Türkgücü droht der Rauswurf aus dem Spielbetrieb
Nach Tätlichkeiten und Verstößen gegen die Verbandsstatuten muss der Tuttlinger Fußballverein strenge Auflagen erfüllen
TUTTLINGEN - Dem Fußball-Kreisligisten Türkgücü Tuttlingen droht der Ausschluss vom Spielbetrieb in der Kreisliga B, Staffel 2, Schwarzwald. Das hat der Württembergische Fußballverband (WFV) beschlossen, nachdem Spieler des Vereins in der jüngsten Vergangenheit wiederholt bei gewalttätigen Auseinandersetzungen in Spielen involviert waren. Kommt der Verein den Auflagen des Fußballverbandes nicht nach, droht ihm der Rauswurf aus dem Spielbetrieb des WFV.
Nach dem Gewaltexzess im Kreisliga-B2-Spiel beim SV Egesheim, bei dem es Anfang März zu einer Massenschlägerei mit Verletzten zwischen Spielern des SV Egesheim und Türkgücü Tuttlingen gekommen war und der Schiedsrichter die Begegnung abgebrochen hatte, zog der WFV die Konsequenzen. Wegen der gewalttätigen Aktionen auf dem Spielfeld müssen die Verantwortlichen und beteiligten Spieler beider Vereine an einem Gewaltpräventionsseminar des Verbandes teilnehmen. Beide Vereine erhielten zudem eine Geldstrafe in Höhe von 400 Euro sowie drei Minuspunkte aufgebrummt. Dann wurde wegen der Corona-Pandemie die Saison vorzeitig beendet.
Für Türkgücü Tuttlingen war die Angelegenheit damit aber nicht beendet. Der Verein war als Wiederholungstäter in der jüngsten Vergangenheit dem Verband zu oft wegen tätlichen Auseinandersetzungen, Übergriffen auf und Unregelmäßigkeiten beim Umgang mit den Spielerpässen aufgefallen.
Mit der Konsequenz: Türkgücü Tuttlingen ist vom WFV zur Bedingung für die Austragung der Heimspiele gemacht worden, einen gewerblichen Security-Service zu beauftragen, um die Sicherheit von Spielern, Funktionären und Zuschauern zu gewährleisten und das bis Ende des Jahres. Zusätzlich wird jedes Heimspiel der Tuttlinger von einer Aufsicht des Verbandes vor
Ort verfolgt. Bei Auswärtsspielen muss der Verein außerdem zwei Ordner aus den eigenen Reihen benennen und dem Verband melden.
Yilmaz Sahbaz, Vorsitzender von Türkgücü Tuttlingen, findet die Bestrafung durch den WFV „übertrieben“, wie er im Gespräch mit unserer Zeitung betont. Für den Security-Service müsse sein Verein pro Heimspiel zwischen 100 und 150 Euro berappen. Hinzu kommen die Kosten für die Verbandsaufsicht des WFV-Funktionärs, die je Heimspiel mit bis zu rund 65 Euro zu Buche schlagen können. Sahbaz erneuert allerdings die Vorwürfe gegen den SV Egesheim, dass die Tuttlinger Spieler in Egesheim von Zuschauern und Spielern mit rassistischen Beleidigungen provoziert worden seien. „Wir waren nicht schuld am Spielabbruch“, betont Sahbaz und schiebt dem Unparteiischen der Partie den Schwarzen Peter hin, der auf die Beleidigungen nicht reagiert habe.
Das Sportgericht des WFV hatte Handybilder ausgewertet und war zu dem Schluss gekommen, dass der Spielabbruch von beiden Mannschaften herbeigeführt worden war. „Zwei Spielabbrüche in kurzer Zeit und ein falscher Spielerpass bei Türkgücü Tuttlingen waren ausschlaggebend, diese Strafe seitens des WFV auszusprechen“, erklärt Matthias Harzer, Spielleiter des WFV-Bezirks Schwarzwald. Diese Strafe will Harzer auch als Signal an andere Verein wissen, dass Gewalt auf Fußballplätzen tabu
Findet Yilmaz Sahbaz, Vorsitzender von Türkgücü Tuttlingen, die vom WFV auferlegte Strafe. ist und vom Verband nicht toleriert werde.
Während Spieler und Verantwortliche vom SV Egesheim noch auf ihren Termin für das Gewaltpräventionsseminar beim WFV warten, hat Türkgücü Tuttlingen die Einladungen und Aufforderung zum Seminar im Juli und August verstreichen lassen. Dies sei der „schlechten Kommunikation zwischen Verband und dem Verein geschuldet gewesen“, erklärt José Macias, zuständig für den Spielbetrieb beim WFV. Ende September sei dann eine überschaubare Abordnung zum Seminar erschienen. „Neun Personen waren da, sechs fehlten. Diese Spieler bleiben bis auf Weiteres gesperrt, bis sie das Seminar besucht haben“, sagt Macias. Allerdings hatte der WFV am vergangenen Wochenende das vorbildliche Verhalten des Tuttlinger Vereins bei seinem Heimspiel gegen den FSV Denkingen II gelobt.
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Die neuerliche Begegnung zwischen dem SV Egesheim und Türkgücü Tuttlingen ist aufgrund von noch laufenden zivilrechtlichen Prozessen auf den 6. Dezember verlegt.
Eine Notiz am Rande: Matthias Schöck, Präsident des Württembergischen Fußballverbandes, hatte am 8. Juli zur neuen Saison 2020/21 sämtliche Spielsperren von betroffenen Spielern mit einer „Gnadenentscheidung“aufgehoben. Somit auch die gesperrten Spieler des SV Egesheim und von Türkgücü Tuttlingen, die wegen ihrer Tätlichkeiten zum Spielabbruch im März in Egesheim beigetragen hatten, und nun wieder spielen dürfen.
„Übertrieben.“