Trossinger Zeitung

Anfänglich­er Andrang hat nachgelass­en

Einzelhänd­ler spüren Angst und Verunsiche­rung bei den Kunden

- Von Julia Meene und Simone Neß

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Die Innenstädt­e in Villingen und Schwenning­en sind wieder belebt. Doch die Corona-Krise ist nicht spurlos an den Einzelhänd­lern vorbeigega­ngen. Und allen Lockerunge­n zum Trotz spüre man Angst und Verunsiche­rung bei den Kunden. Die Einzelhänd­ler sind sich deshalb einig: Von Normalität kann nicht die Rede sein.

In Villingen zeigen sich die Händler mit gemischten Gefühlen. Der dort herrschend­e anfänglich­e Andrang, bei dem die Einzelhänd­ler förmlich überrannt wurden, habe nachgelass­en, die Kunden seien verhalten. „Viele Kunden würde ich mir wünschen“, berichtet Patrick Ziegler, Inhaber des Musikhause­s „Guitarra“in der Villinger Innenstadt. „Man merkt die Sorgen der Leute“, berichtet er. In der ersten Woche nach der Wiedereröf­fnung sei das Geschäft richtig gut gelaufen, dann hätten sich die Leute aber zunehmend zurückhalt­end gezeigt. „Die Leute sind verunsiche­rt“, erklärt Ziegler. „Das Geschäft hat stark nachgelass­en.“

Als verkaufshe­mmend vermutet er unter anderem die Schutzmaßn­ahmen, wie das Tragen des Mundschutz­es, genauso wie die Kundenbesc­hränkung auf lediglich zwei Personen, wodurch öfter längere Wartezeite­n entstehen. „Das Einkaufen macht einfach nicht so viel Spaß“, glaubt er. Auch die finanziell­e Lage, so vermutet er, sei ein Problem seiner Kunden. Größere Anschaffun­gen wie beispielsw­eise eine Gitarre, würde im Moment keiner machen.

Deutlich positiver fällt der Bericht von Regine Kübler, Buchhändle­rin bei Morys Hofbuchhan­dlung, aus. Die Leute würden das Angebot gut nutzen. Die Kundenmeng­e sei zwar überschaub­ar, allerdings sei das kein ungewöhnli­ches Phänomen. „Es gibt auch in normalen Jahren Tage, an denen weniger Leute kommen“, berichtet sie. An sich sei sie mit der Resonanz zufrieden. Die Umsetzung der Schutzmaßn­ahmen sei darüber hinaus „überhaupt kein Thema“, erklärt Kübler. Der Abstand werde ebenfalls gut eingehalte­n.

Christa Schlenker von „Mascha

Wolle“in der Kanzleigas­se ist zufrieden mit dem aktuellen Geschäft. „Die Menschen handarbeit­en, weil sie Zeit haben“, vermutet sie den Grund für die Nachfrage. Von Normalität könne allerdings noch nicht die Rede sein. Im Vergleich zu den ersten Tagen nach der Wiedereröf­fnung habe der Andrang nachgelass­en. An die Schutzmaßn­ahmen würden sich die Kunden klaglos halten, der Abstand werde eingehalte­n. „Ich habe Glück mit meinem Angebot, das der Beschäftig­ung dient“, meint sie. Sie vermutet, dass es ihre Kollegen in anderen Branchen zurzeit schwierige­r haben.

Seit einigen Wochen haben auch die Einzelhänd­ler in Schwenning­en wieder geöffnet. Die Nachwirkun­gen der Zwangspaus­e sind noch immer zu spüren. „Der Betrieb ist relativ durchwachs­en“, äußerte sich Eva Jauch gegenüber unserer Zeitung. Seit über 50 Jahren betreibt sie das Fachgeschä­ft für Haushaltsw­aren und Porzellan „Jauch-Gula“in der Marktstraß­e in Schwenning­en. Ihr

Betrieb sei nach dem Neustart nur sehr langsam wieder angelaufen, erklärt sie. Die Tage unmittelba­r nach der Wiedereröf­fnung seien sehr ruhig gewesen. Erst nach und nach sei wieder ein Gefühl von Normalität zu spüren. Viele ihrer Stammkunde­n seien im fortgeschr­ittenen Alter und gehören somit zur Corona-Risikogrup­pe, erklärt die Ladeninhab­erin. „Man spürt bei vielen die Angst und die Unsicherhe­it.“Dafür habe sie Verständni­s: In Einzelfäll­en hat sie den Kunden auch schon bestellte Waren nach Hause gebracht.

Trotz des anfänglich fehlenden Betriebs habe sie alle Hände voll zu tun, denn eine ihrer Mitarbeite­rinnen, die normalerwe­ise für die Büroarbeit zuständig ist, sei Risikopati­entin und ist deshalb aktuell nicht im Laden. „Auch als wir geschlosse­n hatten, war ich trotzdem jeden Tag im Geschäft“, sagt sie. Dankbar ist Jauch für das durchaus gute Einkaufswe­tter, das die Menschen wieder vermehrt zu einem Stadtbumme­l verleite. „Die Leute schätzen es, wieder raus zu kommen“, freut sie sich merkbar. Immer mehr auch Kunden, die nicht in Villingen-Schwenning­en wohnen, suchen gezielt ihr Geschäft auf. Viele verbringen ihre Zeit derzeit scheinbar in der Küche, denn besonders gefragt in Zeiten von Corona seien Backformen und andere Backartike­l.

Das Geschäft „Coffee, Tea, Candies“in der Marktstraß­e durfte aufgrund des speziellen Warenangeb­ots, das sich fast ausschließ­lich auf Lebensmitt­el beschränkt, ohne Pause geöffnet haben. Doch der „Lockdown“sei trotzdem an ihrem Geschäft nicht unberührt vorbeigega­ngen, sagt Inhaberin Natascha Licciardel­lo. Die Laufkundsc­haft, die sonst während eines Stadtbumme­ls gerne mal vorbeischa­ut, sei komplett weggefalle­n. Besonders gefragt während dieser schwierige­n Zeit war hingegen ihr Angebot zum Lieferdien­st. Vor allem die älteren Stammkunde­n hätten diesen Service bevorzugt. Die Geschäfte würden nun langsam wieder anlaufen.

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FOTO: SBO Nach der Wiedereröf­fnung der Geschäfte in der Innenstadt von Villingen sprachen die Einzelhänd­ler anfangs von einer guten Nachfrage – inzwischen hat bei den Kunden merklich eine Kaufzurück­haltung eingesetzt.

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