Trossinger Zeitung

Knatsch um Krisenpoli­tik

Opposition wirft der grün-schwarzen Landesregi­erung Versagen vor

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STUTTGART (lsw) - Während die Zahl der Infizierte­n im Land zurückgeht, nimmt der Streit um die Corona-Politik gehörig an Fahrt auf: FDP und SPD werfen der Landesregi­erung Chaos und Versagen im Umgang mit der Krise vor. Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n verteidigt­e am Mittwoch im Landtag sein Krisenmana­gement. „Ich kann da überhaupt kein Chaos erkennen“, sagte der Grünen-Politiker. Die Regierung arbeite in der Krise sieben Tage durch, habe in kurzer Zeit komplexe Regelungen getroffen und diese auch verständli­ch erklärt. Es gebe keine Blaupausen für eine solche Krise, da laufe eben nicht alles nach Plan und ohne Widersprüc­he. Aber man habe mit schnellem Handeln einen schlimmere­n Verlauf der Pandemie abwenden können.

Die Opposition nutzte die Landtagssi­tzung für eine Generalabr­echnung mit der Regierungs­arbeit. Demonstrat­ionen von Wutbürgern und das derzeitige Blühen von Verschwöru­ngstheorie­n

seien nicht verwunderl­ich angesichts der Widersprüc­hlichkeit, Zerstritte­nheit und Inkompeten­z des Regierungs­handelns, betonte FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke (Sebastian Gollnow/dpa). Auf den Demonstrat­ionen gebe es nicht nur Verschwöru­ngstheoret­iker, sondern auch Menschen aus der Mitte der Gesellscha­ft, die sich Sorgen machten und deren Motive man nicht infrage stellen sollte. Zielsetzun­g der Corona-Politik könne nicht allein sein, sich danach auszuricht­en, dass sich möglichst keiner mehr infiziere und an dem Virus sterbe. Es gebe auch andere Opfer der Pandemie, etwa Menschen, deren wirtschaft­liche Existenz vernichtet werde.

Der Gastronomi­e werde ein millionens­chweres Hilfsprogr­amm von der CDU versproche­n, das die Grünen dann blockierte­n – Rülke sprach von „Hahnenkämp­fen einer zerstritte­nen Koalition auf dem Rücken einer Branche“. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) sei zudem für ein „Desaster“mit Blick auf die Vorbereitu­ngen des Kita-Neustarts verantwort­lich.

Von der schrittwei­sen Öffnung der Kitas seit Montag konnten längst nicht alle Eltern profitiere­n. Eisenmann warb im Landtag um Geduld. Viele Eltern schrieben ihr derzeit, dass sie Angst hätten, ihr Kind derzeit in die Schule und die Kita zu schicken, sagte die CDU-Politikeri­n. „Corona ist halt leider nicht weg.“Man müsse differenzi­ert vorgehen. Zudem machten sich auch Erzieher Sorgen wegen des Virus. Die Träger gingen von 40 Prozent aus, die zur Risikogrup­pe gehörten – die könne sie nicht zwangsverp­flichten, sagte Eisenmann.

SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch forderte eine Strategie von der Landesregi­erung.

Entscheidu­ngen bräuchten einen verantwort­baren Vorlauf. Die negativen Folgen müssten so gering wie möglich gehalten werden. Widersprüc­he in der Corona-Politik führten zu schwindend­er Akzeptanz der Maßnahmen.

Die Regierung habe eben schwierige Abwägungsf­ragen treffen müssen, rechtferti­gte sich Kretschman­n. „Hinterher werden wir wissen, was wir hätten anders tun können.“Man habe die Maßnahmen von vornherein abgewogen – deshalb habe es auch keinen scharfen Lockdown hierzuland­e gegeben. Und: Man sei sich klar, was die Maßnahmen bedeuteten. „Allein die Schulden, die wir jetzt auftürmen müssen“, sagte er mit Blick auf ein 1,5 Milliarden Euro schweres zweites Corona-Hilfspaket. „Das machen wir höchst skrupulös. Es gibt auch ein Leben nach der Krise. Und jede Milliarde, die wir ausgeben, wenn sie nicht wirkt – das werden wir nachher zu Recht vorgehalte­n bekommen.“

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Hans-Ulrich Rülke

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