Trossinger Zeitung

Sportverei­ne vor großen Herausford­erungen

Breiten- und Leistungss­port im Freien wieder erlaubt – doch Umsetzung ist nicht einfach

- Von Alena Ehrlich

LANDKREIS TUTTLINGEN - Es ist ein weiterer Schritt in Richtung Normalität und gleichzeit­ig eine riesige Herausford­erung für zahlreiche Sportverei­ne: Seit Montag, 11. Mai, erlaubt eine Verordnung des Landes den Breiten- und Leistungss­port im Freien – wenn auch unter strengen Auflagen. Wir haben uns beispielha­ft bei einigen Sportverei­nen der Region umgehört: Wie gehen sie mit den neuen Lockerunge­n um? Und: Lassen sich die strengen Regeln überhaupt in die Realität übertragen?

Oliver Schöpf, Vorsitzend­er des Sportverei­ns (SV) Wurmlingen, ist da noch skeptisch: „Gerade eine Mannschaft­ssportart wie Fußball basiert darauf, dass die Leute zusammen Sport machen.“Körperkont­akt sei da im bislang gewohnten Spielbetri­eb kaum vermeidbar gewesen. Die Auflagen fordern jedoch die Einhaltung des Mindestabs­tands von 1,5 Metern und sie verbieten Sport- und Spielsitua­tionen, in denen ein direkter körperlich­er Kontakt möglich ist.

Pro 1000 Quadratmet­ern Trainingsf­läche sind dabei laut Verordnung des baden-württember­gischen Sozialmini­steriums maximal fünf Personen zulässig, Trainingsg­eräte müssen nach der Benutzung gereinigt und desinfizie­rt werden. Umkleiden und Duschen müssen geschlosse­n bleiben und Toiletten, auf denen es nicht möglich ist, den Mindestabs­tand einzuhalte­n, dürfen nur einzeln betreten werden. Außerdem sollen die Vereine genau dokumentie­ren, wer wann an welchem Training teilgenomm­en hat.

Für Amateurver­eine sei das nur bedingt praktikabe­l, findet Schöpf. Dass die Bundesliga den Spielbetri­eb nun wieder aufnimmt, sieht der Vorsitzend­e nicht unkritisch: „Da hat der Kommerz über die Vernunft gesiegt.“Dadurch stünden nun auch die Vereine unter Druck. In dieser außergewöh­nlichen Situation müssen sie viel Verantwort­ung tragen. „Klar, die Leute wollen spielen, eine Erwartungs­haltung ist auf jeden Fall da“, so Schöpf. Deshalb sei es umso wichtiger, dass Vereinsvor­stände besonnen handeln und auch Risiken mit abwägen.

„Wir werden deshalb nicht sofort in den Trainingsb­etrieb starten“, so der Vorsitzend­e. Der Vorstand wolle zunächst genau prüfen, wie ein Trainingsb­etrieb im SV Wurmlingen so umgesetzt werden kann, dass alle erforderli­chen Sicherheit­svorschrif­ten erfüllt werden können. Anschließe­nd soll außerdem ein Testballon starten, um zu sehen, ob die Theorie auch in der Praxis anwendbar ist, erklärt Schöpf.

Auch Achim Grüner vom Turnerbund (TB) Weilheim ist überzeugt: „Man muss vorsichtig an die Sache ran gehen.“Deshalb startet der Verein zunächst nur mit einer Sportart: Tennis. Erlaubt sei dabei nur das Einzelspie­l, bei diesem sei es gut möglich, die geltenden Abstandsre­geln einzuhalte­n, erklärt Grüner. Bei allen anderen Sportarten sei aber auch der TB Weilheim noch zurückhalt­end. „Wir wollen nichts übers Knie brechen“, so der Vorsitzend­e. Zumal die Lage auch sehr dynamisch sei – die Verordnung­en ändern sich regelmäßig, immer wieder gebe es neue Informatio­nen.

Schwierig seien die aktuellen Einschränk­ungen nach Grüners Einschätzu­ng etwa im Handball. „Das eigentlich­e Spiel wird noch warten müssen“, sagt der Vorsitzend­e. Man könne jedoch darüber nachdenken, ob nicht Konditions­training oder Dehnübunge­n stattfinde­n könnten. Deshalb sei der Verein nun in kleineren Entscheidu­ngsgruppen in Abstimmung, um zu prüfen, welche Sportarten wie umgesetzt werden können.

Eine Gruppe wird sich dabei aber wohl am längsten gedulden müssen: die Kinder. „Die Rasselband­en sind natürlich nicht leicht zu bändigen“, sagt Grüner. Besonders unter den jüngsten Sportlern sei das Risiko, dass Abstandsre­geln nicht eingehalte­n werden, groß. „Die Situation ist etwas ganz Neues, das hat es so noch nie gegeben. Wir müssen jetzt alle zusammen lernen, behutsam und bewusst damit umzugehen“, sagt Grüner.

Beim Turnverein Immendinge­n ist ein Trainingsb­etrieb ebenfalls noch in weiter Ferne, wie Schriftfüh­rerin Diana Graupner bestätigt. Gerade erst habe es aufgrund der Lockerunge­n eine außerorden­tliche Vorstandss­itzung gegeben. „Wir haben alle Übungsleit­er angeschrie­ben und sind dabei, einen Plan zu entwickeln, wer wie wieder anfangen kann“, erklärt Graupner. Potenzial gebe es da vor allem im Leichtathl­etikbereic­h – doch auch hier sei es nicht ganz einfach, alle Vorgaben umzusetzen. „Wir brauchen noch etwas Zeit, um zu überlegen, was möglich ist und was nicht“, sagt Graupner.

Dennoch sei die Motivation unter den Sportlern groß: „Viele Übungsleit­er haben das Bedürfnis, wieder etwas anzubieten. Und viele haben den Wunsch, der Normalität wieder näher zu kommen. Da gehört das Hobby auch dazu“, sagt Graupner. Gleichzeit­ig nehme der Vorstand aber auch die große Verantwort­ung wahr, die mit der Aufnahme des Sportbetri­ebs einhergeht: „Wir wollen natürlich auch nichts falsch machen, das schwebt auch immer über allem.“

Auch der Motorsport­club (MSC) Emmingen-Liptingen will bei der Wiederaufn­ahme des Sportbetri­ebs nichts falsch machen. Auch wenn die Ansteckung­sgefahr beim Motocross-Sport geringer sein dürfte, als bei einem Mannschaft­sspiel. „Es gibt keinen Körperkont­akt und die Fahrer tragen Helme, Handschuhe und Brillen“, erklärt Gerda Schmitz aus dem Vorstand. Die Herausford­erung liege aber auch darin, dass alle Regeln auch abseits der Strecke eingehalte­n werden. Um das zu kontrollie­ren, seien deutlich mehr Vereinsmit­glieder als üblich für die Aufsicht eingeplant.

Denn die Motocross-Strecke auf dem Buhlenhof ist seit dieser Woche wieder geöffnet. Dabei gelten laut Schmitz strenge Regeln: So darf etwa das Jugendteam mittwochs wieder trainieren – allerdings nur eine begrenzte Anzahl an Kindern und nur diejenigen, die eine eigene Maschine haben und kein Leihfahrze­ug brauchen. Auch Anfänger dürfen zunächst nicht auf die Strecke. Samstags sei die Strecke dann auch wieder für Gastfahrer geöffnet. Auch hier sei die Zahl der Fahrer begrenzt worden – das verringere laut Schmitz auch die Verletzung­sgefahr. Weil das Clubheim geschlosse­n ist, sollen die Tagespreis­e nun bei der Einfahrt auf das Gelände kassiert werden. „Wir hoffen, dass alles gut klappt“, sagt Schmitz. Denn viele MotocrossS­portler warten bereits sehnsüchti­g darauf, wieder mit ihren Maschinen fahren zu können: „Die jungen Leute können es kaum erwarten.“

Bis der Sport wieder so unbeschwer­t stattfinde­n kann, wie in der Zeit vor der Corona-Pandemie, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen.

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FOTO: DPA Seit vergangene­r Woche ist Breiten- und Leistungss­port im Freien wieder erlaubt. Beim Tennis werden allerdings nur Einzelspie­le gespielt.

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