Kultur ist erstmal abgesagt
Novum im Öffentlichen Dienst: Kurzarbeit bei den Tuttlinger Hallen
TUTTLINGEN - Die nach wie vor geltenden Veranstaltungsverbote treffen besonders die Kulturbranche hart. So auch die Tuttlinger Hallen. Wie das Jahr bislang verlaufen ist und den Ausblick auf die zweite Jahreshälfte hat Michael Baur, Geschäftsführer der Tuttlinger Hallen, am Montag in der Gemeinderatssitzung vorgestellt.
Die erste Veranstaltung musste Michael Baur aufgrund der CoronaPandemie bereits am 13. März absagen. Ab dem 18. März fanden dann auch keine Gast- und Fremdveranstaltungen in den Räumen mehr statt. „Wir mussten im März 17 Veranstaltungen absagen. Insgesamt sind aufgrund der Pandemie bislang 60 Termine ausgefallen“, fasst Baur die Situation zusammen. Nur systemrelevante Veranstaltungen, wie Abiturprüfungen, Blutspenden oder Gremiumssitzungen können und konnten in den vergangenen Wochen durchgeführt werden.
Dabei sei das erste Quartal in den Tuttlinger Hallen sowohl im Vermietungsbereich mit der Gastronomie als auch bei den Eigenveranstaltungen positiv verlaufen: Der Deckungsbeitrag zum 31. März lag in Summe bei 156 000 Euro. „Besser als im Vorjahr, das wir ja mit einem Rekorddeckungsbeitrag abschließen mussten“, so der Geschäftsführer.
Solange die Tuttlinger Hallen überwiegend geschlossen sind, finden Sanierungsarbeiten statt. „Wir haben zum Beispiel das Parkett im großen Saal der Stadthalle saniert und nutzen die Zeit, um unsere Häuser rundum fit für die neue Spielzeit zu machen, wann immer diese starten kann“, erzählt Baur. Denn Ziel sei, trotz Einnahmeausfällen die Vorgaben des Wirtschaftsplans einzuhalten. Zum einen hilft dabei, dass der Zuschuss für die LED-Umrüstung erst im Wirtschaftsplanjahr 2020 ausbezahlt wird, dass einige Investitionen gestrichen und geschoben wurden und dass Rechnungen von vorgezogenen Maßnahmen bereits 2019 bezahlt worden sind.
„Weil aber aktuell keine Veranstaltungen stattfinden, mussten wir Kurzarbeit anmelden“, sagt Baur.
Das heißt: 21 von 29 Festangestellten können vorübergehend nicht im vollen Umfang arbeiten. „Ich bin froh, dass wir so das Defizit etwas senken können. Gleichzeitig sieht der Tarifvertrag für die Mitarbeiter sehr sozialverträgliche Lösungen vor“, sagt Tuttlingens Oberbürgermeister Michael Beck. Zu Beginn der Verbote gab es allerdings besonders für die Vertriebsabteilung, das Ticketing und die Programmplanung erst einmal Mehrarbeit: Verträge mussten storniert oder Veranstaltungen verschoben werden, Ticketkäufe wurden rückabgewickelt, Kunden informiert, verunsicherte Vertragspartner über die aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten.
Mittlerweile wird die Arbeit aber weniger. Vor allem für die Mitarbeiter, die direkt mit Veranstaltungen zu tun haben. So gebe es bei weitem nicht mehr für die ganze Belegschaft ausreichend Arbeit. Denn auch der Honberg-Sommer, der jedes Jahr
Tausende Gäste anzieht, kann nicht stattfinden.
Baur: „Wir stehen momentan auch vor der großen Frage, wie Kultur künftig mit Abstands- und Hygieneregeln aussehen kann.“Die Aufgabe sei, trotz Bestuhlung für beispielsweise nur rund 200 Gäste Lust auf Kultur zu machen.
Zudem sei unklar, was dieses Jahr überhaupt stattfinden könne: „Wir haben wenig Hoffnung, dass bereits ab Herbst ein normaler Betrieb zu realisieren ist. Damit kann wohl erst ab 2021 gerechnet werden“, sagt Baur. Allerdings sei ein Start in die neue Spielzeit unter Auflagen denkbar. Einige Veranstaltungen, wie etwa die 20. Tuttlinger Krähe, die im April hätte stattfinden sollen, wurden bereits verschoben.
Ein wenig Sorge bereitet dem Stadthallen-Geschäftsführer auch der 30. Juni – Stichtag für die Abonnenten, ob sie ihr Abo kündigen oder verlängern wollen. „Wir erleben momentan große Solidarität aus der Bürgerschaft. Obwohl wir aktuell noch kein Programmbuch in Druck geben können, gibt es die Überlegung, das Abo-System für die kommende Saison erst ab Januar anlaufen zu lassen. Die Planungsunsicherheit für den Herbst ist aktuell noch zu groß“, sagt er. Bislang hätte es noch keine Abo-Kündigungen gegeben.
Auch an anderer Stelle gibt es Änderungen: „Ab dem 12. Juli gehen wir in der Ticketbox frühzeitig in die Sommerpause. Danach möchten wir im September wieder in die neue Saison starten“, erklärt Baur. „Wir sind der Überzeugung, dass Kultur essenziell wichtig für unsere Gesellschaft ist und wollen deshalb Kunst und Kultur in Tuttlingen auch nach Corona weiter fördern“, ergänzt der OB. Wie und in welchem Rahmen das in den kommenden Monaten stattfinden kann, darüber soll in den nächsten Wochen beraten werden.