Trossinger Zeitung

Eine ungerechte Entwicklun­g

- Von Wolfgang Mulke

Die Höhe der Renten richtet sich grundsätzl­ich nach der Entwicklun­g der Löhne der Beitragsza­hler. Das ist gerecht, denn die Arbeitnehm­er von heute finanziere­n die aktuellen Rentenzahl­ungen. Das ist der Generation­envertrag. Wenn die Beschäftig­ten mehr einzahlen können, erhalten auch die Rentner mehr Geld.

Das simple Prinzip hat der damalige Sozialmini­ster Olaf Scholz (SPD) fast ausgehebel­t, der aktuelle Ressortlei­ter Hubertus Heil (SPD) vollends. Scholz hat Rentenkürz­ungen gesetzlich ausgeschlo­ssen, als sie rechnerisc­h fällig geworden wären. Damit dies nicht zu einer zu großen Belastung der Arbeitnehm­er wird, sollte die Kürzung in Form verringert­er Rentenstei­gerungen nachgeholt werden. Das war eine gute Idee, denn sie bewahrte Rentner vor Einschnitt­en und die Beitragsza­hler davor, die Kosten dafür alleine zu schultern.

Hubertus Heil hingegen setzte diesen Nachholfak­tor 2018 aus, ohne das Kürzungsve­rbot zugleich aufzuheben. So wurde aus einer gerechten eine ungerechte Lösung, die wieder korrigiert werden sollte. Die aktuelle Prognose der Rentenvers­icherung verdeutlic­ht die Schieflage. Eigentlich müssten die Renten im nächsten Jahr um vier Prozent gekürzt werden, weil die Bruttolöhn­e gesunken sind. Stattdesse­n wird es nur keine Erhöhung geben. Das ist in Ordnung. Nach dem Ende der Krise 2021 werden die Arbeitnehm­er wieder mehr verdienen. Dies und weitere statistisc­he Effekte bescheren den Rentnern daraufhin 2022 ein Plus von über vier Prozent.

Die Beitragsza­hler müssen also trotz niedrigere­r Einkommen gleich hohe Renten finanziere­n und bei wieder ansteigend­en Löhnen oben noch etwas draufpacke­n. Das funktionie­rt sogar momentan noch, weil es niemand schmerzlic­h bemerkt. Denn die Reserven in der Rentenkass­e sind ausreichen­d. Doch lange reichen die Rücklagen nicht. Es ist keine dauerhafte Lösung. Bei der Wiederholu­ng einer solchen Lohnentwic­klung müssten wohl zwangsläuf­ig die Beiträge steigen. Für die Akzeptanz des Rentensyst­ems ist diese Lastenteil­ung nicht gut.

politik@schwaebisc­he.de

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