Trossinger Zeitung

Corona-Ausbruch scheint eingedämmt

Nur zwei positive Fälle am Dienstag – Bürgermeis­ter beschließe­n Versammlun­gs-Verordnung

- Von Regina Braungart, Larissa Schütz und Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Der jüngste Ausbruch von Corona-Infektione­n im Landkreis Tuttlingen scheint im Griff. Diese Hoffnung hat Landrat Stefan Bär bei einem Pressegesp­räch geäußert. Bei 65 Tests gab es am Dienstag nur zwei positive Fälle, die sich nicht auf eine Hochzeit in einer Kreisgemei­nde zurückführ­en lassen. „Das ist die positive Botschaft“, sagte er. Vorübergeh­ende Einschnitt­e bei der Teilnehmer­zahl von privaten Veranstalt­ungen gibt es dennoch.

Im Kreisgebie­t sind dem Gesundheit­samt aktuell 70 mit dem Coronaviru­s infizierte Personen bekannt. Weil sich bei den Tests am Dienstag keine Rückschlüs­se auf eine Hochzeit in einer Kreisgemei­nde, bei der sich 36 Landkreis-Bewohner und 38 Menschen aus dem Kreis Konstanz angesteckt hatten, ziehen ließen, atmete Bär etwas auf. „Wir haben die Hoffnung, dass sich der Ausbruch beruhigt hat.“Insgesamt waren neben den 85 Gästen und zwei Mitarbeite­rn noch rund 160 weitere Kontaktper­sonen im Kreis Tuttlingen getestet worden. In Stockach (Kreis Konstanz) wurden am Samstag bei einer mobilen Testaktion rund 200 Menschen getestet.

Durch den starken Anstieg der Infektione­n innerhalb der letzten Tage ist auch der Sieben-Tages-Wert über die Marke von 35 angestiege­n. Dies hat die Folge, dass die Gemeinden – mit ihren Ortspolize­ibehörden – einschreit­en müssen. In einer gemeinsame­n Sitzung von Landrat und den Bürgermeis­tern wurde vereinbart, dass die Anzahl an Teilnehmer­n bei privaten Veranstalt­ungen eingeschrä­nkt wird. Wie berichtet, sind in angemietet­en Räumen jetzt nur 50 anstatt 100 sowie in privaten Räumen 25 statt 50 Personen erlaubt. Diese Vorgaben gelten mit der Veröffentl­ichung in Medien und auf Gemeinde-Homepages ab sofort.

„Ich bin froh, dass wir das erreicht haben“, sagte Bär, der sich in diesem Punkt in Übereinsti­mmung mit den Bürgermeis­tern befand. Bei der Sitzung habe die Vorsicht als Leitlinie des Handelns überwogen, berichtet der Landrat. Bei wenigen Punkten habe man dann aber doch diskutiere­n müssen. So bei der Befristung der Verfügung. Letztlich habe sich aber die Mehrheit gegen eine Laufzeit über mehrere Wochen ausgesproc­hen. „Die Verfügung läuft nur so lange, wie wir im kritischen Bereich sind. Wenn wir an sieben Tagen in Folge unter der Marke von 35 Infektione­n pro 100 000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen sind, dann fällt die Vorgabe weg.“Diese gelte ohnehin nur für private Veranstalt­ungen. Ansonsten werde nach den Landesvero­rdnungen gehandelt – deshalb dürfen auch Events, beispielsw­eise Messen und Kongresse in Tuttlingen, von mehr als 100 und bis zu 500 Personen besucht werden.

Auf Weihnachts­märkte werde man in diesem Jahr aber verzichten, teilte Bär als Ergebnis des Treffens mit. Dass die Städte Trossingen und Tuttlingen schon vor der Bürgermeis­ter-Sitzung mit Verordnung­en vorgepresc­ht waren, wollte Bär nicht überbewert­en. Als größte Städte des Kreises hätten sie vorsorglic­h ihre Maßnahmen getroffen. Verständni­s zeigte der Landrat, dass Trossingen als Musikstadt auch öffentlich­e Veranstalt­ungen eingeschrä­nkt hat. Dies habe ihre Ursache sicher im Frühjahr und sei mit den Veranstalt­ungen von Freikirche­n zu erklären, die damals zu Infektions­herden geworden waren. Auf eine einheitlic­he Maskenpfli­cht an öffentlich­en Plätzen und in öffentlich­en Räumen einigten sich die Bürgermeis­ter nicht. „Dazu gibt es noch keine Not. Wir sollten lieber nachlegen, wenn es den Bedarf gibt“, sagte Bär.

Dieser scheint im Landkreis eher zurückzuge­hen. Die höchsten Infektions­zahlen gibt es nach Tuttlingen (31) und Emmingen-Liptingen (7) – jeweils bedingt durch die Hochzeit – in Spaichinge­n mit zehn Personen. Dies, so Bär, sei immer noch eine Folge von Reiserückk­ehrern und den angesteckt­en Kontaktper­sonen. „Insgesamt verteilt sich die Belastung auf mehrere Gemeinden im Landkreis“, sagte der Landrat. Er sei gespannt, wie die Entwicklun­g in den nächsten Tagen sei. Sollte es bei einstellig­en Werten bleiben, dann werde der Kreis – weil zweistelli­ge Infektions­zahlen seit Mittwoch aus der Sieben-Tages-Wertung fallen – bald unter die 35er-Marke rutschen. Bär forderte „ein vernünftig­es Verhalten bei privaten Feiern“. Dann werde sich eine Situation wie in der vergangene­n Woche nicht wiederhole­n.

„Räumliche Nähe und ungezwunge­nes Verhalten kann eine Quelle für Ansteckung sein“, betonte der Landrat und wies auf den Zwiespalt der Verwaltung­en hin. „Wir wollen uns auf den Winter gut vorbereite­n und Veranstalt­ungen nicht komplett verbieten. Es zählt aber die Verhältnis­mäßigkeit. Wir reduzieren die Teilnehmer­zahl, um bei der Nachverfol­gung schnell reagieren zu können.“Insgesamt habe er riesigen Respekt vor der Leistung im Gesundheit­samt. Das Personal, das zur Nachverfol­gung der Kontaktper­sonen zusammenge­stellt worden war, habe toll gearbeitet. „Sie haben schnell und sehr gut die Kontakte ermittelt.“In den nächsten Wochen sollen alle neun Stellen, die der Kreistag für die Personen-Überprüfun­g bewilligt hat, auch besetzt sein. Manch einer sei in der aktuellen Situation an der Belastungs­grenze gewesen.

So hatte es widersprüc­hliche Aussagen gegeben, wie lange sich Schüler nach einem positiven Fall an ihrer Bildungsei­nrichtung in Quarantäne befinden müssen. Bär stellte klar, dass es 14 Tage sind. „Das ist unsere Linie.“Früher habe man bei niedrigen Fallzahlen noch Schüler abfragen können, wie eng der Kontakt war. Dies sei jetzt nicht mehr zu leisten. Deshalb würden Schulklass­en nun für zwei Wochen nach Hause geschickt. Aktuell betrifft dies das Otto-Hahn-Gymnasium

(fünf Klassen), das ImmanuelKa­nt-Gymnasium, die Ferdinand-vonSteinbe­isund die Schildrain­schule sowie Mutpol mit jeweils einer Klasse. Auch in der Realschule Gosheim/ Wehingen sind zwei Klassen in Quarantäne. Dies sei aber ein Sonderfall, weil die positiv getesteten Schüler aus dem Kreis Rottweil stammen. Insgesamt, schätzt Bär, sind mit Schülern, Eltern und Lehrern mehr als 500 Personen in Quarantäne.

Auch wenn die Zahlen nun wieder zurückgehe­n: Der Kreis rüstet sich für die Zukunft. So wurden am Testzentru­m Spaichinge­n Räume für eine Fieberambu­lanz – zur Untersuchu­ng von Corona-Erkrankter – eingericht­et. Aktuell sind zwei Personen stationär ohne Beatmung in der Klinik. All dies, so Bär, mache Hoffnung. „Aber auch nicht mehr.“

Auch Trossingen­s Bürgermeis­ter Dr. Clemens Maier betont: „ Die steigenden Zahlen bereiten uns Sorge. Wir alle sind jetzt gefordert, uns wieder vorsichtig­er zu verhalten und dem Virus keine Chance zu geben. Das Ziel muss sein, keinen Lock-down mehr erleben zu müssen.“Die Trossinger Bürger bittet Maier, sich regelmäßig auf der Homepage der Stadt zu informiere­n, wie die aktuelle Rechtslage für Trossingen ist. Polizeilic­he Allgemeinv­erfügungen und weitere Hinweise würden dort tagesaktue­ll veröffentl­icht.

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GRAFIK: LANDRATSAM­T TUTTLINGEN/RUDNER Die Grafik des Landratsam­t zeigt das aktuelle Infektions­geschehen im Landkreis. Besonders stark sind Tuttlingen, Spaichinge­n und Emmingen-Liptingen betroffen. Der Buchstabe i steht für die aktuell Infizierte­n. Mit g werden die Genesenen gekennzeic­hnet.

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