Filigrane Kunst entsteht mit der Kettensäge
Skulpturen von Armin Göhringer sind in der Galerie der Stadt Tuttlingen ausgestellt
TUTTLINGEN - „Riskante Grenzgänge“lautet der Titel der aktuellen Ausstellung des Kunstkreises in der Galerie der Stadt Tuttlingen: Noch bis zum 22. November sind die beeindruckenden Holzplastiken zu sehen, die der Bildhauer Armin Göhringer mittels Kettensäge aus Baumstämmen entstehen lässt.
Eine Woche lang habe er die Werke eingepackt, die wie geschaffen für die lichtdurchfluteten Räume der städtischen Galerie sind, erzählt der 66-jährige Künstler aus Zell am Harmersbach. Denn auch wenn die teils hochformatigen, schlanken und filigranen, teils horizontal ausgerichteten Plastiken aus kompakten Baumstämmen gearbeitet sind: „Sie sind Beispiele dessen, was unter Herausnahme von maximal viel Material und einem ausgeklügelten Belassen von tragenden und lastenden Passagen und mit Rücksicht auf Kraft und Gegenkraft gerade noch möglich ist“, beschreibt Galerieleiterin Anna-Maria Ehrmann-Schindlbeck die Skulpturen.
Aus verschiedenen Hölzern, je nachdem ob für den Innen- oder Außenbereich Mammut, Platane, Rubinie oder Eiche, lässt Armin Göhringer seine Plastiken entstehen. Zuvor fertigt der Künstler, der seine Karriere als Maler begonnen hat, Skizzen seiner Ideen, die er dann auf den passenden Baumstamm überträgt. Diese Arbeitsspuren lässt er absichtlich bestehen, betont sie sogar noch durch Auftragen weißer oder schwarzer Dispersionsfarbe, die die Maserung fast verschwinden lässt. Mit der Kettensäge nimmt er waagrechte oder senkrechte Schnitte vor, schafft Durchbrüche und dünne, „sehr schwer zu machende Stege“, die schwere Köpfe tragen: Die Balance sei sein großes Thema, formal wie auch ideell, erklärt der Künstler die „großen Köpfe, die den Geist repräsentieren, auf dem zu kleinen Körper, der für Gefühle steht - das hat sich falsch entwickelt.“
Seit den 1980-er Jahren ist er als Bildhauer tätig, seit 1985 faszinieren ihn die Schnittstellen, das Aufeinandertreffen von senkrechten und waagrechten Linien, die Polarität. Mit frischem Holz, seinen Zug- und Druckkräften zu arbeiten fordert ihn ebenso heraus wie das Ausloten der Balance und Stabilität, lässt ihn immer wieder an die Grenze gehen. Man sollte sich also Zeit lassen beim Betrachten dieser faszinierenden Plastiken, die die Galerieleiterin als „Gleichnisse für das Wagnis und die Fragilität allen Daseins“bezeichnet.