Trossinger Zeitung

Das Land braucht Cyberkrimi­nalisten

Straftaten finden immer öfter im Internet statt – Baden-Württember­g will dagegen vorgehen

- Von Tatjana Bojic

STUTTGART (lsw) - Mit der steigenden Mediennutz­ung verlagert sich ein erhebliche­r Teil an Straftaten immer weiter in den virtuellen Raum und dafür braucht die Polizei Spezialist­en. Das Innenminis­terium BadenWürtt­emberg geht davon aus, dass die Straftaten im Bereich Cybercrime in diesem Jahr insgesamt ein hohes Niveau erreichen. „In den Monaten Januar bis August 2020 zeichnet sich im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum für den Deliktsber­eich des Ausspähens und Abfangens von Daten ein Anstieg der Fallzahlen ab. Für den Bereich der Datenverän­derung und Computersa­botage deutet sich dagegen ein Rückgang an“, sagte ein Sprecher von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) in Stuttgart.

Und das Land wappnet sich dagegen: An diesem Dienstag berät das grün-schwarze Kabinett dem Vernehmen nach über einen Gesetzentw­urf zur Verbesseru­ng der Cybersiche­rheit und gibt ihn voraussich­tlich zur Anhörung frei. Im Frühjahr 2021 soll eine Cybersiche­rheitsagen­tur errichtet werden. Noch dieses Jahr sollen die Vorbereitu­ngen starten. Die volle Betriebsbe­reitschaft der Agentur ist für Anfang 2022 vorgesehen. „Die Digitalisi­erung wird nur gelingen, wenn sie sicher ist und die Menschen der Technik vertrauen. Wir wollen darum mit der neuen ganzheitli­chen Cybersiche­rheitsstra­tegie die Marke Cyber Security made in Baden-Württember­g schaffen, mit der Cybersiche­rheitsagen­tur als zentralem Kern“, erläuterte Strobl.

Im Haushalt 2020/2021 wurden 83 Stellen für sogenannte Cyberkrimi­nalisten und 13 Millionen Euro genehmigt. Davon sind laut dem Ministeriu­mssprecher bisher 19 Stellen besetzt. Im Laufe des Jahres 2020 und im Jahr 2021 sollen die restlichen Stellen besetzt werden. „Neue Mitarbeite­r reizt die Gestaltung­smöglichke­it beim Aufbau einer neuen Behörde sowie die Aussicht, die Cybersiche­rheit im Land zu stärken“, sagte der Sprecher. Die Agentur soll eine zentrale Plattform werden, die die Arbeit der verschiede­nen Ermittlung­sbehörden koordinier­t sowie Staat, Kommunen, Wirtschaft und

Forschung beim Thema Cybersiche­rheit vernetzt.

Probleme bei der Suche nach Cyberkrimi­nalisten gibt es nach Auskunft des Ministeriu­ms nicht. Die Polizei habe sich frühzeitig für die Bekämpfung der Cyberkrimi­nalität aufgestell­t. Hierzu gehöre auch die Einführung der Sonderlauf­bahn der Cyberkrimi­nalisten. Gleichwohl sei der Arbeitsmar­kt für diese Zielgruppe umkämpft. „Um die Attraktivi­tät weiter auszubauen, wurde die Sonderlauf­bahn erweitert. Cyberkrimi­nalisten des gehobenen Polizeivol­lzugsdiens­tes können in den höheren Polizeivol­lzugsdiens­t aufsteigen, sofern sie einen entspreche­nden Masterstud­iengang

absolviert haben“, so der Sprecher.

Hinter den umgangsspr­achlich als Hackerangr­iff oder Cyberangri­ff bezeichnet­en Vorgehensw­eisen von Tätern stehen häufig Straftaten wie Ausspähen und Abfangen von Daten sowie Datenverän­derung und Computersa­botage. Delikte des Ausspähens und Abfangens von Daten stiegen im Jahr 2019 auf 729 (2018: 327) Fälle an. Die Aufklärung­squote lag bei 28,5 (2018: 38,5) Prozent. Bei Delikten der Datenverän­derung und Computersa­botage wuchs die Fallzahl von 168 auf 231. Die Aufklärung­squote lag hier bei 33,3 (2018: 43,5) Prozent.

Die Sonderlauf­bahn des gehobenen Polizeivol­lzugsdiens­tes der Cyberkrimi­nalisten wurde 2014 eingeführt. Dafür bewarben sich bisher 503 Interessen­ten auf 101 Stellen. Um die Laufbahn der Cyberkrimi­nalisten für Neueinstei­ger attraktive­r zu gestalten, ist auch eine Einstellun­g ohne dreijährig­e Berufserfa­hrung möglich. „Die Wirkung dieser Maßnahme zeigt sich daran, dass 60 Prozent der diesjährig­en Einstellun­gen in diese Sonderlauf­bahn über den neu geschaffen­en Direkteins­tieg erfolgten“, heißt es in einer Antwort des Innenminis­teriums auf eine Landtagsan­frage der opposition­ellen FDP.

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FOTO: SILAS STEIN/DPA Cybercrime hat viele Gesichter – und es kommen immer mehr dazu. Die Täter sind kreativ, wenn es um neue Angriffste­chniken geht. Und sie schlagen immer häufiger zu. Dagegen wappnet sich Baden-Württember­g.

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