Ohne Bazooka am Kühlregal
Wer den Pfennig nicht ehrt ... und so weiter. Jeder kennt den Spruch – und hier im Schwäbischen erkennt die Mehrheit der Bürger auch die Wahrheit dahinter. Dennoch hinterlässt uns ein Phänomen ratlos: die Wirkunglosigkeit der Mehrwertsteuersenkung. Seit Monaten gilt ja der coronesk gesenkte Satz. Supermärkte aller Kategorien überbieten sich darin, tagtäglich zu versichern, dass diese gewaltige Ersparnis auch direkt an die treue Kundschaft weitergegeben werde: bei jedem stinkigen Käse, jedem Bodensee-Apfel und jedem Kirschsaft.
Finanzminister Olaf Scholz faselte bei der Verkündung der Maßnahme vom „Wumms“und einer „Bazooka“. Das ist übrigens eine – wir zitieren ausnahmsweise Wikipedia – „rückstoßfreie Panzerabwehrhandwaffe“, die in den 1940er-Jahren in den USA entwickelt wurde.
Und nun stehen wir gänzlich unbewaffnet vor dem Kühlregal, legen die Biomilch und den geliebten stichfesten Joghurt ins Wägele – und „Wumms“macht es höchstens, wenn wir in geistiger Umnachtung irgendwas danebenschmeißen. Da die wenigsten Menschen aktuell in der Verlegenheit
sind, eine neue S-Klasse oder einen schnittigen Porsche Taycan zu ordern, hält sich der ScholzEffekt doch in sehr überschaubaren Grenzen. Außerdem fehlen die klassischen Veräppelungstarife – 0,99 €, 1,99 €, 2,99 €. Irgendwie traurig.
Bazooka? Das Ganze ist bestenfalls eine Schreckschusspistole. Und eine Regierung, die nicht in der Lage ist, ein anständiges Sturmgewehr für seine Truppe zu bestellen, sollte sich Vergleiche mit Feuerwaffen aller Art ohnehin tunlichst verkneifen. (jos)
untermstrich@schwaebische.de