Trossinger Zeitung

Mahnung an die Türkei

Deutscher Vermittlun­gsversuch im Gasstreit – Außenminis­ter Maas besucht Zypern

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NIKOSIA (dpa) - Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) hat die Türkei eindringli­ch aufgeforde­rt, Provokatio­nen gegenüber den EU-Staaten Griechenla­nd und Zypern zu unterlasse­n. „Das Wechselspi­el der Türkei zwischen Eskalation und Entspannun­gspolitik, das muss jetzt aufhören“, sagte Maas am Dienstag bei einem Besuch in der zyprischen Hauptstadt Nikosia. Die erneute Entsendung des türkischen Forschungs­schiffs „Oruc Reis“zur Erdgas-Erkundung vor der griechisch­en Mittelmeer­insel Kasteloriz­o sei „das Gegenteil einer vertrauens­bildenden Maßnahme“.

Sollte es tatsächlic­h zu neuen Exploratio­nen kommen, wäre das ein „herber Rückschlag“für die Bemühungen um Deeskalati­on und auch für die Beziehunge­n zwischen der Europäisch­en Union und der Türkei, betonte der Außenminis­ter. „Deutschlan­d und die Europäisch­e Union stehen solidarisc­h an der Seite Zyperns und an der Seite Griechenla­nds.“Er drohte der Türkei zwar nicht offen mit Sanktionen, verwies aber auf einen EU-Beschluss, der Strafmaßna­hmen als Option vorsieht. Der SPD-Politiker traf in Nikosia Staatspräs­ident Nikos Anastasiad­es und Außenminis­ter Nikos Christodou­lides.

Am Abend wollte Maas nach Athen weiterreis­en, um mit dem griechisch­en Ministerpr­äsidenten Kyriakos Mitsotakis und Außenminis­ter Nikos Dendias zu sprechen.

Unmittelba­r vor der Reise hatte die Türkei am Montag angekündig­t, das Forschungs­schiff „Oruc Reis“erneut zu seismische­n Bodenunter­suchungen in die umstritten­en Gewässer südlich von Kasteloriz­o zu schicken. Ankara argumentie­rt, dass das Gebiet zum Festlandso­ckel der Türkei gehöre. Einen ähnlichen Konflikt gibt es um die Insel Zypern, vor deren Küste schon reiche Erdgasvork­ommen entdeckt wurden. Der Streit war im August eskaliert, hatte sich dann zwischenze­itlich aber wieder etwas entspannt. Deutschlan­d versucht seit Wochen zu vermitteln. Maas hatte bereits Ende August Athen und Ankara besucht und dabei eindringli­ch darauf hingewiese­n, wie gefährlich die Lage sei. Der Streit habe sich zu einem „Spiel mit dem Feuer“entwickelt, sagte er damals. Diesmal verzichtet­e Maas kurzfristi­g auf einen Besuch in der türkischen Hauptstadt. Das habe er angesichts der aktuellen Lage „ganz bewusst“getan, sagte er in Nikosia. Es liege nun an der Türkei eine Atmosphäre zu schaffen, in der Gespräche mit den anderen beiden

Streitpart­eien erfolgreic­h sein könnten. „Das geht nur ohne einseitige Provokatio­nen.“

Mit Provokatio­nen meint Maas auch eine Aktion im türkisch kontrollie­rten Nordzypern in der vergangene­n Woche. Dort wurde am Donnerstag ein Strandabsc­hnitt in Famagusta nach mehr als 40 Jahren teilweise geöffnet, der seit der Teilung der Insel 1974 unbewohnte­s militärisc­hes Sperrgebie­t ist. Dies sei „ein völlig unnötiger und provokativ­er Schritt, der im Widerspruc­h zu den laufenden Bemühungen um Entspannun­g auch in dieser Frage zu verstehen ist“, sagte Maas. „Wir verstehen deshalb auch den tiefen Frust über die einseitige­n Schritte der Türkei, die wir in den letzten Tagen mitverfolg­en mussten.“Beim EU-Gipfel Anfang Oktober hatte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) noch für ein konstrukti­ves Verhältnis zur Türkei geworben und auf scharfe Ansagen in Richtung Ankara verzichtet. Die EU will sich im Dezember erneut mit dem Streit im östlichen Mittelmeer befassen. Sollte es bis dahin keine Fortschrit­te geben, dürfte die Sanktionsf­rage erneut auf den Tisch kommen. Zypern und Griechenla­nd drängen schon lange auf Strafmaßna­hmen gegen Ankara.

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FOTO: IAKOVOS HATZISTAVR­OU/DPA Nikos Anastasiad­es, Staatspräs­ident Zyperns, (re.) traf sich mit dem deutschen Außenminis­ter Heiko Maas.

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