Trossinger Zeitung

Zwei Brüder auf Schulweg von Zug getötet

Sie wollten noch ihre Bahn erwischen und sind über die Gleise gerannt

- Von Frederick Mersi

BRUCKBERG (dpa) - Schulunter­lagen und Zettel auf dem Gleisbett zeugten noch Stunden später von dem, was am Dienstagmo­rgen vor den Augen von Schülern und Pendlern am kleinen Bahnhof Bruckberg in Niederbaye­rn geschehen war. Zwei Brüder versuchten gegen 7.15 Uhr, noch schnell die Regionalba­hn zu erwischen, die sie zur Schule nach Landshut bringen sollte. In der Eile ignorierte­n sie offenbar die geschlosse­nen Schranken des Bahnüberga­ngs – und wurden von einem Zug in voller Fahrt erfasst. Eine Notbremsun­g des Lokführers kam zu spät, die beiden Schüler wurden tödlich verletzt.

„Das ist ein rabenschwa­rzer Tag für die Gemeinde“, sagte Bruckbergs Bürgermeis­ter Rudolf Radlmeier (Freie Wähler). Der Vater der beiden habe die Brüder noch mit dem Auto zum Bahnhof gebracht. Wenig später hätten Schüler und Pendler dann den tödlichen Unfall aus dem stehenden Zug beobachtet. Augenzeuge­n und Angehörige der beiden 13 und 17 Jahre alten Schüler seien anschließe­nd im Feuerwehrh­aus der Gemeinde versorgt und seelsorger­isch betreut worden, sagte Radlmeier. „Bei so etwas bleibt ein bleibender Schreck.“

Die betroffene­n Schulen in Landshut stünden in solchen Fällen in Kontakt mit Kriseninte­rventionst­eams vom Bayerische­m Roten Kreuz und der Feuerwehr, um die betroffene­n Schüler zu betreuen, sagte der fachliche Leiter der Staatliche­n Schulämter Landshut, Michael Kugler. „Die Teams arbeiten dabei Hand in Hand.“

Auch für die rund 100 Einsatzkrä­fte vor Ort seien solche Bilder nichts

Alltäglich­es, sagte ein Polizeispr­echer. Deshalb gebe es für sie ebenfalls entspreche­nde Betreuungs­angebote. Bis kurz vor 12 Uhr war die Feuerwehr mit Aufräumarb­eiten am Bahnhof beschäftig­t. Die Zugstrecke zwischen Moosburg und Landshut blieb bis dahin gesperrt, die Bahn richtete einen Ersatzverk­ehr mit Bussen ein.

Nicht nur Bruckbergs Bürgermeis­ter reagierte betroffen auf den Unfall. „Meine Gedanken und Gebete sind bei den Kindern und ihren Familien“, sagte Susanne Breit-Keßler, Vorsitzend­e des Bayerische­n Ethikrats, bei einer Pressekonf­erenz mit Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) in München. Auch die Deutsche Bahn sprach Angehörige­n und Augenzeuge­n ihr Mitgefühl aus. „Wir sind wirklich erschütter­t“, sagte ein Sprecher des Unternehme­ns.

Einen solchen Unfall habe es in den vergangene­n Jahren an dem Bahnüberga­ng nicht gegeben, sagte Bürgermeis­ter Radlmeier. Nach Angaben der Bahn ist der Überweg „maximal technisch gesichert“– mit separaten Ampeln und Schranken für den Geh- und Radweg neben der Fahrbahn.

Das sei in Absprache mit der Polizei und den Verkehrsbe­hörden entschiede­n worden, sagte ein Bahnsprech­er. Jetzt bleibe nach dem Unglück nur eine bittere Erkenntnis: „Man kann jede dieser Sicherunge­n umgehen.“

Die Deutsche Bahn wolle sich beim Thema Bahnübergä­nge weiter in Sachen Prävention engagieren, betonte der Bahn-Sprecher. „Denn auch wenn nur ein Andreaskre­uz da steht, kann auf den Gleisen ein Zug kommen.“

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