Pachtstreit: Gemeinderat stimmt Gerichts-Vergleich zu
Jahrelange Rechts-Auseinandersetzungen bis zum Oberlandesgericht sind vorbei
SPAICHINGEN - Ein über Jahre hinweg reichender Konflikt der Stadt um Pachtflächen ist vorbei: In nicht öffentlicher Sitzung hat der Gemeinderat am Montag mehrheitlich dem Vergleichsvorschlag des Oberlandesgerichts zugestimmt, Pachtflächen, deren Herausgabe der frühere Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher eingeklagt hatte, bis Oktober 2021 im Besitz der Landwirtsfamilie Reichmann zu belassen. Das sagte der neue Bürgermeister Markus Hugger auf Anfrage dieser Zeitung.
Nach dem vom Gericht vorgeschlagenen Termin 2021 werde er den Pachtvertrag mit dem Landwirt bis zum turnusmäßigen Ende der üblichen Zehn-Jahres-Laufzeit aller Landwirts-Pachtverträge verlängern. Das ist bis 2023. Danach wird wieder im ganz normalen Verfahren aller landwirtschaftlichen Flächen und aller Landwirte die Pacht der städtischen Flächen vergeben, so Hugger. Zwar braucht er hierfür formell keinen Ratsbeschluss, ihm sei aber wichtig gewesen, das – überwiegend positiv ausgefallene – Stimmungsbild im Rat einzuholen.
Roland Reichmann selbst musste wegen Befangenheit den Saal verlassen. Er war bei der jüngsten Kommunalwahl in den Gemeinderat gewählt worden. Deshalb hatte das Landratsamt die Stadt bei der Verhandlung vor dem Oberlandesgericht im Januar vertreten (wir haben berichtet).
Der damalige Bürgermeister Schuhmacher hatte der Landwirtsfamilie die städtischen Pachtflächen entziehen wollen – erst über eine einstweilige Verfügung zu einem Betretungsverbot und dann über die Kündigung der Flächen – und mehreren Verhandlungen und Berufungen, von denen eine 2018 wieder zurück gezogen wurde – weil Reichmann Land für ein Gewerbegebiet nicht verkaufen, sondern Ausgleich wollte. Kompliziert war die Sache gewesen, weil Schuhmacher die Nutzung der Flächen auch ohne unterschriebenen Vertrag zunächst geduldet hatte, aber bewusst keine Pachtrechnung geschickt hatte, wie er selber in einer Verhandlung in Rottweil sagte.
Reichmann muss laut Vergleich für die zurück liegenden Jahre Pacht bezahlen und verpflichtet sich, keine Schadensersatzansprüche an die Stadt zu stellen. Dabei geht es um das Abernten von Reichmann-Wiesenflächen durch die Gemeinderäte und Landwirte Staudenmayer und Grimm.
Roland Reichmann und sein Neffe Florian, der zusammen mit dem weiteren Neffen Hannes Reichmann den Hof betreibt, zeigt sich auf unsere Bitte um Stellungnahme erleichtert.
Das wichtigste sei ihm in der Angelegenheit, „dass man wieder fair miteinander umgeht. Fairness ist bei mir hoch geschrieben, auch bei künftigen Baugebieten.“Es gehe nicht, dass man vom Bürgermeister im Alleingang unter Druck gesetzt werde. „Das Problem hätte man nicht gehabt, wenn man geredet und nicht immer nur einen eingeschriebenen Brief bekommen hätte.“Bürgermeister Hugger hingegen habe das Gespräch gesucht. Und auch bei künftigen Fragen um Flächen und Baugebiete müsse man verhandeln. Aber eben reden und nicht drohen.
Florian Reichmann, die nächste Generation, sagte: „Ich bin gottfroh, dass die ganze Streiterei, die Akten, die Briefe, die Telefonate mit dem Rechtsanwalt vorbei sind und Normalität eintritt.“Am Wochenende würden sie das Silagegras von der Viehweide einbringen. Er freue sich sehr, „dass man wieder arbeiten kann und sich nicht dauernd rumdrehen muss, ob ein Bürgermeister Schuhmacher, ein Herr Grimm oder Herr Staudenmayer kommen, dass man ohne Hintergedanken auf die Wiese fahren und wissen kann, dass das Gras noch steht.“
Er bezieht sich auf Vorfälle, als er und sein Bruder gearbeitet haben und Staudenmayer und Schuhmacher die Arbeiten auf der Wiese persönlich stoppen wollten und auch auf mehrere Vorfälle, in denen die Wiesen abgeerntet wurden.