Unzählige alte Scherben entdeckt
Das Kulturdenkmal Villinger Stadtmauer wird derzeit aufwendig saniert und bringt einige Schätze zutage
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Bereits seit 2012 wird die Villinger Stadtmauer abschnittsweise aufwendig saniert. Sie gilt in Süddeutschland als die am besten erhaltene Wehranlage des Mittelalters.
Zahlreiche bauliche Narben in der Stadtmauer zeugen von der konfliktreichen vorderösterreichischen Zeit. Der heutige teilreduzierte Zustand veranschaulicht die Modernisierung der Gesellschaft im 19. und 20. Jahrhundert. „An ihrer Erhaltung besteht aus wissenschaftlichen, künstlerischen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse“(Auszug aus der Begründung der Denkmaleigenschaft des Landesamtes für Denkmalpflege).
Aktuell läuft der zehnte Bauabschnitt am Rondell im Bereich der Klosterring- und St.-Ursula-Schulen. Dort waren die Steine bereits aus dem Mauerwerk herausgefallen. Da sich die Anlage auf einem Schulhof befindet, bestand hier dringender Sanierungsbedarf. Das Rondell stammt etwa aus dem Jahr 1570 und gilt damit als jüngster Abschnitt der Villinger Stadtmauer.
Ende September hat die Firma Günter Bausanierung aus Unterkirnach mit den Arbeiten begonnen. „Wir haben hier viel Feuchteeintrag von oben, wodurch sich im Inneren des Mauerwerks Pflanzen entwickeln. Alles was dort wächst, sprengt die Fugen“, erklärt Christine Blessing vom Amt für Gebäudewirtschaft und Hochbau. Deshalb wurden erst die Fugen gereinigt, dann wieder gefüllt, bevor die Steine zurück in die Mauer gesetzt werden.
Alle Steine werden wiederverwendet. Durch ihre unterschiedliche Größe ist das Einsetzen eine ziemliche Fleißarbeit, denn am Ende muss das Gesamtbild stimmen. Von oben wird das Mauerwerk verkleidet, um zukünftige Feuchteeinträge zu vermeiden. „Die Stadtmauer hier ist einmalig, ein solches
Mauerwerk gibt es nirgends“, berichtet Alvaro Costas-Corbal, der bereits seit dem ersten Bauabschnitt 2012 mit den Sanierungsarbeiten beschäftigt ist.
Rund 300 000 Euro stehen jährlich für die Stadtmauer-Sanierung zur Verfügung. Sämtliche Abschnitte wurden finanziell durch Zuschüsse des Landes Baden-Württemberg unterstützt, unter anderem auch, weil es sich bei der Stadtmauer um ein „Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung“handelt.
„Wir wollten wissen, ob das Rondell als nachträglicher Anbau erbaut wurde und ob sich darunter ein Hohlraum befindet“, berichtet Christine Blessing. Über zwei Meter in die Tiefe haben die Mitarbeiter der Firma Günter Bausanierung gegraben und dabei unzählige alte Scherben entdeckt.
Darunter bunte Ofenkacheln, Scherben aus Glas oder Ton von Alltagsgegenständen wie Vasen, aber auch Tierknochen. Das gesamte Plateau wurde vermutlich in mehreren Umbauphasen komplett aufgefüllt.
Der Zugang zum Rondell befindet sich auf dem Gelände des Klosters und der St.-Ursula-Schulen. Über die laufenden Sanierungsarbeiten und die spannenden Funde informierten sich bei einem Baustellentermin Schulrektor Johannes Kaiser und einige Geschichtslehrer.
Noch etwa drei Wochen laufen die Bauarbeiten, in dieser Zeit können sich auch Schulklassen das Mauerwerk und die historischen Scherbenfunde ansehen und natürlich anschließend recherchieren, aus welcher Zeit und von wem die Ofenkacheln stammen.
„Ich denke die Scherbenfunde stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Klarissen-Kloster, aber vielleicht finden Sie mit Ihren Schülern weitere Details heraus“, zeigt sich Christine Blessing neugierig.