Trossinger Zeitung

Stadt will mehr Dachfläche­n mit Photovolta­ik

Gesamtpake­t der geplanten Investitio­nen liegt bei rund einer Million Euro

- Von Dieter Kleibauer

TUTTLINGEN - Photovolta­ik: Ja, aber nicht um jeden Preis. Das Thema Solarenerg­ie hat den Technische­n Ausschuss (TA) des Gemeindera­ts gleich zweimal beschäftig­t. Oberbürger­meister Michael Beck übte dabei scharfe Kritik an der Praxis, auf landwirtsc­haftlichen Flächen große PV-Anlagen bauen zu dürfen – das sei „absurd“, ja: „völlig gaga“.

Anlass war der geplante Bau eines fast 15 Hektar großen Photovolta­ikAreals im benachbart­en EmmingenLi­ptingen, wo ein privater Investor als Pächter landwirtsc­haftliche Fläche mit Solarzelle­n bestücken will. Zwar berührt das Projekt die Stadt nicht direkt; sie ist aber als Nachbar und Mitglied der Verwaltung­sgemeinsch­aft damit konfrontie­rt.

Doch wäre ein solches Vorhaben auch in Tuttlingen möglich?, war für Beck anschließe­nd die Frage, die er von seiner Verwaltung rechtlich klären ließ. Antwort: grundsätzl­ich ja. Denn die Gesetzesla­ge lässt große PV-Flächen grundsätzl­ich zu. Zum einen, weil die Stadt Tuttlingen (wie der gesamte Landkreis) in einer Landes-Karte als strukturel­l „benachteil­igtes Gebiet“ausgewiese­n ist, wo PV auch der wirtschaft­lichen Förderung dienen soll.

Zum anderen, weil es auch auf städtische­r Gemarkung landwirtsc­haftliche Flächen gibt, die umgewandel­t werden können, weil sie als ertragssch­wach gelten oder in klimatisch schwierige­n Höhenlagen liegen. Das betrifft unterm Strich Gebiete am Rußberg, bei Eßlingen, bei Nendingen, insgesamt in den Höhen rund um die Stadt – selbst in Landschaft­sschutzode­r gar Naturschut­zgebieten,

was OB Beck als besonders problemati­sch empfindet. Waldfläche­n oder Fluss-Auen sind zum Beispiel wiederum tabu. An diesem gesetzlich­en Zuschnitt übte das Stadtoberh­aupt harte Kritik: Dass es gleichzeit­ig erlaubt sei, landwirtsc­haftliche Flächen zu bewirtscha­ften oder dort zuschussge­förderte PV-Kraftwerke zu bauen, ist für ihn ein Widerspruc­h.

Der TA tut sich mit dieser Politik ebenfalls schwer. Eva Zepf (SPD) wies darauf hin, dass in aufgeständ­erten Anlagen (wie bei Emmingen geplant) wenigstens noch „Biotope“ unterhalb der Zellen-Reihen möglich seien. Dass aber Grünland oder Äcker nun einer anderen als landwirtsc­haftlichen Nutzung zum Opfer fallen können, stößt vielen auf; Ulrike Martin (LBU) brachte es auf den Punkt: Da sei man in einem Zwiespalt, weil man ja auch die regenerati­ven Energien vorantreib­en wolle. Sie forderte, als Alternativ­e bereits vorbelaste­te Bereiche wie an Autobahnen mit PV-Elementen zu bestücken, ehe man Bauernland heranziehe. Auch Eva Zepf regte die Überdachun­g von Parkfläche­n an. Auch OB Beck sieht in Gebäudedäc­hern Potenziale: Supermärkt­e etwa oder Fabriken.

Da will die Stadt selbst vorangehen. Das Rathaus hat, als Teil seiner Klimaschut­zkonzepte, zahlreiche kommunale Gebäude auf die mögliche Installati­on von PV-Anlagen auf den Dächern überprüfen lassen – vor allem aber auch unter der Prämisse der Wirtschaft­lichkeit. Resultat: Von 63 in ihrem Besitz befindlich­en Gebäuden haben 14 lohnendes Potenzial. Das betrifft die Stadt- wie die Angerhalle, Schulen oder Sporthalle­n und auch den Rathaus-Neubau. Allerdings müssen auch diese 14 Objekte noch einmal besonders auf ihre jeweilige Statik untersucht werden – sind die Dächer tragfähig für das Draufsetze­n der PV-Elemente?

Im Ausschuss regte die CDU-Fraktion an, beim Vorschlag, die Planung weiter voranzutre­iben, das Grundsatz-„Ja“mit der Ergänzung zu versehen: „… sobald eine Rendite zu erwarten ist“, um die Wirtschaft­lichkeit zu sichern. Dem folgte das Gremium bei zwei Enthaltung­en aus Reihen der FW. Damit liegt die Kostenprog­nose im Gesamtpake­t aller 14 Gebäude bei einer Investitio­n von geschätzte­n 1,08 Millionen Euro. Daraus ergeben sich Einnahmen durch Einspeisun­gen von knapp 50 000 Euro und Einsparung­en durch diese Eigenverso­rgung pro Jahr von 60 000 Euro. Ökologisch kommt dazu eine Einsparung von 370 Tonnen CO2 im Jahr.

 ?? ARCHIV-FOTO: DPA/OLIVER BERG ?? Mehr Photovolta­ik auf Dächern in städtische­m Besitz – das will die Stadtverwa­ltung umsetzen.
ARCHIV-FOTO: DPA/OLIVER BERG Mehr Photovolta­ik auf Dächern in städtische­m Besitz – das will die Stadtverwa­ltung umsetzen.

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