Dopingverdacht beim Quintana-Team
Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den zweimaligen Tour-Zweiten aus Kolumbien, auch das Team von Tour-Sieger Tadej Pogacar weckt Zweifel
PARIS (dpa/SID) - Der gerade beendeten Tour de France droht ein Dopingskandal. Laut Staatsanwaltschaft Marseille wurde eine vorläufige Untersuchung wegen Dopingverdachts eingeleitet, zwei Personen sind in Haft. Namen wurden zunächst nicht genannt, die „L'Equipe“und das „Journal du Dimanche“waren sich aber bereits recht sicher: Im Fokus steht das Team Arkea-Samsic um Dayer Quintana, Bruder des kolumbianischen Radstars Nairo Quintana, der ebenfalls für die Franzosen fährt. Auch das medizinische Personal des Teams haben die Ermittler im Blick. Die Staatsanwaltschaft
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teilte aber mit, es seien viele Gesundheitsprodukte und Medikamente gefunden worden, darunter auch Hinweise auf Dopingmethoden.
Auch bei Tour-Sieger Tadej Pogacar aus Slowenien, der am Montag 22 Jahre jung wurde, fährt der Zweifel fährt unweigerlich mit, wobei sein Sieg beim Tour-Debüt keine Sensation war. „Man weiß in der Szene seit drei Jahren, um welches Talent es sich da handelt. Experten haben sich die Leistungsdaten angeschaut und waren perplex, wie viel Talent in dem jungen Mann steckt“, sagt Ralph Denk, Chef von Bora-hansgrohe: „Wir können nur auf die ganz strikten Kontrollen vertrauen. Ich denke, dass die Leistung ehrlich errungen wurde.“
Selbst Greg LeMond, Doping-Kritiker und Erzfeind von Lance Armstrong, schwärmt von Pogacars Leistung. „Ich hoffe, dass es keine Zweifel gibt. Für mich ist er ein sehr großer Gewinner der Tour“, sagte der 59-Jährige, der sie selbst dreimal gewann.
Bisher gibt es bei Pogacar keine Verdachtsmomente. Allerdings ist das Personal seines UAE-Teams ein Abbild der alten EPO-Generation. Sein Sportlicher Leiter Andrej Hauptman, der Pogacar vor zehn Jahren bei einem
Kinderrennen entdeckte, wurde im Jahr 2000 wegen überhöhter Blutwerte aus der Tour ausgeschlossen. Teamchef Mauro Gianetti und Manager Joxean Matxin zogen einst beim Skandal-Team Saunier-Duval die Fäden, beteuerten aber stets ihre Unschuld. So wird Pogacar, der Wunderknabe aus dem Dorf Komenda, auch künftig von Doping-Fragen begleitet werden.
Dabei böte die neue Radsport-Generation genug Stoff für große Geschichten. Pogacar wird die Tour womöglich nicht so dominieren wie einst Armstrong oder Chris Froome. Vorjahressieger Egan Bernal ist erst 23 und wird nach seinem Tour-Drama mit dem vorzeitigen Aus reifer und stärker zurückkommen. Der Schweizer Marc Hirschi, ein Monat älter als Pogacar, begeisterte mit seiner Angriffslust, Deutschland hofft auf Etappensieger Lennard Kämna (24).
Und dann wäre da noch Remco Evenepoel. Der 20 Jahre alte Belgier kuriert gerade einen Beckenbruch aus und dürfte 2021 sein Tour-Debüt geben. Für Pogacar jedenfalls ist die Pause kurz. Schon am Wochenende ist er bei der WM in Imola im Einsatz, er weiß: „Es wird ein hartes, langes Rennen.“