Mitten im Gangkrieg zwischen Jets und Sharks
Ausgewählte Musiker der Stuttgarter Philharmoniker spielen Auszüge aus der West Side Story und der Oper „Trouble in Tahiti“
TROSSINGEN – Gelungene Hommage an den vor genau 30 Jahren verstorbenen Leonard Bernstein: Frank Dupree hat am Samstagabend mit ausgewählten Musikern der Stuttgarter
Philharmoniker und mit fünf Vokalisten Auszüge aus der West Side Story und die Oper „Trouble in Tahiti“geboten.
Die Corona-konform maskierten 176 Zuhörer waren begeistert. Eigentlich besteht das 1924 gegründete
Orchester aus 86 Musikern, doch während der Pandemie ist ein gemeinsamer Auftritt kaum möglich. Dirigent Frank Dupree ersann einen Ausweg: 16 Musiker und fünf Sänger passen auch mit dem nötigen Abstand auf Bühnen wie die im Trossinger Konzerthaus. Beim ersten Teil des Abends war es noch einfacher, die Regeln einzuhalten: Dupree saß am Steinway und spielte mal zusammen mit den kongenialen Triokollegen Andreas „Mini“Schulz (Bass) und Meinhard „Obi“Jenne (Schlagzeug) mal mit dem Blechbläserquintett der Philharmoniker namens „Blechart“.
Provozierend das Fingerschnippen, schon findet man sich mitten im Gangkrieg zwischen den einheimischen Jets und den Sharks, wie sich die Einwanderer aus Puerto Rico nennen. Bernstein gelang es hervorragend, die rivalisierenden Ethnien durch seine Musik zu beschreiben: Im „Jet Song“und bei „Cool“hart, hektisch, dissonant und mit betonten Synkopen.
Frank Dupree, 28, ist ein wahres Energiebündel. Wenn seine Füße gerade nicht die Pedale bedienen, stampfen sie den Takt. Seine Finger wirbeln nur so über die Tasten. Zwischendurch besinnt er sich auf seine erste Ausbildung zum Schlagzeuger und unterstützt Jenne an verschiedenen Rhythmusinstrumenten.
Bei sicher einem der schönsten Liebeslieder, die je komponiert wurden, übernehmen die Bläser den Stimmpart: „Maria, Maria, Mariii -ah“. Zwischenapplaus erklingt nach dem rasanten „Mambo“, bei dem der Bass mal sonor grummelt, dann wieder lustvoll singt. Mit dem flotten „I like to be in America“endet der erste Teil des Abends.
Ohne Pause geht es über in die „Oper“mit den sieben Szenen einer ausgeleierten Ehe. Das Ehepaar Dinah und Sam, perfekt dargestellt von der Sopranistin Nora Lentner und dem Bariton Andreas Beinhauer, streitet sich am Frühstückstisch. Aufgestachelt werden sie von der Klarinettistin Constanze RothmalerFrücht. Der Tag des Paares aus der amerikanischen Mittelklasse verläuft wie viele andere auch. Die Konzertbesucher werden Zeuge von Peinlichkeiten aber auch Erfolgen auf Seiten Sams, von Frust und Realitätsflucht der Gattin. Nora Lentners Stimme ist dabei unglaublich wandelbar: von nörgelnd zu resigniert, von verführerisch über spöttisch bis zu anrührend. Dass sie auch die passende Mimik bietet, versteckt die Über-Kopf-Beleuchtung, bei der das Konzerthaus an seine Grenzen kommt. Das Gesangstrio aus Leevke Hambach, Christopher B. Fischer und Benjamin Mahns-Mardy kommentiert die schier ausweglose Situation des Paares. Frank Dupree entlockt den 16 Musikern das jeweils passende Klangbild mit seinem ausdrucksstarken Dirigat.