Gastronomen haben Angst vor Strafen
Wirte kritisieren, das Hygienekonzept sei allgemein viel zu wenig bekannt
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Nicht jeder Gastronom knipste diese Woche das Licht wieder an. „Öffnen ist für uns teurer als weiterhin schließen“, heißt es mancherorts. Inhaber oder Servicepersonal müssen mit der Wiedereröffnung viele Vorgaben der Corona-Hygienevorschriften beachten. Groß sind Unsicherheiten und die Angst davor, bei Verstößen Strafen zahlen zu müssen. Doch die Stadt beschwichtigt: „Wir kommen sicher nicht mit der Keule.“
Klaus Fehrenbach ist einer der Gastronomen, der den Schritt wagt und sein Café Villa in Villingen nach acht Wochen wieder an den Start lässt, wenn auch mit gemischten Gefühlen. Die Vorschriften sind ihm viel zu vage, und die Gäste, ergänzt er, wüssten überhaupt nicht, unter welchen Voraussetzungen die Gastronomen wieder öffnen durften. Was das Hygienekonzept beinhalte, sei allgemein viel zu wenig bekannt.
Vorgabe ist nicht nur, dass Inhaber oder Servicepersonal jeden Gast zum Tisch führen müssen, da die Eineinhalb-Meter-Abstände akkurat einzuhalten sind. Gastronomen müssen auch die Personalien ihrer Gäste aufnehmen für den Fall, dass ein Café-oder Restaurantbesucher krank werden sollte; zudem müssen diese auf einer Liste eintragen, wann sie das Lokal betreten haben. Die Daten sollen einen Monat aufbewahrt werden. Was, wenn Gäste nicht mitziehen und sich weigern, persönliche Daten preiszugeben? „Dann gibt es kein Getränk, kein Essen“, heißt die Ansage aus der Branche.
Gäste auf Desinfektionsmittel hinweisen, Personalien aufnehmen: Auch für Guiseppe Garofalo fing der Tag im Sudhaus in Villingen anders
ANZEIGE als gewohnt an. Eigentlich ist er ganz zufrieden: „Ich habe es mir schlimmer vorgestellt.“Aufatmen kann er auch aus anderem Grund: Der Vermieter habe sich kulant gezeigt und ihm angeboten, die Miete deutlich zu reduzieren. Nicht jeder Gastronom hat diese Erfahrung gemacht.
Wo sich früher Gäste eng an eng den Bereich aufteilten, fallen sofort die Lücken, Markierungslinien und Schilder ins Auge: Von Tischkante zu Tischkante müssen es eineinhalb Meter sein. Für Inhaber bedeutet dies im Schnitt ein Drittel weniger Plätze und weniger Einnahmen.
Auch für Klaus Fehrenbach sieht die Rechnung eher ernüchternd aus: Draußen können nur zehn Plätze belegt werden, früher waren es an die 30 Plätze, und im Innern verteilen sich auf den großzügig bemessenen Café-Raum gerade mal knapp 20
Gäste, statt der üblichen 60, um eine Latte Macchiato zu trinken oder einen Toast zu essen. Kann man so auf Dauer überleben? Klaus Fehrenbach meint: „Es wird hart.“
Michael Steiger, Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes im Kreisgebiet, meinte unlängst, ein gutes Drittel der Betriebe werde die Krise wohl nicht überleben. Neben existenziellen Sorgen plagt die Gastronomie noch eine andere Angst. Was passiert, wenn ein Gast sich nicht an die Vorgaben hält? Was käme auf Café- oder Restaurantbesitzer zu, wenn gegen Hygienevorschriften verstoßen würde? Ein spezieller Bußgeldkatalog für die Gastronomie gibt es noch nicht. Die Strafen bei Verstößen gegen das Infektionsschutzgesetz können aber saftig werden. Zwar spielt sich das Ahnden von Verstößen (zum Beispiel
das Nichteinhalten von Abständen) im niederen vierstelligen Bereich ab, doch im Wiederholungsfall können Beträge in Höhe von bis zu 25 000 Euro fällig werden.
Wie handhabt das Bürgeramt etwaige Verstöße, gerade in der Startphase? Sicherlich seien die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes in den Innenstädten unterwegs und schauen auch auf die Gastronomiebetriebe, erläuterte Oxana Brunner, Pressesprecherin der Stadt. Beim ersten Verstoß werde man versuchen, im Gespräch gemeinsam eine Lösung zu finden. „Mit der Keule kommen wir sicherlich nicht.“Aber „als Bürgeramt sind wir nun mal verantwortlich dafür, dass die Regeln eingehalten werden“. Die Stadt werde alles tun, um offene Punkte zu klären und die örtlichen Betriebe generell unterstützen.