Was steckt hinter den Verschwörungsmythen?
Allein die Überschrift würde Tanja Köhler sicher sofort zum Lachen bringen und sie hätte dafür bestimmt auch einen klugen Ausdruck für das hinter dieser Formulierung liegende Erkenntnisinteresse.
Als Sozialpsychologin analysiert sie Interaktionen zwischen Menschen und Gruppen in Veränderungsprozessen von Betrieben, in Konfliktsituationen und versucht dabei immer, die hinter den Haltungen und Aktionen liegenden Persönlichkeitsmuster und Interaktionen zu erkennen. Um dann für die Einzelnen und Gruppen bestenfalls die Perspektive des anderen zu vermitteln und so zu Selbst-Veränderungen und Lösungen zu gelangen. Menschen, die Verschwörungserzählungen glauben, suchen wie alle anderen Menschen auch, in erster Linie nach Orientierung. Jeder schaut für sich nach Erklärungen, die dem eigenen Weltbild nahe kommen und daher schlüssig erscheinen. Ob diese Erklärungen dann auch wirklich stimmen und der Realität auch stand halten, das überprüfen sie nicht mehr, weil sie ja jetzt eine Antwort haben und sich dadurch der ungewissen Situation nicht mehr schutzlos ausgeliefert fühlen. Ein Schuldiger ist ausgemacht. Das reicht.
Leute, die solche Verschwörungsmythen verbreiten – und nur in Ausnahmefällen handelt es sich um den Ausdruck einer psychischen Erkrankung – handelten rhetorisch exzellent, meint Tanja Köhler. Sie präsentieren, oft in Videos, ihre Vorstellungen häppchenweise, ziehen das Gegenüber so in die eigene Gedankenwelt und bauen – oft mit überzeugende Stimme – vermeintliche Logik und Argumentationsketten auf. Gern auch mit dem Mittel von Allgemeinplätzen wie „Trau niemals einem Großkopfeten“, oder „das gemeine Volk wurde schon immer betrogen“und ähnlichem.
Warum aber dominieren solche Erzählungen auch die Gefühlslage der Menschen, die wissen, dass vieles Gesagte weder angemessen noch mit Fakten belegbar ist? Weil, so Köhler, der Mensch dazu tendiere, seine Aufmerksamheit dorthin zu wenden, wo Bewegung ist, und nicht dahin, wo Ruhe ist. Das sagt aber überhaupt nichts aus darüber, wie groß die Bewegung tatsächlich ist. (abra)