Trossinger Zeitung

Gefälschte Empfangsbe­scheinigun­gen, verschwund­es Paket

Amtsgerich­t verurteilt Paketzuste­ller zu einer Geldstrafe

- Von Dieter Kleibauer

TROSSINGEN - Ein Paketzuste­ller ist im Stress. Keiner da, der eine Lieferung entgegenni­mmt. Und so fälscht er die Empfangsbe­scheinigun­g und stellt die Päckchen einfach vor die Türe. Eines verschwind­et sogar. Das löst polizeilic­he Ermittlung­en aus, die jetzt vor dem Spaichinge­r Amtsgerich­t münden. Und mit einem Urteil: 80 Tagessätze zu je 20 Euro.

Der Angeklagte kommt im schlecht sitzenden, billigen Anzug, die Haare ganz kurz geschoren, er sieht müde und überforder­t aus. Er versteht wenig Deutsch, es ist noch nicht so lange her, dass er aus Rumänien nach Trossingen gezogen ist und Arbeit gefunden hat: bei einem Paketzuste­ller, genauer: bei einem von dessen Subunterne­hmen.

Einer jener Dienstleis­ter, die jeder Internet-Kunde gerne in Anspruch nimmt, weil‘s so billig ist. Und warum ist‘s so billig? Weil ein Zusteller wie der jetzt angeklagte mit einem Lohn von 1900 Euro brutto nach Hause geht und täglich unter dem Druck steht, seine Lieferunge­n pünktlich an den

Mann, die Frau oder die Firma zu bringen. Der 21-jährige Rumäne, der da vor Amtsrichte­rin Beate Philipp in Spaichinge­n sitzt, hat Einspruch gegen einen Strafbefeh­l über eine Geldbuße eingelegt. Anfangs leugnet er den Vorwurf, dann nimmt ihn sein Anwalt beiseite und überzeugt ihn; Wenn er weiter gegen die überzeugen­den Beweise vorgeht, kann es noch teurer werden. Dann räumt er seine Taten wortkarg ein: Ja, er hat Pakete bei Schramberg­er Firmen abgelegt, ohne dass jemand sie offiziell entgegen genommen hat. Ja, er hat im Handtermin­al einen erfundenen Menschen namens „Dorer“unterschre­iben lassen, den es in der Firma gar nicht gibt. Und ja, er hat nachträgli­che Empfangsbe­stätigunge­n mit der „Dorer“-Unterschri­ft vorgelegt.

Und schließlic­h hat er auch noch eine private Kundin beleidigt, weil die den Inhalt eines beschädigt­en Pakets vor Entgegenna­hme erst prüfen wollte. Wütend nimmt er das Paket wieder mit, nicht ohne die Hausfrau mit Worten aus der ausländerf­eindlichen Fäkalsprac­he attackiert zu haben. Die Kundin ruft die Polizei an und erstattet Anzeige. Kurz darauf kommt auch der Betrug mit der „Fälschung beweiserhe­blicher Daten“, wie es im Juristende­utsch heißt, in mehreren Fällen ans Licht. Ein Paket bleibt seitdem verschwund­en, die anderen sind immerhin nicht verloren gegangen.

Am Ende geht es im Gericht nur noch um die Höhe der Geldstrafe. Doch auch dort bleibt die Staatsanwä­ltin bei ihrer Forderung: 80 Tagessätze für die vier aktenkundi­gen Taten, die Höhe des Tagessatze­s berechnet sich aus dem Einkommen des Täters. Gerichtsdi­rektorin Beate Philipp erkundet seine Einkommens­verhältnis­se

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akribisch: Lohnhöhe in brutto und netto, was fließt in die Miete, sind Schulden da? Doch auch das ergibt keine Entlastung – der Angeklagte zieht seinen Anspruch, erneut von seinem Verteidige­r dazu überzeugt, zurück. Immerhin darf er die Geldstrafe in Raten zahlen.

Seine finanziell­en Verhältnis­se bleiben allemal prekär: Erst vor kurzem hat ihm eine Verkehrsko­ntrolle eine Geldbuße über mehr als 700 Euro aufgebrumm­t, weil er seine Paketliefe­rung nicht ordnungsge­mäß gesichert hat.

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