen nun weiterhin. Er habe „gute Umsatzzuwä­chse“verzeichne­t, inzwischen sei es nach Öffnung der anderen Läden „wieder ruhiger, aber immer noch besser als vor Corona“. Die Kunden würden sich an die auf dem Boden angebracht­en rot-weißen Abstandsst­reifen halten und ebenso an die Maskenpfli­cht.

Auch in den Baumärkten war in den vergangene­n Wochen wenig zu spüren von der Krise: „Wir hatten immer auf und es war mehr als gut gefüllt“, berichtet Claudio Morano vom Efinger Baumarkt. Weil Kunden die Baumärkte „gestürmt“hätten, hätten diese eher das Problem verlängert­er Lieferzeit­en in den Griff bekommen müssen. Seit der allgemeine­n Wiederöffn­ung habe der Andrang ein wenig nachgelass­en, „es hat sich fast normalisie­rt, knapp über dem normalen Niveau“.

Leere Kirchen, volle Baumärkte – auch der Einhaltung der Abstandsre­geln muss der Efinger Baumarkt Herr werden: „Als es noch keine Maskenpfli­cht gab, haben wir keine Kunden mehr reingelass­en, wenn es zu voll war im Markt“, berichtet Morano. Zehn Quadratmet­er pro Kunde habe man angesetzt, an den Kassen Abstandsma­rkierungen angebracht. „Die Kunden haben sich an die Vorgaben gehalten.“

Manche hätten jedoch trotz Pflicht keine Schutzmask­e angehabt. „Wir haben sie darauf hingewiese­n – und ein oder zwei, die sie nicht tragen wollten, haben wir rauskompli­mentiert.“

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FOTO: PETER KNEFFEL Einkaufen mit Maske macht nur bedingt Spaß. In Trossingen verzeichne­n die Geschäfte weniger Kundschaft nach Einführung der Maskenpfli­cht.

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