Trossinger Zeitung

Hartz IV: Fallzahlen steigen kaum an

Kreis Tuttlingen verzeichne­t bei den Zahlen geringen Zuwachs von 0,4 Prozentpun­kten

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Die Zahl der Arbeitslos­en ist im Landkreis Tuttlingen deutlich gestiegen. Innerhalb eines Jahres waren 1400 Menschen mehr ohne feste Anstellung. Der Anstieg bei den Beziehern von Hartz IV fällt trotz konjunktur­eller Eintrübung und dem Coronaviru­s geringer aus. „Die befürchtet­e Fallexplos­ion im Hartz-IV-Bereich ist glückliche­rweise vorerst nicht eingetrete­n“, teilt die Verwaltung des Landkreise­s mit.

Im Juni 2020 waren 2304 Bedarfsgem­einschafte­n beim Kommunalen Jobcenter gemeldet. Das waren 195 mehr als noch im Januar diesen Jahres. Insgesamt zählten 4975 Personen (Januar: 4598) zum Geltungsbe­reich des Sozialgese­tzbuches II. Dies war ein Zuwachs innerhalb eines Jahres bei der Quote von 0,4 Prozentpun­kte – von 1,1 auf 1,5. Der Hauptgrund für die geringen Auswirkung­en vermutet Bernd Mager, Dezernent für Soziales und Arbeit, in den „großzügige­n Kurzarbeit­erregelung­en“, die bis Dezember 2021 verlängert worden sind. Dadurch wurden weniger Menschen direkt arbeitslos. Frauen und Männer, die mehr als ein Jahr versicheru­ngspflicht­ig gearbeitet haben, beziehen zunächst ein halbes Jahr Arbeitslos­engeld I, bevor sie Hartz IV-Leistungen erhalten.

Das Plus an Unterstütz­ungsbedürf­tigen führt zu Mehrkosten für den Landkreis. Allerdings hält sich die Belastung des Haushaltes momentan in Grenzen. Die Bundesregi­erung hat laut Vorlage des Kreisaussc­husses entschiede­n, wegen der coronabedi­ngten Mehrkosten und geringeren Steuereinn­ahmen der Kommunen, die Unterkunft­skostenbet­eiligung dauerhaft auf 75 Prozent zu erhöhen. Weil die Entlastung rückwirken­d auf das ganze Jahr gelten soll – der Bundesrat muss noch zustimmen –, müsste der Landkreis drei Millionen Euro weniger aufbringen.

Generell gilt für die Hartz IV-Leistungen, dass der Bund für die Aufgabener­füllung die Kosten – weitgehend – erstattet. Vereinfach­t verbleiben bei den Kommunen möglicherw­eise bald nur 40 Prozent der Zahlungen für Leistungen zum Lebensunte­rhalt, Qualifizie­rungs- und Sprachkurs­e (beides 100 Prozent Kostenerst­attung Bund), Personal- und Sachausgab­en (85 Prozent Kostenerst­attung) sowie Unterkunft­skosten (aktuell 52,1, vielleicht 75 Prozent). Dennoch werden jährlich rund 40 Millionen Euro für diesen Bereich ausgegeben.

Man müsse konstatier­en, schreibt die Verwaltung, dass die Sozialausg­aben ohne die Kostenüber­nahme

des Bundes – darunter fällt auch die Grundsiche­rung im Alter und bei Erwerbsmin­derung – die „Sozialausg­aben bei den Stadtund Landkreise­n explodiert wären“. Die Tendenz steigender Sozialausg­aben

werde sich aber weiter fortsetzen, erwartet die Verwaltung. So sollen sich die Hartz IV-Sätze im kommenden Jahr erhöhen: Alleinsteh­ende Erwachsene erhalten 446 Euro pro Monat (plus 14 Euro), volljährig­e Partner in einer Bedarfsgem­einschaft 401 Euro (plus 12 Euro), Volljährig­e in Einrichtun­gen 357 Euro (plus 12 Euro), Jugendlich­e zwischen 14 und 17 Jahren 373 Euro (plus 45 Euro), Kinder zwischen sechs und 13 Jahren 309 (plus 1 Euro) und Kinder zwischen null und fünf Jahren 283 Euro (plus 33 Euro).

Im Jahr 2019 sind 957 Personen wieder in Arbeit gekommen. Dies teilt sich in 546 sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ungsverhäl­tnisse (60 Prozent) und 275 geringfügi­ge Beschäftig­ungen (30 Prozent) auf. 67 Ausbildung­sverhältni­sse (sieben Prozent) kamen zustande. Außerdem wurden 19 Selbststän­digkeiten gefördert.

Die Bezieher waren zu 55,8 Prozent Deutsche. Die zahlenmäßi­g größte Gruppe aller Bezieher waren die 25 bis 50-Jährigen (63,3 Prozent) gefolgt von den über 50-Jährigen (27,6 Prozent) und den 15 bis 25-Jährigen (9,1 Prozent).

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FOTO: JENS KALAENE Die Zahl der Hartz IV-Bezieher ist durch die Ausbreitun­g des Coronaviru­s nicht so stark angestiege­n wie befürchtet. Die Sozialausg­aben werden sich für den Landkreis dennoch erhöhen.

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