Anfänglicher Andrang hat nachgelassen
Einzelhändler spüren Angst und Verunsicherung bei den Kunden
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Die Innenstädte in Villingen und Schwenningen sind wieder belebt. Doch die Corona-Krise ist nicht spurlos an den Einzelhändlern vorbeigegangen. Und allen Lockerungen zum Trotz spüre man Angst und Verunsicherung bei den Kunden. Die Einzelhändler sind sich deshalb einig: Von Normalität kann nicht die Rede sein.
In Villingen zeigen sich die Händler mit gemischten Gefühlen. Der dort herrschende anfängliche Andrang, bei dem die Einzelhändler förmlich überrannt wurden, habe nachgelassen, die Kunden seien verhalten. „Viele Kunden würde ich mir wünschen“, berichtet Patrick Ziegler, Inhaber des Musikhauses „Guitarra“in der Villinger Innenstadt. „Man merkt die Sorgen der Leute“, berichtet er. In der ersten Woche nach der Wiedereröffnung sei das Geschäft richtig gut gelaufen, dann hätten sich die Leute aber zunehmend zurückhaltend gezeigt. „Die Leute sind verunsichert“, erklärt Ziegler. „Das Geschäft hat stark nachgelassen.“
Als verkaufshemmend vermutet er unter anderem die Schutzmaßnahmen, wie das Tragen des Mundschutzes, genauso wie die Kundenbeschränkung auf lediglich zwei Personen, wodurch öfter längere Wartezeiten entstehen. „Das Einkaufen macht einfach nicht so viel Spaß“, glaubt er. Auch die finanzielle Lage, so vermutet er, sei ein Problem seiner Kunden. Größere Anschaffungen wie beispielsweise eine Gitarre, würde im Moment keiner machen.
Deutlich positiver fällt der Bericht von Regine Kübler, Buchhändlerin bei Morys Hofbuchhandlung, aus. Die Leute würden das Angebot gut nutzen. Die Kundenmenge sei zwar überschaubar, allerdings sei das kein ungewöhnliches Phänomen. „Es gibt auch in normalen Jahren Tage, an denen weniger Leute kommen“, berichtet sie. An sich sei sie mit der Resonanz zufrieden. Die Umsetzung der Schutzmaßnahmen sei darüber hinaus „überhaupt kein Thema“, erklärt Kübler. Der Abstand werde ebenfalls gut eingehalten.
Christa Schlenker von „Mascha
Wolle“in der Kanzleigasse ist zufrieden mit dem aktuellen Geschäft. „Die Menschen handarbeiten, weil sie Zeit haben“, vermutet sie den Grund für die Nachfrage. Von Normalität könne allerdings noch nicht die Rede sein. Im Vergleich zu den ersten Tagen nach der Wiedereröffnung habe der Andrang nachgelassen. An die Schutzmaßnahmen würden sich die Kunden klaglos halten, der Abstand werde eingehalten. „Ich habe Glück mit meinem Angebot, das der Beschäftigung dient“, meint sie. Sie vermutet, dass es ihre Kollegen in anderen Branchen zurzeit schwieriger haben.
Seit einigen Wochen haben auch die Einzelhändler in Schwenningen wieder geöffnet. Die Nachwirkungen der Zwangspause sind noch immer zu spüren. „Der Betrieb ist relativ durchwachsen“, äußerte sich Eva Jauch gegenüber unserer Zeitung. Seit über 50 Jahren betreibt sie das Fachgeschäft für Haushaltswaren und Porzellan „Jauch-Gula“in der Marktstraße in Schwenningen. Ihr
Betrieb sei nach dem Neustart nur sehr langsam wieder angelaufen, erklärt sie. Die Tage unmittelbar nach der Wiedereröffnung seien sehr ruhig gewesen. Erst nach und nach sei wieder ein Gefühl von Normalität zu spüren. Viele ihrer Stammkunden seien im fortgeschrittenen Alter und gehören somit zur Corona-Risikogruppe, erklärt die Ladeninhaberin. „Man spürt bei vielen die Angst und die Unsicherheit.“Dafür habe sie Verständnis: In Einzelfällen hat sie den Kunden auch schon bestellte Waren nach Hause gebracht.
Trotz des anfänglich fehlenden Betriebs habe sie alle Hände voll zu tun, denn eine ihrer Mitarbeiterinnen, die normalerweise für die Büroarbeit zuständig ist, sei Risikopatientin und ist deshalb aktuell nicht im Laden. „Auch als wir geschlossen hatten, war ich trotzdem jeden Tag im Geschäft“, sagt sie. Dankbar ist Jauch für das durchaus gute Einkaufswetter, das die Menschen wieder vermehrt zu einem Stadtbummel verleite. „Die Leute schätzen es, wieder raus zu kommen“, freut sie sich merkbar. Immer mehr auch Kunden, die nicht in Villingen-Schwenningen wohnen, suchen gezielt ihr Geschäft auf. Viele verbringen ihre Zeit derzeit scheinbar in der Küche, denn besonders gefragt in Zeiten von Corona seien Backformen und andere Backartikel.
Das Geschäft „Coffee, Tea, Candies“in der Marktstraße durfte aufgrund des speziellen Warenangebots, das sich fast ausschließlich auf Lebensmittel beschränkt, ohne Pause geöffnet haben. Doch der „Lockdown“sei trotzdem an ihrem Geschäft nicht unberührt vorbeigegangen, sagt Inhaberin Natascha Licciardello. Die Laufkundschaft, die sonst während eines Stadtbummels gerne mal vorbeischaut, sei komplett weggefallen. Besonders gefragt während dieser schwierigen Zeit war hingegen ihr Angebot zum Lieferdienst. Vor allem die älteren Stammkunden hätten diesen Service bevorzugt. Die Geschäfte würden nun langsam wieder anlaufen.