Das Vaterunser betete sie schon als Kleinkind
Shari Georges ist die neue Vikarin der evangelischen Kirchengemeinde Trossingen
TROSSINGEN - Shari Georges wird die kommenden zweieinhalb Jahre in Trossingen ihre praktische Ausbildung zur Pfarrerin absolvieren. Sie stößt in einer für die evangelische Kirchengemeinde spannenden Zeit zum Team: Schuras Pfarrer Michael Bastian ist vor einigen Wochen in die USA zurückgekehrt, mit dem Neubau des Gemeindezentrums läuft ein Jahrhundertprojekt und die CoronaPandemie sorgt für unsichere Zeiten.
Seit Anfang Oktober ist die 31-Jährige in der Musikstadt - und erlebte direkt das Richtfest des Gemeindezentrums an der Martin-Luther-Kirche mit. Das sei schon der vielen positiven Begegnungen wegen eine tolle Erfahrung gewesen, findet sie. „Trossingen kannte ich vorher gar nicht“, sagt Georges, „allerdings war mir die Familie Hohner ein Begriff.“Offiziell vorgestellt worden ist sie der evangelischen Kirchengemeinde bereits.
In den kommenden Wochen wird sie vorwiegend zuschauen und hospitieren, außerdem gelegentlich die Liturgie oder Predigt im Gottesdienst übernehmen. Betreut wird sie dabei von Pfarrerin Gabriele Großbach, die bereits für Georges Vorgängerin Britta Mann als Mentorin agierte. Die neue Vikarin wird allerdings relativ schnell eigenständig
Aufgaben übernehmen. „In der Weihnachtszeit gestalte ich dann selbst einen Gottesdienst“, berichtet sie.
Shari Georges stammt aus einer Familie, in der Glaube stets wichtig war. Aufgewachsen ist die gebürtige Peruanerin in Reutlingen, wo ihre Mutter als Religionslehrerin tätig ist. „Das hat mich schon geprägt“, sagt die Vikarin. „Es gibt noch Videos von mir, auf denen ich schon als Kleinkind das Vaterunser bete.“Mit dem Gedanken, ihr Leben der Kirche zu widmen, trug sie sich schon zu Schulzeiten. „Den Pfarrberuf habe ich immer als sehr sinnvoll betrachtet“, erzählt sie. „Es ist eine so wichtige Aufgabe, die Menschen zu begleiten.“
Allerdings schreckten sie zunächst die alten Sprachen ab, die sie im Theologiestudium von Null auf lernen müsste - denn mit Latein, Altgriechisch oder Althebräisch hatte sie sich in der Schule bis dahin nie befassen müssen. „Also studierte ich erstmal Kunstgeschichte“, erinnert sich Georges. Nach nur einem Semester beschloss sie dann aber doch, ihrem Herzen zu folgen und schrieb sich für Theologie ein. Nachdem sie zunächst in Tübingen studierte, wechselte sie später nach Berlin und Marburg. „Jede Fakultät hat ein bisschen eine eigene theologische Richtung“, sagt sie. „Marburg zum Beispiel
verbindet Theologie mit Politik, und dort werden die amerikanischen Theologen viel gelesen.“Die verschiedenen Einblicke seien besonders spannend gewesen.
Beendet ist ihre theoretische Ausbildung mit dem Studium aber nicht:
Während ihres Vikariats wird Shari Georges regelmäßig nach Stuttgart fahren, um sich gemeinsam mit den anderen Vikaren fortzubilden, in Religionspolitik etwa. Für die große Gruppe von 40 Vikaren steht noch im Oktober die Einführungswoche an, Georges ist Ende Oktober an der Reihe. „Da wird dann zum Beispiel der Talar vermessen“, erläutert sie.
Praktisch wird es dann immer, wenn sie in der Trossinger Gemeinde mitwirkt. „Die Vikariatszeit ist ja auch zum Üben und Ausprobieren da“, meint Shari Georges, die sich auf alle Anlässe freut. „Besonders wichtig sind mir aber Beerdigungen“, stellt sie fest. „Sie sind ein wichtiger Ort für die Kirche.“Die Menschen in ihrer Trauer zu begleiten sieht sie als bedeutende Aufgabe der Pfarrer.
Überhaupt legt Shari Georges viel Wert auf persönliche Kontakte und Gespräche, auch in Form von Gemeindebesuchen. Dass die Aufgaben der Kirche immer noch beziehuhungsweise mehr denn je Bedeutung haben, davon ist sie überzeugt: „Die Kirche trägt die Hoffnung in die Welt und glaubt an das Gute im Menschen.“
Und wenn Shari Georges mal Freizeit hat? „Die Trossinger Natur ist toll, das habe ich schon gesehen. Ich wandere sehr gerne“, erzählt sie. Eine andere Leidenschaft, die sie derzeit wegen des Vikariats und der Corona-Pandemie ruhen lässt, ist das Reisen. „Ich hatte das Glück, schon viele Länder zu sehen“, sagt sie. In den kommenden zweieinhalb Jahren wird sie nun die Musikstadt und die evangelische Kirchengemeinde kennenlernen.