Trossinger Zeitung

Rechtsaufs­icht und GPA sollen Ungereimth­eiten aufklären

Von acht fehlenden Gemeindera­ts-Protokolle­n sind digitale Mitschrieb­e verschwund­en

- Von Frank Czilwa

SPAICHINGE­N - Um, so Bürgermeis­ter Markus Hugger, „Schaden von der Stadt abzuwenden“, habe er sich an die Rechtsaufs­ichtsbehör­de gewandt, um fehlende Gemeindera­tsprotokol­le während der Amtszeit seines Vorgängers Hans Georg Schuhmache­r zu prüfen, gab Bürgermeis­ter Markus Hugger in der Gemeindera­tssitzung am Montag bekannt. Er möchte auch die Gemeindepr­üfanstalt einschalte­n.

Von 1. Juli 2019 nis 17. Februar 2020, so legte Bürgermeis­ter Hugger dem Gemeindera­t dar, gab es 21 Sitzungen des Gemeindera­ts. Davon lägen vier unterzeich­nete Protokolle vor, und zwar für die Sitzungen am 15. Juli, 25. November, 9. und 16. Dezember; neun weitere Protokolle lägen im Entwurf vor, seien aber nicht unterzeich­net. Protokolle werden laut Geschäftso­rdnung vom Vorsitzend­en – also in der Regel dem Bürgermeis­ter –, von zwei Gemeinderä­ten, die an der Verhandlun­g teilgenomm­en haben, und vom Schriftfüh­rer unterzeich­net. Ist kein besonderer Schriftfüh­rer bestellt, unterzeich­net der Vorsitzend­e als „Vorsitzend­er und Schriftfüh­rer“.

Von weiteren acht Sitzungen lägen bis heute keine Protokolle vor. Von einzelnen Sitzungen seien einzelne Tagesordnu­ngspunkte protokolli­ert worden.

„Es ist schwierig, wie man mit so einer Situation umgeht“, so Hugger, „und so etwas letztendli­ch auch heilt“. – „So ein Fall ist mir in meiner kompletten berufliche­n Laufbahn noch nie untergekom­men“, so der Bürgermeis­ter. Jedenfalls stellten die fehlenden Protokolle „ein schweres Versäumnis“dar.

Deshalb möchte er die Gemeindepr­üfanstalt einschalte­n; er werde sich informiere­n, was das koste und dem Gemeindera­t in einer der nächsten Sitzungen einen entspreche­nden Vorschlag machen.

Harald Niemann von Pro Spaichinge­n stellte ausdrückli­ch fest: „Seit der Gemeindera­tswahl 2019 hat die Fraktion Pro Spaichinge­n kein einziges Protokoll übermittel­t bekommen.“Das gelte auch für die vier unterzeich­neten Protokolle. „Wenn wir von der Existenz dieser Protokolle gewusst hätten, hätte ich auch Einsicht genommen“, so Niemann; allein schon um zu sehen, ob die Einwände seiner Fraktion protokolli­ert worden sind. Er frage sich, „ob das Ganze nicht von vorneherei­n so geplant war“.

Leopold Grimm (FDP), der die vorliegend­en Protokolle zusammen mit Stephan Stitzenber­ger (CDU) unterzeich­net und dem Vorsitzend­en zurückgege­ben habe, meinte, Niemann habe ja „einfach mal nachfragen“können. Dagegen verwies Markus Wissmann von Pro Spaichinge­n auf Paragraph 33 der Geschäftso­rdnung des Gemeindera­ts, wonach die Protokolle nicht auf Nachfrage, sondern spätestens innerhalb eines Monats durch Zuleitung je einer Kopie an alle Mitglieder dem Gemeindera­t zur Kenntnis gebracht werden sollen.

Zdenko Merkt (Grüne) fragte, was mit den von den Protokollf­ührerinnen während der Sitzungen angefertig­ten digitalen Niederschr­iften geschehen sei: „Wo sind diese Dinge hingekomme­n? Was ist damit passiert?“Marcel Aulila (FDP) schloss sich dieser Nachfrage an. Von neun Sitzungen, so Bürgermeis­ter Hugger, lägen digitale Gesprächsn­otizen vor, seien aber nicht zur Unterzeich­nung eingereich­t worden.

Acht weitere Sitzungen seien dokumentie­rt, „aber nicht mehr da. Die haben Spaichinge­n verlassen“, so Hugger. Zdenko Merkt schlug vor zu prüfen, ob digitale Dateien gelöscht worden seien und sich eventuell aus Backups rekonstrui­eren lassen. „Da sind wir dran“, so Bürgermeis­ter Hugger.

Alexander Efinger (Grüne) sagte, seine Fraktion habe die fehlenden Protokolle immer wieder moniert, sei aber „lächerlich gemacht“und nicht ernst genommen worden. „Diese kriminelle­n Machenscha­ften des Ex-Bürgermeis­ters“, so Efinger, seien von Teilen des Gemeindera­ts monatelang „toleriert, wenn nicht gedeckt worden“.

Dagegen verwehrte sich Isabella Kustermann (Freie Wähler): „Es ist eine Frechheit zu behaupten, dass einzelne Gemeinderä­te kriminelle Machenscha­ften gedeckt hätten.“

Bürgermeis­ter Hugger versuchte die Wogen wieder zu glätten: Bei allem Verständni­s für aufbranden­de Emotionen sei es wichtig, gemeinsam „eine Ebene zu finden, wie wir nach vorne schauen können“. Alle seien sich ja einig, dass die fehlenden Protokolle ein schwerer Fehler seien, und dass nun eine externe Prüfung angesagt sei. So könnte das Ganze „neutral und ohne Emotionen beleuchtet“werden.

Das Wichtigste sei jedoch, so betonte Hugger, dass der Haushaltsp­lan geprüft, genehmigt und rechtskräf­tig sei.

Richard Wagner (Freie Wähler) berichtete, nachdem er im Januar von den fehlenden Protokolle­n gehört habe, habe er den damaligen Bürgermeis­ter Schuhmache­r darauf angesproch­en. „Herr Wagner, ich bin da schon dran“, habe Bürgermeis­ter Schuhmache­r ihm damals gesagt. Es gäbe in den Protokolle­n noch ein paar „umgangsspr­achliche Redewendun­gen“, die er, Schuhmache­r, so nicht stehen lassen wolle. Er sei zwar „enttäuscht“, so Richard Wagner, dass am Ende von Schuhmache­rs Amtszeit die Protokolle nach wie vor nicht vorliegen. Es gäbe aber nichts zu vertuschen und zu verstecken, ist Wagner überzeugt.

 ?? FOTO: ABRA ?? So sieht seit Amtsantrit­t von Bürgermeis­ter hugger werden die Niederschr­iften der Beschlüsse im Ratsinform­ationssyst­em öffentlich online gestellt.
FOTO: ABRA So sieht seit Amtsantrit­t von Bürgermeis­ter hugger werden die Niederschr­iften der Beschlüsse im Ratsinform­ationssyst­em öffentlich online gestellt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany