Längere Ferien für weniger Corona
Vorschlag, die Weihnachtsferien zu verlängern, sorgt für heftige Diskussionen – Ablehnung nicht nur seitens der Kultusminister im Süden
BERLIN (dpa) - Mit ihrem Vorschlag, die Weihnachts- und Winterferien wegen der Corona-Pandemie zu verlängern und stattdessen die Sommerferien zu kürzen, haben zwei Bundestagsabgeordnete der Union am Dienstag eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Lehrer-, Schüler- und Ländervertreter sowie Parteikollegen wiesen die Idee zurück. Der Bundeselternrat zeigte sich dagegen offen dafür.
Der Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß sagte der „Bild“-Zeitung: „Wir sollten darüber nachdenken, die Winterferien um zwei bis drei Wochen zu verlängern und im Sommer entsprechend zu kürzen.“Ziel müsse sein, bestmöglich durch die Pandemie zu kommen. Sein Fraktionskollege im Bundestag, Stephan Pilsinger (CSU), regte sogar bis zu vier Wochen längere Weihnachtsferien mit entsprechender Kürzung der Oster- und Sommerferien an. „Das Wohl der Schüler und Lehrer muss im Vordergrund stehen“, begründete er seinen Vorschlag. Hintergrund ist die Debatte über kalte Klassenzimmer, weil wegen des Coronavirus in kurzen Abständen gelüftet werden soll. Ziemlich deutlich fielen die Reaktionen bei Parteikollegen und Ländervertretern aus: „Nee“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Dienstag nach einer Kabinettssitzung in München. Es sei jetzt nicht die Zeit, über Ferienverlängerungen zu reden und damit mit „zusätzlichen Dingen“für Verunsicherung
zu sorgen. Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann sagte: „Ich bin skeptisch, ob dieser Vorschlag eine geeignete Schutzmaßnahme darstellt. Auch Ende Januar ist der Winter ja noch nicht vorbei, deshalb ist das ein wenig zu kurz gedacht.“Mit einer solchen Maßnahme würden eine ganze Reihe von neuen Problemen ausgelöst und die Schulen vor zusätzliche schulorganisatorische Herausforderungen gestellt. „Wir sollten den Schulen jetzt nicht noch zusätzliche Probleme aufhalsen, die Schulleitungen sind ohnehin schon sehr belastet durch die Corona-Krise“, so Eisenmann. Ihr bayerischer Amtskollege Michael Piazzolo sagte: „Es war der Wunsch der gesamten Schulfamilie, dass in diesem Schuljahr wieder Präsenzunterricht stattfindet. Dafür haben wir einen umfassenden Hygieneplan entwickelt. Wir sollten Schüler, Eltern und Lehrkräfte nicht mit Diskussionen über Schulferientermine verunsichern.“
Auch im Bildungsbereich winken die meisten ab: Der Vorsitzende des Grundschulverbandes, Edgar Bohn, nannte die Idee mit den verlängerten Ferien im Winter „wenig zielführend“. Es lasse sich nicht abschätzen, wie sich die Pandemie entwickele, sagte er. „Wir könnten also vor dem Problem stehen, dass wir auch im Frühjahr noch hohe Infektionszahlen haben und damit auch die Osterferien nicht verkürzt werden könnten.“Der Verband warnte zudem mit Blick auf benachteiligte Kinder davor, dass diese dadurch wieder über längere
Zeit keinen Kontakt zur Schule hätten. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, man sollte die Zeit nutzen, in der Präsenzunterricht mit vollen Klassen noch möglich sei.
Offen für den Vorstoß, die Winterferien zu verlängern, zeigte sich der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth: „Ich würde momentan selten Vorschläge von der Hand weisen.“Es seien besondere Zeiten: „Es gibt momentan keine verrückten Vorschläge“, sagte er. Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) will sich nach Angaben einer Sprecherin der KMK-Vorsitzenden und rheinland-pfälzischen Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) bei ihren Beratungen am Freitag mit dem Thema befassen. Hubig selbst lehnt den Vorschlag aber auch ab. Schon im August hatten sich namhafte Virologen, darunter Christian Drosten, Jonas Schmidt-Chanasit und Helmholtz-Forscherin Melanie Brinkmann in einer Stellungnahme für eine Diskussion über die Ausdehnung der Weihnachtsferien ausgesprochen.