Gefälschte Empfangsbescheinigungen, verschwundes Paket
Amtsgericht verurteilt Paketzusteller zu einer Geldstrafe
TROSSINGEN - Ein Paketzusteller ist im Stress. Keiner da, der eine Lieferung entgegennimmt. Und so fälscht er die Empfangsbescheinigung und stellt die Päckchen einfach vor die Türe. Eines verschwindet sogar. Das löst polizeiliche Ermittlungen aus, die jetzt vor dem Spaichinger Amtsgericht münden. Und mit einem Urteil: 80 Tagessätze zu je 20 Euro.
Der Angeklagte kommt im schlecht sitzenden, billigen Anzug, die Haare ganz kurz geschoren, er sieht müde und überfordert aus. Er versteht wenig Deutsch, es ist noch nicht so lange her, dass er aus Rumänien nach Trossingen gezogen ist und Arbeit gefunden hat: bei einem Paketzusteller, genauer: bei einem von dessen Subunternehmen.
Einer jener Dienstleister, die jeder Internet-Kunde gerne in Anspruch nimmt, weil‘s so billig ist. Und warum ist‘s so billig? Weil ein Zusteller wie der jetzt angeklagte mit einem Lohn von 1900 Euro brutto nach Hause geht und täglich unter dem Druck steht, seine Lieferungen pünktlich an den
Mann, die Frau oder die Firma zu bringen. Der 21-jährige Rumäne, der da vor Amtsrichterin Beate Philipp in Spaichingen sitzt, hat Einspruch gegen einen Strafbefehl über eine Geldbuße eingelegt. Anfangs leugnet er den Vorwurf, dann nimmt ihn sein Anwalt beiseite und überzeugt ihn; Wenn er weiter gegen die überzeugenden Beweise vorgeht, kann es noch teurer werden. Dann räumt er seine Taten wortkarg ein: Ja, er hat Pakete bei Schramberger Firmen abgelegt, ohne dass jemand sie offiziell entgegen genommen hat. Ja, er hat im Handterminal einen erfundenen Menschen namens „Dorer“unterschreiben lassen, den es in der Firma gar nicht gibt. Und ja, er hat nachträgliche Empfangsbestätigungen mit der „Dorer“-Unterschrift vorgelegt.
Und schließlich hat er auch noch eine private Kundin beleidigt, weil die den Inhalt eines beschädigten Pakets vor Entgegennahme erst prüfen wollte. Wütend nimmt er das Paket wieder mit, nicht ohne die Hausfrau mit Worten aus der ausländerfeindlichen Fäkalsprache attackiert zu haben. Die Kundin ruft die Polizei an und erstattet Anzeige. Kurz darauf kommt auch der Betrug mit der „Fälschung beweiserheblicher Daten“, wie es im Juristendeutsch heißt, in mehreren Fällen ans Licht. Ein Paket bleibt seitdem verschwunden, die anderen sind immerhin nicht verloren gegangen.
Am Ende geht es im Gericht nur noch um die Höhe der Geldstrafe. Doch auch dort bleibt die Staatsanwältin bei ihrer Forderung: 80 Tagessätze für die vier aktenkundigen Taten, die Höhe des Tagessatzes berechnet sich aus dem Einkommen des Täters. Gerichtsdirektorin Beate Philipp erkundet seine Einkommensverhältnisse
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akribisch: Lohnhöhe in brutto und netto, was fließt in die Miete, sind Schulden da? Doch auch das ergibt keine Entlastung – der Angeklagte zieht seinen Anspruch, erneut von seinem Verteidiger dazu überzeugt, zurück. Immerhin darf er die Geldstrafe in Raten zahlen.
Seine finanziellen Verhältnisse bleiben allemal prekär: Erst vor kurzem hat ihm eine Verkehrskontrolle eine Geldbuße über mehr als 700 Euro aufgebrummt, weil er seine Paketlieferung nicht ordnungsgemäß gesichert hat.