Eine ungerechte Entwicklung
Die Höhe der Renten richtet sich grundsätzlich nach der Entwicklung der Löhne der Beitragszahler. Das ist gerecht, denn die Arbeitnehmer von heute finanzieren die aktuellen Rentenzahlungen. Das ist der Generationenvertrag. Wenn die Beschäftigten mehr einzahlen können, erhalten auch die Rentner mehr Geld.
Das simple Prinzip hat der damalige Sozialminister Olaf Scholz (SPD) fast ausgehebelt, der aktuelle Ressortleiter Hubertus Heil (SPD) vollends. Scholz hat Rentenkürzungen gesetzlich ausgeschlossen, als sie rechnerisch fällig geworden wären. Damit dies nicht zu einer zu großen Belastung der Arbeitnehmer wird, sollte die Kürzung in Form verringerter Rentensteigerungen nachgeholt werden. Das war eine gute Idee, denn sie bewahrte Rentner vor Einschnitten und die Beitragszahler davor, die Kosten dafür alleine zu schultern.
Hubertus Heil hingegen setzte diesen Nachholfaktor 2018 aus, ohne das Kürzungsverbot zugleich aufzuheben. So wurde aus einer gerechten eine ungerechte Lösung, die wieder korrigiert werden sollte. Die aktuelle Prognose der Rentenversicherung verdeutlicht die Schieflage. Eigentlich müssten die Renten im nächsten Jahr um vier Prozent gekürzt werden, weil die Bruttolöhne gesunken sind. Stattdessen wird es nur keine Erhöhung geben. Das ist in Ordnung. Nach dem Ende der Krise 2021 werden die Arbeitnehmer wieder mehr verdienen. Dies und weitere statistische Effekte bescheren den Rentnern daraufhin 2022 ein Plus von über vier Prozent.
Die Beitragszahler müssen also trotz niedrigerer Einkommen gleich hohe Renten finanzieren und bei wieder ansteigenden Löhnen oben noch etwas draufpacken. Das funktioniert sogar momentan noch, weil es niemand schmerzlich bemerkt. Denn die Reserven in der Rentenkasse sind ausreichend. Doch lange reichen die Rücklagen nicht. Es ist keine dauerhafte Lösung. Bei der Wiederholung einer solchen Lohnentwicklung müssten wohl zwangsläufig die Beiträge steigen. Für die Akzeptanz des Rentensystems ist diese Lastenteilung nicht gut.
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