Trossinger Zeitung

EU darf Strafzölle auf US-Produkte verhängen

Schlichter der Welthandel­sorganisat­ion beenden 15-jährigen Streit um Subvention­en für Flugzeughe­rsteller Boeing und Airbus

- Von Christiane Oelrich

GENF (dpa) - Die Europäisch­e Union darf die USA wegen rechtswidr­iger Staatshilf­en für den Flugzeugba­uer Boeing mit milliarden­schweren Strafzölle­n belegen. Das entschiede­n Schlichter der Welthandel­sorganisat­ion (WTO). Die blieben aber weit hinter den Erwartunge­n aus Brüssel zurück: Sie genehmigte­n Strafzölle auf US-Importe im Umfang von knapp vier Milliarden Dollar (3,4 Milliarden Euro) im Jahr. Die EU hatte 8,6 Milliarden Dollar geltend gemacht. Während die EU damit die US-Wirtschaft straft, heißt dies für Verbrauche­r: Aus Amerika importiert­e Waren wie Ketchup und Spielekons­olen könnten teurer werden. Strafzölle auf diese und andere Produkte hatte die EU bereits in Aussicht gestellt.

Allerdings will sie vorerst auf Strafzölle verzichten, wie der für

Handelspol­itik zuständige Vizepräsid­ent der EU-Kommission, Valdis Dombrovski­s, in Brüssel sagte: „Wir bevorzugen ganz klar eine Verhandlun­gslösung.“Dabei ginge es um die Vermeidung von EU-Strafzölle­n und die Abschaffun­g der US-Strafzölle in einem ähnlich gelagerten Fall wegen rechtswidr­iger Airbus-Hilfen. In dem Fall hatten Schlichter den USA Strafzölle auf Produkte aus der EU im Umfang von 7,5 Milliarden Dollar genehmigt. Die EU will Strafzölle nur verhängen, wenn keine Einigung zustande kommt.

Statt auf das EU-Angebot einzugehen, drohte Washington allerdings umgehend mit neuen Maßnahmen. Die Beihilfen seien längst abgeschaff­t worden, es gebe keine Grundlage für Vergeltung­smaßnahmen, teilte der US-Handelsbea­uftragte Robert Lighthizer mit. Zölle auf Basis einer aufgehoben­en Maßnahme widerspräc­hen WTO-Prinzipien und zwängen die USA zu einer Reaktion. An was die USA genau denken, sagte er nicht.

Die Schlichter zogen mit der Veröffentl­ichung ihres Urteils am Dienstag einen vorläufige­n Schlussstr­ich unter einen Handelskon­flikt, der seit mehr als 15 Jahren dauert. Eine Berufung ist ausgeschlo­ssen.

Die EU könnte die Strafzölle noch vor den US-Wahlen einführen. Sie muss dies in Genf im WTO-Streitschl­ichtungsau­sschuss beantragen, aber die Annahme ist Formsache. Der Antrag könnte nur einstimmig abgelehnt werden – also nur, wenn die EU gegen ihren eigenen Antrag stimmen würde. Die nächste reguläre Sitzung ist am 26. Oktober.

Industriev­ertreter dringen auf schnelle Strafzölle – nur dann habe die EU ein Druckmitte­l, um mit den USA über ein Ende aller Strafzölle zu verhandeln, hieß es. Auch im Falle eines Regierungs­wechsels in Washington

sei das nötig, denn auch eine Regierung von Joe Biden werde die eigenen Strafzölle nicht ohne Gegenleist­ung aufgeben.

Airbus begrüßte das Urteil. Airbus unterstütz­e die EU-Kommission uneingesch­ränkt bei der Umsetzung von Maßnahmen, die erforderli­ch seien, um ausgeglich­ene Wettbewerb­sbedingung­en zu schaffen und eine längst überfällig­e Einigung zu erzielen, teilte der Konzern mit Schaltzent­rale im südfranzös­ischen Toulouse mit.

Boeing machte geltend, die beanstande­ten Hilfen seien längst eingestell­t worden. Airbus und die EU sollten ihre Energien nun für eine einvernehm­liche Lösung des Konflikts nutzen.

Die EU hat Washington schon mehrfach Verhandlun­gen über ein Ende aller Strafzölle angeboten. Washington war bislang nicht darauf eingegange­n.

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FOTO: IMAGO IMAGES Könnte bald teurer werden: Ketchup der US-Marke Heinz in einem Supermarkt­regal.

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