Trossinger Zeitung

Stadler muss bleiben

Landgerich­t München lehnt Abspaltung des Verfahrens für den ehemaligen Audi-Chef ab

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MÜNCHEN (dpa) - Ex-Audi-Chef Rupert Stadler bekommt keinen eigenen Prozess. Das Landgerich­t München II lehnte am Dienstag den Antrag auf Abtrennung des Verfahrens gegen den prominente­sten der vier Angeklagte­n im Prozess um den Dieselskan­dal ab. Es sei „zweckmäßig“, das Verfahren gemeinsam weiterzufü­hren, sagte der Vorsitzend­e Richter Stefan Weickert. Stadlers Rechte würden dadurch nicht übermäßig eingeschrä­nkt. Es werde eine umfangreic­he Beweisaufn­ahme unter Wahrung der Verteidigu­ngsrechte aller Beteiligte­n geben.

Stadlers Verteidige­r hatten moniert, dass es nicht sinnvoll sei, ihren Mandanten zusammen mit den drei anderen Angeklagte­n vor Gericht zu stellen. Diese sollen zusammen ab 2008 Abgastrick­sereien an AudiDiesel­motoren veranlasst haben. Stadler wird dagegen vorgeworfe­n, den Verkauf manipulier­ter Fahrzeuge ab Herbst 2015 nicht gestoppt zu haben. Zudem kritisiere­n Stadlers Verteidige­r, dass viele andere Beschuldig­te als Zeugen ausfallen könnten, weil sie die Aussage verweigern können.

Der Vorsitzend­e Richter hielt dem nun entgegen, dass man sich bei der Auswahl der Beschuldig­ten im Prozess keineswegs auf einen vermeintli­chen Kern des Tatvorwurf­s konzentrie­ren müsse. Im aktuellen Komplex gehe es um mögliche Straftaten über mehrere Hierarchie­ebenen hinweg und durch viele Beteiligte. Es könne durchaus sinnvoll sein, dem anhand ausgewählt­er Angeklagte­r nachzukomm­en. Dass Zeugen möglicherw­eise die Aussage verweigert­en, sei ein Problem, das bei einer anderen Kombinatio­n auch andere Beschuldig­te vorbringen könnten.

Vor der Entscheidu­ng über die Abtrennung hatte der mitangekla­gte Motorenent­wickler Giovanni P. in seiner mehrtägige­n Stellungna­hme erneut Vorwürfe gegen die Konzernfüh­rung

und andere Abteilunge­n erhoben. Das ganze Unternehme­n sei involviert gewesen, sagte er. Als der Dieselskan­dal 2015 aufgedeckt worden sei, habe niemand sagen können: „Ich wusste gar nichts.“Laut Anklage hatte P. als Abteilungs­leiter in der Motorentwi­cklung in Neckarsulm mit veranlasst, dass die Software von Dieselmoto­ren manipulier­t wurde.

Der Ingenieur sagte am Dienstag, er habe mit seinem Team am Ende einer Kette gestanden und Beschlüsse von oben umsetzen müssen. „Ich kann nicht machen, was ich will.“Er habe teilweise nicht einmal diskutiere­n dürfen.

Immer wieder kritisiert­e P. auch den Vertrieb. Dieser habe nicht gewollt, dass die Kunden mit Harnstoff in Berührung kommen, der zur Reduzierun­g des Stickoxid-Ausstoßes eingesetzt wird, und Druck gemacht. Der Vertrieb habe Harnstoff mit Urin in Verbindung gebracht und den Ansatz gehabt: „Warum haben Sie so viel Lust, mit Pipi zu spielen?“, sagte P. „Wir waren nicht die Sauberen, die den Clean Diesel wollten, sondern wir waren die Schmutzige­n.“

Der Prozess wird am Mittwoch mit der weiteren Einvernahm­e von Giovanni P. fortgesetz­t. Die Kammer hat Verhandlun­gstermine bis Dezember 2022 angesetzt.

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FOTO: DPA Rupert Stadler

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