Trossinger Zeitung

Ruhe und Rustikales

Die Queen macht Urlaub auf einer Farm – Erinnerung­en an die glücklichs­te Zeit ihres Lebens

- Von Silvia Kusidlo

LONDON (dpa) - Champagner im Palast oder lieber Tee im rustikalen Ambiente: Wie machen Königs eigentlich Urlaub? Relativ bescheiden – zumindest ist das bei der Queen der Fall. Prunk und Protz, darauf kommt es der 94-Jährigen nicht an. Wegen der Corona-Pandemie ist sie aber in diesem Jahr etwas von ihren Gewohnheit­en abgewichen. Mit Ehemann Philip, der im kommenden Jahr schon 100 Jahre alt wird, hat sie sich jetzt auf die Wood Farm im Osten Englands zurückgezo­gen.

Dunkler Backstein, fünf Schlafzimm­er, rustikal-gemütlich, offene Kamine: In dem Gebäude nahe der Küste würde man nicht gerade Königin Elizabeth II. und Prinz Philip erwarten. Seitdem sich der Prinzgemah­l mit 96 Jahren von seinen royalen Aufgaben verabschie­dete, also in Rente ging, ist das abgelegene Haus genau das Richtige für ihn. Keine störenden Besucher und Paparazzi, mit dem Kutschbock durch die Gegend fahren, Trüffel züchten – ein idealer Rückzugsor­t. Und auch die Queen genießt die Abgeschied­enheit dort noch bis Oktober.

Normalerwe­ise verbringt die Königin den Sommer im schottisch­en Balmoral. Sie liebt die Natur dort – auch wenn es schon mal vorgekomme­n ist, dass ihr ein abgeschoss­enes Moorhuhn auf die Schulter fiel und einen blauen Fleck hinterließ. So mancher Wanderer dürfte die Monarchin nicht erkannt haben, wenn in der Ferne eine alte, kleine Frau mit grobem Schuhwerk und Kopftuch auftauchte.

Balmoral ist schon seit Königin Victoria, die von 1837 bis 1901 regierte, das Feriendomi­zil der Royals. Victorias Prinzgemah­l Albert fühlte sich von der dicht bewaldeten Landschaft an seine deutsche Heimat erinnert. Die Idylle hat während der Corona-Krise allerdings gelitten: Da wegen der Pandemie viele öffentlich­e Toiletten geschlosse­n waren, haben Wanderer überall Klopapier hinterlass­en.

Von Balmoral aus ging es jetzt für die Queen zur gemütliche­n Wood Farm weiter – entgegen ihren Gewohnheit­en. Sie hänge noch „Zeit im Privaten“in Ostengland dran, wie der Buckingham-Palast mitteilte. Britische Medien werteten das umgehend als Zeichen, dass die 94-Jährige von der Corona-Pandemie mitgenomme­n sein müsse.

Die Queen sei auf der Wood Farm viel häufiger als öffentlich bekannt, berichtete kürzlich der „Telegraph“. Ihr soll besonders die Fasanenjag­d im Herbst gut gefallen – als Beobachter­in und Helferin gemeinsam mit ihrem Jagdhund. Es sei ein merkwürdig­es Gefühl zu wissen, „Ihre Majestät steht hinter dir und sieht, wie gut oder schlecht du schießt“, zitierte die Zeitung einen Jagdteilne­hmer. Selbst in der Küche soll die Queen schon herumgewer­kelt haben.

Die Wood Farm nahe dem Dorf Wolverton, die lange Zeit von der Königsfami­lie verpachtet worden war, biete ein „normaleres Leben“, so Royal-Experte und Biograf Hugo Vickers. Der Aufenthalt dort dürfte für die Queen laut „Telegraph“wie eine Erinnerung an eine der wohl glücklichs­ten Zeiten ihres Lebens sein: als sie noch nicht Königin war und mit Philip und den Kindern Charles und Anne bis 1951 auf Malta lebte. Inzwischen ist das Paar 73 Jahre verheirate­t. Was sich nach tollen Langzeitur­lauben anhört, ist mit regelmäßig­er Arbeit verbunden. Auch in den Ferien öffnet die Monarchin täglich die „red box“, einen roten bombensich­eren Aktenkoffe­r, in dem wichtige Papiere der Regierung aufbewahrt werden. Und mit dem Premiermin­ister jetzt also Boris Johnson – telefonier­t sie wöchentlic­h. Johnson ist übrigens schon der 14. Regierungs­chef, den die Queen in ihrer Zeit auf dem Thron erlebt.

Im Oktober soll sie wieder auf Schloss Windsor in der Nähe von London sein und den Buckingham­Palast für ausgewählt­e royale Termine nutzen, wie ein Sprecher ankündigte. Mit den Terminen könnte es aber schwer werden: Großbritan­nien ist stark von der Corona-Krise betroffen und eine zweite Ausbruchsw­elle könnte alles lahmlegen.

In Windsor musste die Queen gemeinsam mit Philip bereits mehrere Monate in Isolation verbringen. Denn das Paar gilt wegen seines hohen Alters als besonders gefährdet durch die Krankheit Covid-19. Umgeben waren sie nur von einem ganz kleinen Kreis von Hofbediens­teten (Spitzname: Her Majesty's Service bubble), um Ansteckung­en zu vermeiden.

Zum Jahresende geht es dann wohl wieder nach Ostengland. Doch nicht auf die Wood Farm, sondern – so ist es zumindest Tradition bei den Royals – ins nahe gelegene und feudalere Sandringha­m House. Ballsaal, Bowlingbah­n, Billard-Raum. Das Anwesen benutzen sie für größere Partys und die Weihnachts­ferien. In der Regel kehrt die Queen von dort erst nach dem 6. Februar zurück. Das ist der Todestag ihres Vaters, den sie im Gedenken an ihn im Stillen verbringen möchte.

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FOTO: ANDREW MATTHEWS/DPA Die Queen genießt im Urlaub Fasanenjag­d und Küchenarbe­it.

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