Trossinger Zeitung

Alicia Keys besingt die Helden des Alltags

Die US-Amerikaner­in hat mit einem halben Jahr Verspätung ihr Album veröffentl­icht

- Von Thomas Bremser

BERLIN (dpa) - Es ist Anfang Februar, da gibt die 15-fache Grammy-Gewinnerin Alicia Keys ein Konzert in Berlin. Corona ist da noch kein großes Thema. Der prachtvoll­e Meistersaa­l der Hansa-Studios, in denen bereits David Bowie und U2 produziert­en, ist mit Duftkerzen geschmückt. Keys spielt den rund 100 Fans am Klavier einige Songs vor, die Wochen später eigentlich erscheinen sollen.

„Die Leute erwarten großartige Musik. Und diese Erwartung will ich erfüllen“, sagt die 39-Jährige zuvor im dpa-Gespräch über ihr siebtes Studioalbu­m.

Die im New Yorker Arbeitervi­ertel Hell's Kitchen geborene Sängerin unterschri­eb schon als Teenager ihren ersten Plattenver­trag. Ihr Debütalbum „Songs In A Minor“schaffte es 2001 direkt auf Platz eins der USCharts, bescherte ihr fünf Grammys und den weltweiten Hit „Fallin'“. Im Laufe ihrer Karriere arbeitete Keys („Empire State of Mind“, „Girl On Fire“) auch als Schauspiel­erin und moderierte zweimal die Grammy-Verleihung.

Auf ihrem neuen Album, das sich wegen der Corona-Krise immer wieder hinauszöge­rte, zeigt sich die zweifache Mutter gefühlvoll, aber auch wütend. „Ich habe Seiten an mir kennengele­rnt, die ich bislang noch nicht gut genug kannte. Das hört man auch. Die Musik ist sehr bunt, sie bringt dich an verschiede­ne Orte. Das finde ich sehr interessan­t“, erklärt Keys.

Die jazzige Ballade „Grandmesy Park“sticht dabei besonders hervor. Sie handelt davon, sich in einer Beziehung für den anderen zu verstellen. „Du willst, dass die andere Person glücklich ist. Ohne zu bemerken, dass du dich ganz allmählich für sie veränderst und anders verhälst. Und am Ende kennt die Person gar nicht dein wahres Ich, weil du dich für sie von dir selbst entfernt hast.“

Der Song, der mit Geräuschen wie dem Tropfen von Wasser oder einem Taktstock spielt, bekommt beim intimen Berlin-Gig am meisten Applaus. Viele Zuhörer scheinen sich damit zu identifizi­eren. Überhaupt spricht Keys mit ihren Texten den „einfachen“Menschen aus der Seele, auch wenn die in armen Verhältnis­sen aufgewachs­ene Musikerin mittlerwei­le ein Luxusleben führen dürfte.

„Good Job“widmet sie etwa allen, die in ihrem Job essenziell für die Gesellscha­ft sind, aber nur selten gelobt werden. „Du machst einen guten Job, lass dich nicht unterkrieg­en. Die Welt braucht dich jetzt. Erkenne, dass du wichtig bist“, heißt es darin.

Die bewegende Ballade wurde passenderw­eise während der Hochzeit der Corona-Pandemie veröffentl­icht, in der Krankensch­western und Kassierer die Gesellscha­ft am Laufen hielten.

Zur bisher erfolgreic­hsten SingleAusk­oppelung „Underdog“sagte die 39-Jährige der britischen Zeitung „The Guardian“: „Ich bin so ein Typ, der eigentlich dazu bestimmt war, es nicht aus Hell's Kitchen herauszusc­haffen.“Sie hätte auch als Prostituie­rte oder Drogenabhä­ngige enden können. „Ich hätte eigentlich zur falschen Zeit am falschen Ort sein, verwundet oder getötet werden müssen.“

Das Stück „Underdog“behandelt die oft unterschät­zten Helden des Alltags: alleinerzi­ehende Mütter, Soldaten oder Medizinstu­denten. „Ein Traum ist Luxus, wenn du Rechnungen zahlen und dich darum kümmern musst, dass deine Kinder etwas zu essen haben“, sagte Keys dem „Guardian“. Sie verstehe, was es bedeute, die Kraft zu haben, seinen eigenen Weg zu gehen.

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FOTO: ISABEL INFANTES/DPA Die 39-jährige Alicia Keys feiert mit ihrer Musik große Erfolge. Ihr Leben hätte nach ihren Worten aber auch eine ganz andere Wendung nehmen können. Sie hätte auch als Prostituie­rte oder Drogenabhä­ngige enden können.

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