Wohngebiet hängt in der Warteschleife
Ein zentrales Grundstück fehlt – Thiergarten West wird vermutlich kleiner als geplant
TUTTLINGEN - Ursprünglich hätten die Erschließungsarbeiten bereits im vergangenen Jahr beginnen sollen, doch die Entwicklung des geplanten Neubaugebiets Thiergarten West mit rund 420 Wohneinheiten stockt nach wie vor. Voraussichtlich wird das neue Wohngebiet nun etwas kleiner als die ursprünglich geplanten 6,2 Hektar. In der kommenden Woche tagt deswegen der Umlegungsausschuss.
Das Problem am geplanten Wohngebiet am Rande der Tuttlinger Nordstadt war von Anfang an, dass sich die Grundstücke überwiegend in privater Hand befanden. Etliche Eigentümer hatten schlichtweg kein Interesse, ihre Flächen zu verkaufen oder im Rahmen einer freiwilligen Umlegung zu tauschen. Im letzteren Fall hätten sie dann zwar ein gleichwertiges Grundstück innerhalb des Baugebiets erhalten, doch auch die Kosten der Erschließung mitgetragen und zudem ein Baugebot, also einen Bauzwang, vorgeschrieben bekommen.
Doch trotz des Widerstands der Eigentümer pochte die Stadtverwaltung auf die Entwicklung des Wohngebiets. Da es innerhalb der Kernstadt kaum noch Möglichkeiten gibt, neues Wohnland – vor allem Platz für Einfamilien- oder Doppelhäuser – zu schaffen, hielt die Stadt Tuttlingen in den vergangenen zwei Jahren mit großer Vehemenz an den Plänen fest. Anberaumte Beschlüsse in den Gremien wurden mehrfach vertagt, Fristen für die Eigentümer verlängert und mit selbigen teils langwierige Gespräche geführt.
Mittlerweile haben 24 von insgesamt 27 Grundstückbesitzern einem Verkauf oder Tausch ihrer Fläche zugestimmt. Da die verbleibenden drei, davon zwei in einer Erbengemeinschaft, nach wie vor nicht überzeugt werden konnten, will die Stadt nun zwei der noch fehlenden Flächen außen vor lassen, wie Stadtpressesprecher Arno Specht auf Nachfrage mitteilt. Das heißt: Das rund 6,2 Hektar große Gebiet wird voraussichtlich etwas kleiner als ursprünglich geplant.
Doch: Das dritte der noch fehlenden Grundstücke befindet sich in „einer zentralen Schlüsselposition“, wie Specht formuliert. Wenig Sinn mache es, „um es herum zu erschließen“. Aus diesem Grund tagt in der kommenden Woche nun der Umlegungsausschuss unter Ausschluss der Öffentlichkeit – ein Gremium, das sich aus Vertretern des Gemeinderats zusammensetzt. Dabei wird es darum gehen, ob ein amtliches Umlegungsverfahren eingeleitet wird – also der Eigentümer des betreffenden Grundstückes quasi zum Verkauf gezwungen wird.
Ein amtliches Umlegungsverfahren hatte die Stadtverwaltung bislang abgelehnt. Dieses ist aus Eigentümersicht vorteilhafter: Die Erschließungskosten können dann nicht in gleichem Umfang auf die Eigentümer umgelegt werden, zudem kann nicht ohne Weiteres ein Bauzwang verhängt werden. Doch: Ohne die Möglichkeit, ein Baugebot zu verhängen, produziere man automatisch weitere Baulücken, hatte sich Oberbürgermeister Michael Beck in einem früheren Pressebericht geäußert. „Und davon haben wir im Stadtgebiet schon 24 Hektar“, so Beck.
Losgehen soll es in Thiergarten West jedenfalls bald: Die Erschließungsarbeiten sollen noch in diesem Jahr vergeben werden, teilt die Stadt mit.
Während die Entwicklung des Wohngebiets somit weiterhin in der Warteschleife hängt, laufen einige Meter weiter die Bauarbeiten auf Hochtouren. Als Übergang zwischen dem bereits bestehenden und dem geplanten Wohngebiet entsteht das sogenannte Torhaus der Tuttlinger Wohnbau, das rund 60 Wohnungen und einen dreigruppigen Kindergarten vorsieht, den die Stadt Tuttlingen betreiben wird.
Auch dort hinkt der Zeitplan hinter der ursprünglichen Planung hinterher – anfangs durch den Protest der Anwohner, die eine Überarbeitung der ursprünglichen Pläne nötig machten. „Nun läuft es corona-bedingt etwas langsamer als sonst üblich“, sagt Bauherr Horst Riess. Durch die Vorschriften für das Baugewerbe dürfen nicht so viele Menschen gleichzeitig auf der Baustelle arbeiten wie sonst möglich. Ob der geplante Einzug des Kindergartens zum Jahresende tatsächlich möglich werde, könne er aktuell noch nicht versprechen, so Riess.
Der Wohnbau-Chef hofft aus Eigeninteresse, dass es auf dem angrenzenden Areal bald losgeht: Unter dem Torhaus entsteht derzeit eine große Tiefgarage, die bereits Plätze für das neue Wohngebiet bereithält. „Die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern ist in Tuttlingen auf jeden Fall da“, blickt Riess auf die Anfragen, die regelmäßig bei der Wohnbau eingehen.