Corona-Ausbruch scheint eingedämmt
Nur zwei positive Fälle am Dienstag – Bürgermeister beschließen Versammlungs-Verordnung
TUTTLINGEN - Der jüngste Ausbruch von Corona-Infektionen im Landkreis Tuttlingen scheint im Griff. Diese Hoffnung hat Landrat Stefan Bär bei einem Pressegespräch geäußert. Bei 65 Tests gab es am Dienstag nur zwei positive Fälle, die sich nicht auf eine Hochzeit in einer Kreisgemeinde zurückführen lassen. „Das ist die positive Botschaft“, sagte er. Vorübergehende Einschnitte bei der Teilnehmerzahl von privaten Veranstaltungen gibt es dennoch.
Im Kreisgebiet sind dem Gesundheitsamt aktuell 70 mit dem Coronavirus infizierte Personen bekannt. Weil sich bei den Tests am Dienstag keine Rückschlüsse auf eine Hochzeit in einer Kreisgemeinde, bei der sich 36 Landkreis-Bewohner und 38 Menschen aus dem Kreis Konstanz angesteckt hatten, ziehen ließen, atmete Bär etwas auf. „Wir haben die Hoffnung, dass sich der Ausbruch beruhigt hat.“Insgesamt waren neben den 85 Gästen und zwei Mitarbeitern noch rund 160 weitere Kontaktpersonen im Kreis Tuttlingen getestet worden. In Stockach (Kreis Konstanz) wurden am Samstag bei einer mobilen Testaktion rund 200 Menschen getestet.
Durch den starken Anstieg der Infektionen innerhalb der letzten Tage ist auch der Sieben-Tages-Wert über die Marke von 35 angestiegen. Dies hat die Folge, dass die Gemeinden – mit ihren Ortspolizeibehörden – einschreiten müssen. In einer gemeinsamen Sitzung von Landrat und den Bürgermeistern wurde vereinbart, dass die Anzahl an Teilnehmern bei privaten Veranstaltungen eingeschränkt wird. Wie berichtet, sind in angemieteten Räumen jetzt nur 50 anstatt 100 sowie in privaten Räumen 25 statt 50 Personen erlaubt. Diese Vorgaben gelten mit der Veröffentlichung in Medien und auf Gemeinde-Homepages ab sofort.
„Ich bin froh, dass wir das erreicht haben“, sagte Bär, der sich in diesem Punkt in Übereinstimmung mit den Bürgermeistern befand. Bei der Sitzung habe die Vorsicht als Leitlinie des Handelns überwogen, berichtet der Landrat. Bei wenigen Punkten habe man dann aber doch diskutieren müssen. So bei der Befristung der Verfügung. Letztlich habe sich aber die Mehrheit gegen eine Laufzeit über mehrere Wochen ausgesprochen. „Die Verfügung läuft nur so lange, wie wir im kritischen Bereich sind. Wenn wir an sieben Tagen in Folge unter der Marke von 35 Infektionen pro 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen sind, dann fällt die Vorgabe weg.“Diese gelte ohnehin nur für private Veranstaltungen. Ansonsten werde nach den Landesverordnungen gehandelt – deshalb dürfen auch Events, beispielsweise Messen und Kongresse in Tuttlingen, von mehr als 100 und bis zu 500 Personen besucht werden.
Auf Weihnachtsmärkte werde man in diesem Jahr aber verzichten, teilte Bär als Ergebnis des Treffens mit. Dass die Städte Trossingen und Tuttlingen schon vor der Bürgermeister-Sitzung mit Verordnungen vorgeprescht waren, wollte Bär nicht überbewerten. Als größte Städte des Kreises hätten sie vorsorglich ihre Maßnahmen getroffen. Verständnis zeigte der Landrat, dass Trossingen als Musikstadt auch öffentliche Veranstaltungen eingeschränkt hat. Dies habe ihre Ursache sicher im Frühjahr und sei mit den Veranstaltungen von Freikirchen zu erklären, die damals zu Infektionsherden geworden waren. Auf eine einheitliche Maskenpflicht an öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Räumen einigten sich die Bürgermeister nicht. „Dazu gibt es noch keine Not. Wir sollten lieber nachlegen, wenn es den Bedarf gibt“, sagte Bär.
Dieser scheint im Landkreis eher zurückzugehen. Die höchsten Infektionszahlen gibt es nach Tuttlingen (31) und Emmingen-Liptingen (7) – jeweils bedingt durch die Hochzeit – in Spaichingen mit zehn Personen. Dies, so Bär, sei immer noch eine Folge von Reiserückkehrern und den angesteckten Kontaktpersonen. „Insgesamt verteilt sich die Belastung auf mehrere Gemeinden im Landkreis“, sagte der Landrat. Er sei gespannt, wie die Entwicklung in den nächsten Tagen sei. Sollte es bei einstelligen Werten bleiben, dann werde der Kreis – weil zweistellige Infektionszahlen seit Mittwoch aus der Sieben-Tages-Wertung fallen – bald unter die 35er-Marke rutschen. Bär forderte „ein vernünftiges Verhalten bei privaten Feiern“. Dann werde sich eine Situation wie in der vergangenen Woche nicht wiederholen.
„Räumliche Nähe und ungezwungenes Verhalten kann eine Quelle für Ansteckung sein“, betonte der Landrat und wies auf den Zwiespalt der Verwaltungen hin. „Wir wollen uns auf den Winter gut vorbereiten und Veranstaltungen nicht komplett verbieten. Es zählt aber die Verhältnismäßigkeit. Wir reduzieren die Teilnehmerzahl, um bei der Nachverfolgung schnell reagieren zu können.“Insgesamt habe er riesigen Respekt vor der Leistung im Gesundheitsamt. Das Personal, das zur Nachverfolgung der Kontaktpersonen zusammengestellt worden war, habe toll gearbeitet. „Sie haben schnell und sehr gut die Kontakte ermittelt.“In den nächsten Wochen sollen alle neun Stellen, die der Kreistag für die Personen-Überprüfung bewilligt hat, auch besetzt sein. Manch einer sei in der aktuellen Situation an der Belastungsgrenze gewesen.
So hatte es widersprüchliche Aussagen gegeben, wie lange sich Schüler nach einem positiven Fall an ihrer Bildungseinrichtung in Quarantäne befinden müssen. Bär stellte klar, dass es 14 Tage sind. „Das ist unsere Linie.“Früher habe man bei niedrigen Fallzahlen noch Schüler abfragen können, wie eng der Kontakt war. Dies sei jetzt nicht mehr zu leisten. Deshalb würden Schulklassen nun für zwei Wochen nach Hause geschickt. Aktuell betrifft dies das Otto-Hahn-Gymnasium
(fünf Klassen), das ImmanuelKant-Gymnasium, die Ferdinand-vonSteinbeisund die Schildrainschule sowie Mutpol mit jeweils einer Klasse. Auch in der Realschule Gosheim/ Wehingen sind zwei Klassen in Quarantäne. Dies sei aber ein Sonderfall, weil die positiv getesteten Schüler aus dem Kreis Rottweil stammen. Insgesamt, schätzt Bär, sind mit Schülern, Eltern und Lehrern mehr als 500 Personen in Quarantäne.
Auch wenn die Zahlen nun wieder zurückgehen: Der Kreis rüstet sich für die Zukunft. So wurden am Testzentrum Spaichingen Räume für eine Fieberambulanz – zur Untersuchung von Corona-Erkrankter – eingerichtet. Aktuell sind zwei Personen stationär ohne Beatmung in der Klinik. All dies, so Bär, mache Hoffnung. „Aber auch nicht mehr.“
Auch Trossingens Bürgermeister Dr. Clemens Maier betont: „ Die steigenden Zahlen bereiten uns Sorge. Wir alle sind jetzt gefordert, uns wieder vorsichtiger zu verhalten und dem Virus keine Chance zu geben. Das Ziel muss sein, keinen Lock-down mehr erleben zu müssen.“Die Trossinger Bürger bittet Maier, sich regelmäßig auf der Homepage der Stadt zu informieren, wie die aktuelle Rechtslage für Trossingen ist. Polizeiliche Allgemeinverfügungen und weitere Hinweise würden dort tagesaktuell veröffentlicht.