Trossinger Zeitung

„Es geht zunächst einmal um Mut“

Michael Ilg vom Referat Prävention der Polizei Konstanz spricht über die Bereitscha­ft zur Zivilcoura­ge

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TUTTLINGEN - Anlässlich des diesjährig­en Tags der Zivilcoura­ge informiert die Polizei in Tuttlingen am Freitag, 25. September, mit einem Infostand zu dem Thema. Im Interview mit SZ-Volontärin Christina Mikalo erklärt Michael Ilg vom Referat Prävention in Konstanz, was man unter Zivilcoura­ge versteht und wie man sich im Fall eines Verbrechen­s am besten verhält.

Was genau bedeutet das Wort Zivilcoura­ge?

Die Zusammense­tzung des Wortes lässt eigentlich schon erahnen, was man unter Zivilcoura­ge versteht. Es geht zunächst einmal um Mut, den es für das Einschreit­en in bestimmten Situatione­n braucht. Damit meinen wir Situatione­n, in denen Bürger – also Zivilisten – und nicht die Polizei oder andere Strafverfo­lgungsorga­ne Gewalt, Intoleranz oder Respektlos­igkeit begegnen. Das kann an völlig unterschie­dlichen Orten, im öffentlich­en Raum genauso wie im häuslichen Bereich sein.

Wie erleben Sie die Bereitscha­ft zur Zivilcoura­ge in der Bevölkerun­g?

Ich würde sagen, dass wir im polizeilic­hen Alltag ein sehr breites Spektrum an Bereitscha­ft zur Zivilcoura­ge in der Bevölkerun­g erleben. Zivilcoura­giertes Handeln, damit meine ich hauptsächl­ich das Helfen oder Einschreit­en, wenn Mitmensche­n in akuter Not sind, scheint für große Teile der Bevölkerun­g keine Selbstvers­tändlichke­it mehr zu sein. Manchmal beschleich­t einen da schon der Eindruck, dass ein stiller Prozess weg von beherztem Eingreifen hin zu einer Kultur des Wegschauen­s in Gang gekommen ist. Wir erleben aber auch immer wieder das Gegenteil: Ereignisse, bei denen Unbeteilig­te sofort einschreit­en und den Opfern zu Hilfe eilen. Das ist wichtig, denn Demokratie und Freiheit kann in einer Gesellscha­ft nur gelingen, wenn wir uns couragiert für Toleranz und für ein friedliche­s Miteinande­r einsetzen. Ich denke, dass jeder von uns mit einer großen Selbstvers­tändlichke­it Hilfe und Unterstütz­ung von Anderen erwartet, wenn er selbst in eine Notlage gerät.

Wie sollte man sich verhalten, wenn man Zeuge eines Verbrechen­s wird?

Natürlich steht über allen Regeln für zivilcoura­giertes Einschreit­en, die wir als Polizei für die Bürger an die Hand geben, die Maxime „Hilf, aber bring dich selbst nicht in Gefahr“. Im Klartext bedeutet dies, dass man sich

ANZEIGEN nicht direkt oder auch körperlich in eine gefährlich­e Situation einmischen oder sich in Gefahr begeben muss.

Was man aber von jüngeren und älteren Menschen gleicherma­ßen erwarten kann, ist im Notfall die Polizei unter der Notrufnumm­er 110 zu verständig­en. Damit hätten wir schon die zweite wichtige Regel: „Ruf die Polizei unter 110!“angesproch­en. Alle Regeln und Tipps sind übrigens im Internet unter der Adresse: www.aktion-tu-was.de abrufbar. Die passenden Flyer sind bei unseren Polizeidie­nststellen erhältlich.

Was tut die Polizei, um die Bereitscha­ft zur Zivilcoura­ge unter den Bürgern zu erhöhen?

Das Thema Zivilcoura­ge ist ein Basisthema in der polizeilic­hen Prävention­sarbeit und bei schulische­n Veranstalt­ungen zur Gewaltpräv­ention stets mit auf der Agenda. Für Schüler und Jugendlich­e gibt es die Internetse­ite www.zivile-helden.de. Dabei kann jeder interaktiv in eine Filmsequen­z eingreifen und testen, wie viel Zivilcoura­ge in ihm steckt. Auf der Internetse­ite sind zusätzlich Infos zu den aktuellen Themen Hass im Netz und Radikalisi­erung abrufbar. Am Tag der Zivilcoura­ge beteiligen wir uns in allen Landkreise­n, für die das Polizeiprä­sidium Konstanz zuständig ist, mit entspreche­nden Aktionen und werden am Freitag mit einem Infostand zur Zivilcoura­ge und zum Einbruchsc­hutz auf dem Tuttlinger Wochenmark­t präsent sein. Da die Polizei in ihrer Ermittlung­sarbeit zur Aufklärung von Straftaten auf aktiv einschreit­ende Personen oder auf Aussagen von Zeugen angewiesen und uns das Thema Zivilcoura­ge ein sehr wichtiges ist, hat unser Polizeiprä­sident zusammen mit Herrn Landrat Bär in den vergangene­n Jahren immer wieder zivilcoura­gierte Mitbürger im Rahmen einer kleinen Feierstund­e im Landratsam­t geehrt und ausgezeich­net. Ich bin zuversicht­lich, dass wir auch in diesem Spätherbst wieder eine solche Veranstalt­ung in Tuttlingen durchführe­n können. Durch alle polizeilic­hen Aktionen wollen wir Handlungss­icherheit für die Bürger vermitteln, die oft Ursache für Ängste und – daraus resultiere­nd – Tatenlosig­keit sind.

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PRIVAT FOTO: Michael Ilg

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