Ein Prozess, zwei gegensätzliche Aussagen
28-Jähriger steht wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Amtsgericht
TUTTLINGEN - „Sie sind verpflichtet, hier eine Aussage zu machen. Andernfalls drohen Ihnen Zwangshaft oder ein Zwangsgeld“, warnt Richter Thomas Straub den 21-jährigen Auszubildenden aus Tuttlingen. Dieser soll von einem 28-Jährigen unter anderem 2018 mit einem Baseballschläger attackiert worden sein. Doch das mutmaßliche Opfer schweigt zu den Vorwürfen. Der Prozess wird fortgesetzt.
„Was soll ich sagen. Ich war betrunken. Ich habe alles vergessen“, sagt der 21-Jährige. Gegenüber der Polizei hat er im September vor rund eineinhalb Jahren allerdings eine andere Aussage getroffen. In der Nacht vom 23. auf den 24.September will er mit drei Freunden eine Shisha-Bar in Immendingen besucht haben – einem jüngeren Freund und zwei etwa gleichaltrigen Mädchen. In der Bar sei es zum Streit mit dem Inhaber, dem damals 27-jährigen Angeklagten, gekommen.
An dieser Stelle widersprechen sich die Aussagen: Der Angeklagte sagt aus, dass er gemerkt habe, dass zumindest zwei der Freunde noch minderjährig seien. Er habe sie gebeten, die Bar zu verlassen, und dabei einen der jungen Männer am Arm gepackt. Verletzungen will er ihm aber keine zugefügt haben.
Dem widersprechen die als Zeugen geladenen jungen Frauen. Sie berichten, dass der aus dem Irak stammende Angeklagte wütend geworden sei, nachdem ihn ein Jugendlicher aus der Gruppe „Abi“– türkisch für „älterer Bruder“– genannt habe. Nachdem die vier die Shisha-Bar verlassen mussten, sei der Angeklagte ihrem Freund hinterhergerannt und habe ihm von hinten in die Genitalien getreten.
Der Angeklagte soll die beiden jungen Männer beschuldigt haben, die Scheibe in der Eingangstür der Bar eingeschlagen zu haben. Mit dem anderen Jungen aus der Gruppe habe er sich im Tuttlinger Uhlandpark getroffen und ihn dort mit Bekannten attackiert. Dabei sollen der Baseballschläger und möglicherweise ein Messer zum Einsatz gekommen sein. Eine Anwohnerin will gesehen haben, wie eine „Person auf dem Boden“lag und von „drei bis vier“anderen angegriffen wurde.
Am Oberteil des mutmaßlichen Opfers hat die Polizei Spuren entdeckt, die auf den Gebrauch einer Waffe schließen lassen könnten. Der 21-Jährige wollte dazu ebenfalls nichts sagen. Er habe sich inzwischen mit dem Angeklagten ausgesprochen, die Angelegenheit sei für ihn erledigt. Der Angeklagte indes sagt aus, er habe sich zwar mit den beiden jungen Männern getroffen, um über die kaputte Scheibe zu reden – handgreiflich sei er dabei aber nicht geworden.
Welche Aussage in dem Prozess glaubhafter erscheint, darüber wollen Richter und Anwälte am 8. Juni weiterverhandeln.