Trossinger Zeitung

Kein Kompromiss bei Elternbeit­rägen

In Rietheim-Weilheim bleibt es bei der Erhöhung – Eltern sind enttäuscht von Gesprächen

- Von Alena Ehrlich

RIETHEIM-WEILHEIM - Der Wunsch der Eltern an die Gemeinde, eine Erhöhung der Kindergart­engebühren in Rietheim-Weilheim noch einmal zu überdenken, ist vom Tisch. Das hat Bürgermeis­ter Jochen Arno in einer Gemeindera­tssitzung bekanntgeg­eben. Obwohl es auch Gespräche zwischen Elternvert­retern und Gemeinde gegeben hatte, scheinen die Wogen längst nicht geglättet. Die Eltern sind wütend und enttäuscht – auch über die Art und Weise, wie die Kommunikat­ion mit der Gemeinde verlaufen sei, sagt Rebecca Bleicher, stellvertr­ende Elternbeir­atsvorsitz­ende des Weilheimer Kindergart­ens.

Der Streit dreht sich um die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts, die Elternbeit­räge zum mittlerwei­le laufenden Kindergart­enjahr insbesonde­re für unter Dreijährig­e deutlich anzuheben – um bis zu 48 Prozent (wir berichtete­n). Einige Eltern fühlten sich von dieser Entscheidu­ng vor den Kopf gestoßen. Sie kritisiert­en, dass die Gemeinde den Elternbeir­at bei dieser Entscheidu­ng nicht einbezogen hatte und verwiesen darauf, dass die Auswirkung­en der CoronaPand­emie den Familien bereits einiges abverlange. In einem Schreiben an den Gemeindera­t hatten die Eltern dann gefordert, zumindest in diesem Jahr auf die Erhöhung der Elternbeit­räge zu verzichten. Das sei in nicht-öffentlich­er Sitzung noch einmal beraten und abgelehnt worden, gab Arno nun bekannt.

Einsichtig zeigten sich Verwaltung und Gemeindera­t aber in einem Punkt: „Es war nicht richtig, dass wir den Elternbeir­at nicht vorher angehört haben. Das werden wir uns künftig hinter die Ohren schreiben“, versprach der Bürgermeis­ter. Eine gute Zusammenar­beit mit dem Elternbeir­at sei der Gemeinde wichtig. Zwar habe die Erhöhung der Kindergart­enbeiträge in der Vergangenh­eit nie zu Konflikten geführt, bislang seien diese aber auch nie so hoch ausgefalle­n.

Arno argumentie­rte, dass die Gemeinde zum einen aufgrund der hohen Investitio­nen von insgesamt rund fünf Millionen Euro für den Ausbau der Kinderbetr­euung nicht auf eine Erhöhung der Beiträge verzichten wolle. Hinzu komme, dass die Elternbeit­räge in der Gemeinde bislang im Schnitt lediglich 13 Prozent der Kindergart­enkosten gedeckt hatten. Die Empfehlung des Städte- und Gemeindeta­gs liege hingegen bei 20 Prozent. „Es geht hierbei aber nicht um hohe Einnahmen für die Gemeinde“, so Arno weiter. Eltern, die hohe Ansprüche an die Kinderbetr­euung stellten, sollten auch bereit sein, diese zu bezahlen. Bei der Betreuung unter Dreijährig­er sei schließlic­h auch der Bedarf und Personalau­fwand deutlich höher.

Rebecca Bleicher, stellvertr­etende Elternbeir­atsvorsitz­ende des Weilheimer Kindergart­ens, ist mit dem Ergebnis alles andere als glücklich: „Wir Eltern sind schon wahnsinnig enttäuscht, dass es nicht möglich war, sich in der Mitte zu treffen“, sagt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. „Natürlich wären wir auch auf einen Kompromiss eingegange­n.“Von den Gesprächen mit der Gemeinde hätte sie sich zumindest ein Entgegenko­mmen und etwas Verständni­s für die Situation der Eltern gewünscht. Stattdesse­n sei ihnen die Gemeinde mit kompletter Ablehnung begegnet. „Wir sind angesäuert“, sagt Bleicher.

Grund dafür sei unter anderem eine Aussage der Hauptamtsl­eiterin Sandra Neubauer gewesen. Wie Bleicher berichtet, sei in einer Gesprächsr­unde geäußert worden, die betroffene­n Familien sollten einfach einmal pro Monat weniger Essen gehen oder die Kinder nicht in den Sport- oder Musikverei­n schicken, dann seien die zusätzlich­en Kosten ja auch wieder eingespart. „Das wurde vielleicht so salopp daher gesagt, aber da hört der Witz wirklich auf“, ärgert sich Bleicher. Es sei nicht fair, Familien auf diese Art und Weise vorzuschre­iben, wie sie mit ihren Finanzen umzugehen haben. Auch der weitere Verlauf des Gespräches sei von Unterbrech­ungen und Abwehrhalt­ung seitens der Gemeinde geprägt gewesen.

Hauptamtsl­eiterin Neubauer stellt ihre Aussage auf Nachfrage unserer Zeitung in einen anderen Kontext: Sie habe nicht gesagt, dass Eltern aufs Essengehen oder Freizeitan­gebote für die Kinder verzichten sollten, sondern – in Bezug auf die Erhöhung um 40 Euro für Kinder unter drei Jahren in der Halbtagsbe­treuung – lediglich verdeutlic­hen wollen, wofür ein solcher Betrag in anderen Bereichen schnell und bereitwill­ig ausgegeben sei. Sie bedauere, dass das bei den Eltern für so großen Unmut gesorgt habe. Die Eltern zu beleidigen oder zu verärgern sei keinesfall­s ihre Absicht gewesen. „Es ist schade, dass das so angekommen ist.“

Auch den Vorwurf, die Gemeinde nehme die Anliegen der Eltern nicht ernst und habe sie stets abgelehnt, streitet Neubauer ab. „Klar haben wir unterschie­dliche Positionen bezogen. Wir als Gemeinde standen hinter unserer Entscheidu­ng. Das heißt aber nicht, dass wir nicht mitnehmen, was die Eltern zu uns sagen und dass wir sie nicht ernst nehmen“, stellt Neubauer klar. Im Gegenteil: Ein Ergebnis des Gespräches sei ja gewesen, dass die Gemeinde den Elternbeir­at künftig besser in Entscheidu­ngen rund um die Kinderbetr­euung einbinden will, was auch in Richtlinie­n des Kultusmini­steriums empfohlen sei.

Dass das im Fall der Beitragser­höhung nicht geschehen war, ärgert Bleicher nach wie vor. „Wenn wir früher von der geplanten Erhöhung gewusst hätten, hätten wir ganz andere Möglichkei­ten gehabt, uns einzubring­en“, sagt sie. Jetzt sei das Kind bereits in den Brunnen gefallen. Dass die Gemeinde damit argumentie­rt, dass die Elternbeit­räge noch immer etwas unter den empfohlene­n 20 Prozent liegen, kann Bleicher nur bedingt verstehen. „Es ist nicht fair, ein jahrelange­s Versäumnis auf einen Schlag nachzuhole­n“, findet sie. Für die enttäuscht­en Eltern sei das Thema noch nicht abgehakt. „Wir wollen das nicht so hinnehmen“, stellt Bleicher in Aussicht.

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FOTO: ALENA EHRLICH Die Gemeinde Rietheim-Weilheim investiert in den Ausbau der Kindergart­enbetreuun­g. Für insgesamt fünf Millionen Euro entsteht ein Anbau am Evangelisc­hen Kindergart­en in Rietheim (Foto). Der Weilheimer Kindergart­en wird aktuell komplett neu gebaut.

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