„Wir sind Überlebenskünstler“
Der Zirkus „Salto Mortale“zieht ins Winterquartier nach Rottweil und in eine ungewisse Zukunft
FRITTLINGEN - „Wir sind nicht nur Künstler, wir sind auch Überlebenskünstler“, sagt Monika Bügler vom Zirkus „Salto Mortale“. Doch dieser Winter wird hart für die Zirkus-Familie. In Frittlingen ist der kleine Familienbetrieb nun zum zweiten Mal in diesem Jahr nach den Kontaktbeschränkungen im Frühjahr wegen Corona gestrandet.
„Seit Montag geht es nicht mehr weiter“, stellt die Familien-Patriarchin fest. Alle weiteren Vorstellungen und Engagements sind wegen des Corona-Teil-Lockdowns erstmal auf Eis gelegt. Zumindest hat der Zirkus ein Winterquartier in Rottweil gefunden, wohin er jetzt umzieht. In Frittlingen ist schon das meiste zusammengepackt und aufgeräumt.
Nur das Tierzelt steht noch. Ab und zu kommt mal jemand vorbei und gibt eine kleine Futterspende für die Tiere ab. „Das ist schön für die Tiere“, sagt Monika Bügler, „aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“
Da der Zirkus keine Rücklagen besitze, habe das Geld aus den wenigen Vorstellungen, die der Zirkus zwischen der ersten und der zweiten Corona-Schließung geben konnte, gerade mal gereicht, um die aufgelaufenen Versicherungen, Tierimpfungen und andere Kosten zu begleichen. Zumal zu den Vorstellungen immer nur höchstens 100 Besucher ins Zelt gelassen wurden, statt der 300, die zu „normalen“Zeiten darin Platz hätten, um die Hygieneabstände zwischen den Zuschauern einhalten zu können.
Am Tag zuvor war ein älteres Ehepaar vor Ort und hat dem Zirkus eine kleine Spende zukommen lasen. Die hat der Sohn von Monika Bügler in die gemeinsame Kasse gelegt. Einnahmen gibt es vorerst keine, weshalb der Familienzirkus auch für die kleinste Spende dankbar ist. Und das dürfte vorausichtlich den ganzen Winter über so bleiben. Auch wenn der Teil-Lockdown erstmal nur bis Ende November gilt, macht sich Monika Bügler keine Hoffnung, dass „Salto Mortale“in diesem Jahr seinen traditionellen Weihnachtszirkus veranstalten kann. Denn selbst wenn er im Dezember wieder auftreten könnte, wäre die Zeit für die Vorbereitung und Werbung viel zu kurz.
Eine Soforthilfe vom Staat wegen der Verdienstausfälle hätten sie nicht bekommen, versichert die Familie. „Deutschland ist das einzige Land in Europa, wo der Zirkus nicht als Kunstform anerkannt wird“, beklagt Tochter Patrizia Bügler.
Und dennoch – trotz allem bleibt Monika Bügler optimistisch, dass die über 100-jährige Zirkus-Tradition der Familie Bügler auch jetzt nicht vor dem Ende steht: „Das glauben wir gar nicht. Wir sind nicht nur Künstler im eigentlichen Sinne, wir sind auch Überlebenskünstler. Unser Zirkus hat weit über 100 Jahre überlebt. Und wir wollen es nicht aufgeben. Und die Kinder wollen es auch nicht. Es machen ja schon die Kleinsten mit“, so Monika Bügler. In der Tat stehen schon der dreijährige Ramon und die fünfjährige Destiny bei Clowns-Nummern mit in der Manege.